Naturkunde (CamLex)

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
Wechseln zu: Navigation, Suche


CamLex
Zitation Alexander Hubert, Art. "Naturkunde (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Naturkunde_(CamLex) (19.02.2024).
Bearbeiter Benutzer:HIWI
Druckversion Zur Druckversion
PDF
CamLex
Zitation Alexander Hubert, Art. "Naturkunde (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Naturkunde_(CamLex) (19.02.2024).
Druckversion Zur Druckversion

Naturkundliches bei Camerarius – Formen und Inhalte

Naturkundliche Motive und Fragestellungen werden von Camerarius in vielfältiger Weise in verschiedenen Formen verarbeitet. Dabei zeigt sich insbesondere die Tierthematik in unterschiedlichen Textsorten vertreten. So umfasst Camerarius' naturkundliches Corpus verschiedene ↓ Dichtungen mit Tiermotivik, darunter:

Außerdem schrieb und edierte Camerarius ↓ Lehrgedichte naturkundlichen Inhalts: Dazu gehört einerseits das ↓ Lehrgedicht des Manuel Philes über die Eigenschaften der Tiere, dessen Edition und Übersetzung Camerarius plante und anleitete; zu diesem dichtete er auch selbst einen griechischen Zusatz. Die Fertigstellung des Drucks erlebte er allerdings nicht mehr. Ebenfalls in die Gattung des Lehrgedichts fallen die zusammen veröffentlichten Schriften "Aeolia", die die Winde zum Gegenstand haben, und "Prognostica", wo es um Wetterzeichen geht (↓ Wind, Sterne, Wetter – Der Werkverbund von 1535).

Tiere (respektive Pferde) als Gegenstand hat auch die größte Gruppe unter Camerarius' naturkundlichen Schriften auf: Die ↓ hippologischen Prosaschriften. Diese umfassen:

Schließlich findet sich auch in Camerarius' Briefen zuweilen Naturkundliches. Teilweise geht es hier ebenfalls um Pferde und Hippologie; daneben sind, wie schon in den hippologischen Werken, philosophische Betrachtungen über Tiere vertreten (↓ Anima pro sale – Seele und Verstand im Tier). Diese wie andere kleinere naturkundliche Themen und Fragestellungen spielen auch als Grundlage für ↓ Disputationen eine Rolle.

(Alexander Hubert)

Von Vögeln, Pferden und allerlei Getier – Kleinere Dichtungen mit Tiermotivik

Inter aves priscas – Epitaphien für Tiere

Schon unter den frühen Publikationen finden sich bei Camerarius naturkundliche Motive in Form von Tiergedichten. Es handelt sich dabei zunächst um Epitaphien für Tiere, die 1531 in der gemeinsam von Camerarius und Helius Eobanus Hessus veröffentlichten Sammlung von Epicedien und Epitaphien abgedruckt wurden, der in der ersten Hälfte von Hessus verfasste Epicedien enthält und in der zweiten Epitaphien des Camerarius. Diese sind ganz verschiedenen Verstorbenen gewidmet, angefangen bei öffentlichen Persönlichkeiten wie Kaiser Maximilian I. und Friedrich dem Weisen über Privatpersonen aus Camerarius' Umfeld wie seinen Bruder Joseph bis hin zu rein literarischen Figuren wie in den drei Tiergedichten: Zwei in griechischer Sprache für eine Nachtigall ("Ἀηδόνι") und ein falbes Pferd ("Ἵππῳ ξανθότριχι"), die 1538 in den "Ἐπιγράμματα" noch einmal abgedruckt wurden, und eines auf Latein für eine Lerche ("Alaudae").

Alle drei Epitaphien sind eindeutig antik inspiriert. So finden sich im Nachtigallenepitaph zahlreiche antike Motive wieder; nicht unwahrscheinlich ist auch, dass die Idee zu dem Gedicht überhaupt aus Martial stammt.[1] In seinen 13 Hendekasyllaben lobt Camerarius eine fleißige Nachtigall, die nicht nur den ganzen Tag über, sondern ganz besonders auch nachts gesungen habe; schließlich sei sie verhungert, weil sie darüber zu essen vergaß. Nun fliege sie über die Elysischen Felder[2] und habe mit diesem Gedicht einen Grabhügel erhalten.[3] Das Gedicht weist also starke enkomiastische Züge auf.
Das Motiv, dass die Nachtigall Tag und Nacht unaufhörlich singe, findet sich u.a. antik bei Plinius d.Ä.[4] und mittelalterlich in einem Nachtigallenepitaph des angelsächsischen Gelehrten Alkuin,[5] neuzeitlich etwa bei Konrad Geßner;[6] ebenso die Vorstellung, dass eine Nachtigall eher sterbe als aufhöre, zu singen.[7] Martial schreibt im siebten Buch seiner Epigramme, eine Telesilla habe einer Nachtigall (luscinius) einen Grabhügel (tumulus) gegeben.[8] Falls sich dies auf die frühgriechische Dichterin Telesilla bezieht, ist darunter gewiss zu verstehen, dass sie ein Epitaph für eine Nachtigall schrieb, das Martial vielleicht kannte;[9] möglicherweise nahm Camerarius dann die Stelle bei Martial zum Anlass, ein Gedicht zu schreiben, wie Telesilla es hätte schreiben können. Jedenfalls scheint es auch aufgrund der Wortwahl wahrscheinlich, dass Martial die Inspiration für Camerarius' Gedicht war, in dem Martials Grabhügel (tumulus) in dem griechischen Wort τύμβος seine Entsprechung findet.[10]
Wenn Camerarius den Gesang der Nachtigall als Klage (θρῆνος) bezeichnet, folgt er damit der antiken Tradition nach dem Mythos von Tereus, Philomela und Procne: Ovid erzählt in den "Metamorphosen", wie Tereus Philomela, die Schwester seiner Gattin Procne, misshandelt. Die beiden Frauen töten daraufhin seinen und Procnes Sohn Itys und bringen Tereus dazu, ihn zu verspeisen. Anschließend schildert Ovid die Verwandlung Procnes in eine Nachtigall, Philomelas in eine Schwalbe und des Tereus in einen Wiedehopf.[11] Seitdem findet sich in der antiken Dichtung die Interpretation des Nachtigallengesangs als Procnes Klage über den Tod ihres Sohnes oder, durch Vertauschung von Nachtigall und Schwalbe, die Klage Philomelas über das erlittene Unrecht.[12]

Mit seinem lateinischen Epitaph für eine Lerche in 19 Hendekasyllaben[13] fügt sich Camerarius ausdrücklich selbst in eine Reihe von Dichtern ein, die Vögel besangen. Wenn er schreibt, die Lerche streife nun im Gefolge der "alten, frommen Vögel" (inter veteres pias volucres) über die Elysischen Felder, und im Folgenden Catulls Sperling (passer ... Catulli), Corinnas Papagei (psittacus in sinu Corinnae) und Stellas Taube (Stellae cura recens ... columba) erwähnt, spielt er gleich auf vier antike Gedichte an: Catulls passer-Gedichte 2 und 3,[14] Ovids Gedicht auf den verstorbenen Papagei seiner Geliebten,[15] der sterbend in Corinnas Armen ausruft "Lebe wohl, Corinna!" (clamavit moriens lingua: 'Corinna, vale!', V. 50) sowie ein Gedicht Martials, in dem dieser verkündet, dass die Taube seines Freundes, des Dichters L. Arruntius Stella, über Catulls Sperling gesiegt habe und dass Stella dem Catull ebensoweit überlegen sei, wie eine Taube größer sei als ein Sperling[16]. Ein weiterer Bezug ergibt sich überhaupt aus dem Wunsch, dass die Lerche inter veteres pias volucres über die Elysischen Felder ziehen möge, der ebenfalls Ovids Papagei-Gedicht reflektiert.[17] Unter diesen altehrwürdigen Vögeln soll, so Camerarius' Wunsch in den letzten beiden Versen, auch seine Lerche ihren Platz finden, und mithin sein Gedicht in einer Reihe mit denen der drei antiken Dichter stehen. So stellt sich Camerarius hier explizit in die Nachfolge der drei Dichter, Catull, Ovid und L. Arruntius Stella, dessen Talent Martial wiederholt rühmt[18] und für den Statius ein Epithalamion schrieb[19].

Mit dem dritten, auf Griechisch verfassten Epitaphium auf ein falbes Pferd,[20] das Jochen Schultheiß ausführlich behandelt hat,[21] sucht Camerarius schließlich den Bezug zur "Anthologia Planudea": Wenn er im letzten Vers schreibt, einer der Alten habe für eine Heuschrecke ein Epitaph verfasst, spielt er auf einen ganzen Gedichtzyklus von Epitaphien auf Heuschrecken in dieser Gedichtsammlung an.[22]

Somit folgt Camerarius mit seinen Epitaphien für Tiere einer antiken Tradition: Neben den genannten Gedichten sind als antike Beispiele weiterhin noch ein Gedicht des Statius auf einen verstorbenen Papagei und ein Epitaph aus der "Anthologia Planudea" zu Ehren eines Rebhuhns zu nennen, das von einer Katze gefressen wurde.[23] Camerarius lässt es aber nicht dabei bewenden, den antiken Vorbildern nachzueifern; stattdessen zeigt er mehr oder weniger explizit, dass er diese kennt und stellt sich mit ihnen in eine Reihe.

(Alexander Hubert)

Von Löwen und Chimären – Mantisches mit Tiermotivik

Die beiden griechischen Epitaphien finden sich auch in Camerarius' Epigrammband von 1538, der daneben im Erstdruck Camerarius' lateinische Version einer Prophezeiung der Pythia an die Bacchiaden enthält, das alte Korinthische Herrschergeschlecht. Herodot überliefert den griechischen Text der Prophezeiung, nach der einst auf einem Felsen ein Adler einen Löwen zeugen werde, der der Stadt viel Unheil bringen werde;[24] Camerarius überträgt sie recht frei in lateinische Hexameter.[25] Diese Übersetzung ist nicht nur im Kontext seiner Gedichte mit Tiermotivik, sondern auch seines Interesses an → Mantik und seiner zahlreichen mantischen Gedichte im Epigrammband von 1538 zu sehen.

Mantische Motive finden sich auch in Camerarius' Briefgedicht an Melanchthon vom 17.07.1541, das eine Antwort auf dessen Gedicht darstellt, das in den "Scripta publice proposita" der Universität Wittenberg von 1559 unmittelbar vor Camerarius' Brief abgedruckt ist; die gleiche Konstellation findet sich in der ersten Auflage von Melanchthons Epigrammsammlung von 1560 und den "Scripta publice proposita" von 1570. Melanchthon berichtet in seinem Gedicht[26] von einem Traum, in dem ihm die Fürsten befehlen, ein Untier zu malen, das als hyaena und monstrum bezeichnet wird; im Folgenden wird das Muster beschrieben, das sie Melanchthon dafür vorgeben.[27] Es handelt sich dabei um ein scheußliches chimären- oder skyllaartiges Mischwesen[28] mit dem Gesicht einer Jungfrau mit feurigen Augen, mit bläulicher Haut, Schlangen, die vom Hals herabhängen und Füßen, die mit denen der Skylla verglichen werden. Melanchthon erschrickt fast zu Tode und weigert sich, dem Befehl der Fürsten zu folgen, da er die Füße nicht darstellen könne; dann macht er den Fürsten Vorwürfe, dass sie solch ein Bild in der Kirche aufstellen wollen. Das Gedicht endet mit Melanchthons Erwachen und der Bitte um Unterstützung Gottes.[29]
Camerarius geht in seinem Antwortgedicht direkt auf Melanchthons Gedicht ein; so vollzieht er nicht nur den Ablauf der Diskussion mit den Fürsten nach, sondern auch das Aussehen des Untieres. Dabei bedient er sich einer ungleich blumigeren und dunkleren Sprache als Melanchthon. Auch Camerarius schließt mit einer Bitte um Gottes Beistand und gibt zu, dass ein solcher Traum gewiss eine Bedeutung habe;[30] bezüglich einer Interpretation des Traumes hält er sich jedoch bedeckt und geht nicht über Andeutungen hinaus, wonach der Traum möglicherweise auf das zu beziehen sei, woran Melanchthon gerade arbeite.[31]
Melanchthons Gedicht wurde schon zeitgenössisch auf verschiedene Weise interpretiert.[32] Während in den "Scripta publice proposita" von 1559 und 1570 nur die Entstehung des Gedichts auf 1541 in Regensburg festgelegt wird, bezieht die Überschrift von Melanchthons Traum in seiner Epigrammsammlung den Traum explizit auf das Religionsgespräch im Rahmen des Regensburger Reichstags von 1541 (De comitiis Ratisb(onensibus) anni 1541. Somnium.).[33] Wenn die lokale Einordnung der Überschrift stimmt und das Gedicht während der Religionsgespräche entstand, wird auch Camerarius' Äußerung zur Deutung des Traumes auf das, woran Melanchthon gerade arbeite, so zu verstehen sein, dass er das Gedicht auf diese bezog. Melanchthon selbst verwendet die Bezeichnung "Hyäne" sowohl für das Regensburger Buch[34] als auch für diejenigen Theologen, die bereit waren, durch eine zweideutige Formulierung im Regensburger Buch einen Kompromiss mit der altgläubigen Seite zu erwirken.[35] Es ist vermutlich Georg Sabinus,[36] der in einem Kommentar zu Ovids "Metamorphosen" von 1554 in Anlehnung an dessen Aussage, die Hyäne wechsle ihr Geschlecht,[37] als Hyänen solche Theologen bezeichnet, die sich auch in den wichtigsten Fragen so zweideutig ausdrückten, dass man nicht wissen, welche Meinung sie nun unterstützten.[38]
Dem folgt die moderne Forschung weitestgehend. Dementsprechend stehe die Hyäne für das Regensburger Buch, an dem Melanchthon mitwirken sollte. Dies "ängstigte ihn bis in seine Träume hinein: Als Hyäne, als ein hässliches Untier, erschien ihm dieses Buch, und ihm wurde befohlen, es zu verschönen [bzw. es nach der Vorstellung der Fürsten als Hybride aus altgläubigen und protestantischen Überzeugungen zu gestalten, Anm. A. Hubert.]. Bewältigt hat er diese Angst, indem er ein Gedicht darüber machte".[39] Thorsten Fuchs sieht die Hyäne unter der Voraussetzung, dass es sich bei der geschilderten Vision überhaupt um einen echten Traum handelt wie in der Forschung in der Regel angenommen, eher als Symbol für die allgemeine Kompromissbereitschaft der protestantischen Fürsten. Nach Abschluss des Regensburger Buchs, das alle seine Ängste bestätigte, sei die konkrete Deutung der Hyäne als das Regensburger Buch für den traumgläubigen Melanchthon nur naheliegend gewesen.[40]
Camerarius' Antwortgedicht fehlt in der zweiten, deutlich erweiterten Auflage von Melanchthons Epigrammen; stattdessen wurde mehrere Lagen später ein Distichon eingefügt, das laut der Überschrift auf die "Hyäne von Regensburg" Bezug nimmt:[41] Mit der Hyaena Ratisbonensis wird wiederum auf das Regensburger Buch angespielt. Dieses benötigt demnach nicht viele Korrekturen, um annehmbar zu werden: Stattdessen reicht eine einzige aus, nämlich einfach das komplette Buch zu streichen.[42]

(Alexander Hubert)

Tierepigramme als gelehrtes Spiel

Unter den kleineren Tiergedichten des Camerarius sind schließlich noch zwei kurze Epigramme zu nennen. Beide sind im Hessus-Briefband von 1557 abgedruckt: Zusammen mit drei anderen Gedichten sind sie dort einem Brief des Camerarius an Daniel Stiebar von Rabeneck vom 15.10.1544 nachgestellt.[43] Da Camerarius in diesem Brief die Übersendung von Versen ankündigt, die er teils während eines vorausgehenden Besuches bei Stiebar, teils auf der Reise mangels Gesprächspartners begonnen habe,[44] läge es nahe, ebendiese Verse in den fünf folgenden Gedichten zu erkennen. Damit ließen sich beide Gedichte auf 1544 datieren und als gelehrter Zeitvertreib des reisenden Camerarius einordnen.[45]

Das erste der beiden Gedichte trägt den Titel "Epigramma ad cornua cervi inserta parieti, Wurceburgi". Es erzählt in acht Distichen, wie Stiebar einen jungen Hirsch aufzog, der schließlich mit einem Weibchen ein Junges bekam, das nun auch bei Stiebars Haus weidet. Nachdem der Hirsch aber sein Weibchen angreift und tötet und sich anschließend sogar gegen Stiebar selbst wendet, schlachtet dieser das Tier und hängt das Geweih als Erinnerung an die Wand. Camerarius lobt zum Abschluss Stiebar, in dessen Haus junge Hirsche geboren würden, der aber zugleich falsches Verhalten entsprechend ahnde.[46]

Das zweite Gedicht (zehn Distichen) mit dem Titel "De dimicatione ursi et scropharum" ist an Stiebars engen Freund Moritz von Hutten gerichtet, der vor einem Gastmahl ein Schauspiel geliefert habe: Ein in der Arena angeketteter Bär habe sich vom Bellen eines Molossers nicht einschüchtern lassen; doch als in der Folge zwei Wildschweine in die Arena gelassen wurden, suchte der mittlerweile von der Kette befreite Bär schnell das Weite.[47] Gegen Ende des Gedichts reflektiert Camerarius, ob es die Natur sei, die beide Tierarten mit so intensivem Hass aufeinander ausgestattet habe, ob die beiden Schweine nur durch Vereinigung ihrer Kräfte in der Gruppe so stark waren, oder ob Schweine im Allgemeinen stärker seien, als es den Anschein habe.

Ein ähnliches Motiv der Stärke einer vereinten Gruppe einem Feind gegenüber findet sich in Camerarius' "Προσθήκη" zu Manuel Philes (s.u.) im vorletzten Abschnitt zu Gänsen und Schweinen (Περὶ χηνῶν καὶ ὑῶν): Auch hier warnt Camerarius davor, Schweine zu unterschätzen, die nicht einmal der Wolf angreifen würde, wenn sie in der Gruppe geschlossen auftreten.[48] Selbst der mächtige Elefant fürchte das Schwein, wenn er es nur höre.[49] Das Motiv des Kampfes zwischen Bär und Schwein hat Camerarius im letzten Abschnitt der "Προσθήκη" wieder verarbeitet; dort trifft eine Gruppe von Jägern auf die Spuren des Kampfes und findet bald darauf die Leichname eines Bärs und eines Wildschweins.[50]

(Alexander Hubert)

Naturkundliche Lehrgedichte

Naturkundliche Themen wurden von Camerarius auch in Form von Lehrgedichten behandelt: 1535 erschien ein Werkverbund, der mehrere lehrhafte Dichtungen enthielt. Ein Jahr nach Camerarius' Tod dagegen wurde eines seiner Spätwerke, eine Edition von Manuel Philes' Lehrgedicht über Tiere mit eigenen Zugaben veröffentlicht.

(Alexander Hubert)

Wind, Sterne, Wetter – Der Werkverbund von 1535

Die "Aeolia"

In Camerarius' frühe Schaffensphase fällt sein 1535 veröffentlichtes lateinisches Lehrgedicht "Aeolia": Ein sphragisähnlicher Teil in den letzten sieben Distichen verortet die Entstehung des Werks in die späte Nürnberger Zeit.[51] Das Gedicht ist dem Würzburger und Eichstätter Domherrn Moritz von Hutten gewidmet. Die ersten 20 Distichen stellen eine Vorrede an diesen dar; sie rühmen ihn ebenso wie seinen Bruder Philipp, der gerade mit der Welser-Kompanie nach Südamerika aufgebrochen war und dort nun völlig neue Winde und Gestirne kennenlerne. Camerarius äußert Bedauern darüber, dass die Spanienreise, an der er gemeinsam mit Philipp im Winter 1526/27 hätte teilnehmen sollen, abgebrochen worden war.[52]

Wie in vielen seiner Werke stellt sich Camerarius auch in den "Aeolia" als Sammler antiken Wissens dar, das er aus diversen Werken zusammentragen möchte.[53] Das Thema sei von verschiedenen Autoren ganz unterschiedlich behandelt worden.[54] Im folgenden stellt Camerarius dann in kataloggedichtartiger Form drei Klassifikationssysteme mit 4, 8 und 12 Winden vor. Als Quellen nennt er die verschiedensten griechischen und römischen Autoren: So sei es Homer, der ein System mit vier Winden kenne;[55] als Urheber der Klassifikation mit acht Winden wird Andronikus von Kyrrhos genannt, der in Athen den Turm der Winde bauen ließ.[56] Auf Varro und Aristoteles gehe schließlich das System mit 12 Winden zurück,[57] wie Camerarius vermutlich einerseits aus Aristoteles, andererseits aus Seneca weiß.[58] Als weitere Quellen werden Catull und Seneca genannt.[59] Nach der Vorstellung der Quellen werden die Winde jeweils katalogartig aufgeführt; teilweise geht es dabei auch um die Etymologie einzelner Namen, etwa im Fall des Boreas.[60] Um den Umfang des Gedichts nicht allzu sehr anwachsen zu lassen, beschränke sich Camerarius auf die Bezeichnungen der antiken Römer und Griechen und nehme die Winde anderer Völker nicht mit auf – dies hätte freilich im Metrum auch schwierig werden können. Auf lokale Namen kleinerer Winde möchte er dagegen nicht verzichten[61] und so folgt im Anschluss an die drei Hauptklassifikationen ein ausführlicher Katalog weniger verbreiteter Namen. Anschließend geht Camerarius unter Verweis auf die Seesturmszenen in "Odyssee" und "Aeneis" auch auf die Macht der Stürme ein und bedauert alle, die einen solchen auf See durchstehen müssen.[62] Die verschiedenen griechischen Bezeichnungen für Stürme ließen sich auf Latein nur schwer wiedergeben, das nur turbo, procella und fragor unterscheide.[63]
Auf die Frage, welche Eigenschaften denn nun der einzelne Wind habe, wolle und könne Camerarius keine Antwort geben, da die Winde zu instabil und ihre Effekte zu lokal spezifisch seien. Bereits die Aussagen der Griechen über einzelne Winde träfen in Italien nicht zu, und schon auf verschiedenen Seiten eines Flusses, Meeres oder Gebirges könne derselbe Wind unterschiedliche Effekte haben.[64] Das eigentliche Gedicht schließt mit der erwähnten Sphragis, nach der Camerarius diese Verse in Nürnberg verfasst habe, als ihn viele Sorgen plagten.[65] Er bedauert, Nürnberg verlassen zu müssen, wo er sich nur den Musen habe widmen können: Eine Arbeit, die keine Anerkennung bringe, dies aber vielleicht in einer besseren Zukunft werde. Auf das Gedicht folgen drei Holzschnitte, die die verschiedenen Klassifikationen nach 4, 8 und 12 Winden skizzieren; die Abbildungen sind allerdings teils fehlerhaft: So wurden auf der letzten Skizze in der ersten Edition Caurus und Africus, in der zweiten Edition Norden und Süden vertauscht.[66]

In den "Aeolia" wird ein Interessensgebiet des Camerarius deutlich, das während seines ganzen Lebens in verschiedenen Werken immer wieder durchscheint: die Terminologie. Es ist dieses Interesse, das ihn zur Abfassung mehrerer Glossare bewegt (s.u.) und das auch in mathematischen und numismatischen Werken Ausdruck findet (→ Mathematische Wissenschaften). Speziell die Etymologie der Namen der Winde beschäftigte ihn im Übrigen auch als Disputationsthema: So enthalten seine 1594 posthum gedruckten "Decuriae" (s.u.) eine Frage nach der Herkunft des Namens νότος für den Südwind.[67] Wenn Camerarius in den "Aeolia" sämtliche ihm bekannten antiken Namen der Winde aufführt, kann dahinter ebenso die Absicht stecken, zu belehren, wie auch der Wunsch, sein eigenes Wissen in anspruchsvoller Form darzustellen. Immerhin kann Camerarius beim Thema der Winde nicht auf ein antikes Lehrgedicht zurückgreifen, das diese bereits behandelt hätte.

Die "Prognostica"

Zusammen mit den "Aeolia" gedruckt und als Einheit mit ihnen konzipiert wurden zwei weitere lateinische Lehrgedichte des Camerarius, mit denen er sich in die Nachfolge Arats stellt:[68] Die "Phaenomena" (→ Mathematische Wissenschaften) und die "Prognostica". Wie Arat in seinen "Phainomena" zuerst die Gestirne behandelt und im Anschluss im "Diosemeia" genannten Teil die Wetterzeichen, so stellt Camerarius seinem Gedicht über die Winde zunächst eines über die Sternbilder und dann eines über Zeichen der sublunaren Welt zur Seite. Bei beiden Gedichten handelt es sich um eine "freie und philologisch gelehrte Übersetzung und Bearbeitung Arats"[69] in exakt 400 Versen weniger als das Original, wobei die Kürzungen mehr die "Phainomena" als die "Diosemeia" betreffen.[70] Inspiriert hatten ihn zu dieser Arbeit möglicherweise einerseits das durch Johannes Stöffler geweckte Interesse Philipp Melanchthons für Arat, der seine bearbeitende Übersetzung nie fertigstellte, andererseits die Arat-Edition des Jakob Micyllus, die im März 1535 zusammen mit der schmucklosen Prosa-Übersetzung des Jakob Ceporinus (Erstdruck 1523) publiziert wurde.[71] Von einer längeren Beschäftigung des Camerarius mit Arats "Diosemeia" zeugt auch seine den Norica von 1532 beigegebene Übersetzung von Phain. 909-912,[72] die offenbar bewusst zu Ciceros Übersetzung derselben Stelle in "erfolgreiche Konkurrenz" treten sollte.[73] Ein weiteres Werk, das "Phaenomena" und "Prognostica" beeinflusste, waren die "Meteora" Pontanos, die Melanchthon 1524 in Wittenberg drucken ließ und die Camerarius nachweislich kannte.[74] Gleichzeitig beschäftigte er sich parallel zu den beiden Lehrgedichten auch mit der antiken → Astrologie, zur der er bereits 1532 ein Kompendium veröffentlicht hatte; in diesem Rahmen entstand auch auf Melanchthons Bitte die Übersetzung der ersten zwei Bücher von Ptolemaios' "Tetrabiblos". Arats "Phainomena" und "Diosemeia" sind zwar frei von astrologischen Themen, in Camerarius' Bearbeitungen "stehen astrologische Vorstellungen jedoch im Hintergrund",[75] wie Erwähnungen der Effekte der Planeten auf das Schicksal und der Bedeutung von Kometen nicht nur für das Wetter zeigen.

Die "Phaenomena" wie auch die "Prognostica" sind Daniel Stiebar gewidmet:[76] In Arats Werk bilden die beiden Gedichtteile ein Ganzes; während Camerarius das Ende seiner "Phaenomena" explizit als solches bezeichnet, weist er zugleich bereits auf die "Prognostica" voraus[77] und sah wohl ebenfalls keinen Grund für eine Trennung der beiden Widmungen. Die letzten Verse der "Phaenomena" nennen auch explizit das Kriterium, nach dem der Einschnitt geschieht: Gegenstand der "Phaenomena" ist der invariabilis aether; die "Prognostica" dagegen beschäftigen sich mit am Himmel bisweilen sichtbaren, vergänglichen Phänomenen (quae interdum coeli in regione videntur, / Nec stabili aeternum lege feruntur iter). Beide Gedichte zusammen konnten "[d]urch ihre einführende astronomisch-meteorologische Lehre ... den Einstieg des Lesers in die schwierigere wissenschaftliche Astrologie vorbereiten."[78]

Das Thema der "Prognostica" bilden wie in den "Diosemeia" des Arat auch die signa futurorum, wobei sich Camerarius vor allem auf Sturmvorzeichen konzentriert (darauf weist auch der Titel des Werks in der ersten Auflage hin: "Prognostica. Ubi supra trecenta et triginta indicia tempestatum memorantur"). Als Quellen beschränkt er sich jedoch nicht nur auf Arat, sondern verwendet auch Vergils "Georgica", Plinius, Aristoteles' "Meteorologika" sowie Theophrasts "Περὶ σημείων", das damals Aristoteles zugeschrieben wurde.[79]

Camerarius bedauert zu Beginn des Lehrgedichts, dass er nicht in Nürnberg in Stiebars Nähe bleiben konnte (Stiebar lebte in Würzburg) und stellt sich vor, wie er dann auf dem Land lebend das im Folgenden verkündete Wissen ganz praktisch hätte anwenden und überprüfen können, vielleicht sogar die Muße gehabt hätte, auf Hesiods Spuren über die Landwirtschaft im Laufe des Jahres zu schreiben. Unterdessen begnüge er sich mit dem kürzeren Gedicht zu den Wetterzeichen.[80] Dann beginnt er mit Regeln zur Wettervorhersage, die die Sonne zum Gegenstand haben (etwa mit einer Version der Bauernregel "Morgenrot, schlecht Wetter droht"[81]) und fährt dann mit den Wirkungen von Mond und Sternen fort;[82] damit kehrt er die von Arat und Vergil vorgegebene Reihenfolge von Sonnen- und Mondzeichen um, denn die Sonne verdiene es wohl, an erster Stelle genannt zu werden.[83] Es folgt der Hinweis, die Wolken im Blick zu behalten, und auch auf die Winde geht Camerarius über zwei Seiten hinweg ein. Zum Abschluss des Abschnitts über himmlische Phänomene werden noch kurz Meteorströme und Gegensonnen als Schlechtwetterzeichen[84] sowie Kometen und andere Himmelserscheinungen wie Kreuze und Dolche als allgemeine Omina für Katastrophen thematisiert.[85] Hier verschwimmt die Grenze zwischen Wettervorhersage und Divination und spielen eindeutig auch astrologische Motive eine Rolle, die bei Arat nicht vorhanden sind.
Anschließend geht Camerarius zu irdischen Wetterzeichen über: So könnten auch Meer und Erde und auch viele Tiere Hinweise über das kommende Wetter geben. Nach einem kurzen Abschnitt zu Meer und Meertieren wie Delfinen und Tintenfischen kommt Camerarius ausführlicher auf Landtiere zu sprechen. Viele Flussvögel etwa gäben Auskunft über kommenden Regen, etwa Bläßhuhn, Gans und Ente. Im Folgenden werden weitere Tiere erwähnt, vor allem Vögel, wie etwa der Zaunkönig (regulus), dessen Gesang Regen bedeute.[86] Auch die Wetterfühligkeit des Menschen, etwa der Alten oder der Gichtkranken, findet kurz Erwähnung,[87] obwohl sie in den antiken Quellen und namentlich bei Arat keine Rolle spielt.[88]
Anschließend folgen längere Abschnitte zu verschiedenen Wetterlagen: Abendrot wird als Bote für gutes Wetter genannt und das Verhalten zahlreicher Tiere für diesen Fall aufgezählt; darauf geht es analog um schlechtes Wetter. Ein dritter kürzerer Abschnitt behandelt Zeichen für kommenden Frost, wenn etwa das Papier trockener sei als sonst (uda minus charta est). Zum Schluss geht Camerarius auf Regelmäßigkeiten im Wettergeschehen und Klimazyklen ein: Verschiedene Monate etwa bringen verschiedenes Wetter und angeblich wiederhole sich die Konstellation von Sonne und Mond nach acht Jahren.[89] Außerdem solle man bedenken, dass zwischen Vorzeichen und tatsächlichem Eintreten einer Wetterlage manchmal bis zu drei Tage vergehen könnten.
In einem epilogartigen Teil erklärt Camerarius dann sein Kriterium, nach dem er einzelne Vorzeichen in seinem Gedicht berücksichtigt habe: Er wolle nur unzweifelhafte Zeichen behandeln, und keinesfalls alle, da diese Aufgabe zu umfangreich wäre.[90] Auch die Wirkungen der Planeten aufzuführen sei nicht sein Vorhaben gewesen und würde seine Fähigkeiten übersteigen. Das Gedicht endet mit einer Version des celeritas-Motivs, indem Camerarius aussagt, er habe dieses Gedicht schnell und kurz zusammengeschrieben; er hoffe, es finde Stiebars Gefallen.[91]

In seinem postum veröffentlichten Werk über die Arten der Divination nennt Camerarius seine "Prognostica" in einem Zug mit den einschlägigen meteorologischen Werken Vergils und Arats (den teilweise meteorologischen "Georgica" und den rein wetterbezogene Themen behandelnden "Diosemeia").[92] Dies zeigt auch, dass Camerarius sein Lehrgedicht nicht nur als gelehrte Spielerei oder literarisches Werk betrachtete, sondern dieses auch ganz klar eine didaktische Intention besaß, wie sie auch Thomas Haye in den Lehrgedichten des 16. Jahrhunderts zu erkennen glaubt.[93] Es handelt sich dabei, wie auch bei den "Phaenomena", um "eine Lehrdichtung in der Tradition Arats, mit der sich Camerarius vor allem um das 'prodesse', in gewissem Maße aber auch um das 'delectare' bemühte".[94]

Der Verbund als Einheit

Die "Aeolia" wie auch die "Prognostica" wurden in kurzem zeitlichem Abstand zweimal gedruckt: Zunächst 1535 bei Johann Petreius in Nürnberg und dann 1536 in Basel bei Thomas Platter und Balthasar Lasius.[95] Der Band von 1535 umfasst neben dem Hauptteil, Camerarius' Schrift "Erratum", in der er sich gegen Vorwürfe eines metrischen und eines geographischen Fehlers zur Wehr setzt, und den drei Lehrgedichten "Aeolia", "Phaenomena" und "Prognostica" weiterhin ein kurzes Kataloggedicht über die Planeten (→ Astrologie) sowie ein diätetisches Gedicht mit Ratschlägen zum Leben im Jahresablauf und eines zu Verhaltensweisen nach dem Aderlass (→ Medizin).

In dem Druck von 1536 kommen weitere versifizierte Ratschläge zum gesunden Leben im Jahresablauf, ein Kataloggedicht über die Tätigkeiten in verschiedenen Monaten sowie eine Sammlung an Einzeldistichen hinzu. Es handelt sich also bei beiden Bänden um Editionen kleinerer Werke von überwiegend lehrhaftem Charakter. Die einzige Prosaschrift, das "Erratum", das auch zugleich der längste enthaltene Beitrag ist, kann ebenfalls in diesem Sinn gesehen werden: Camerarius verteidigt sich hier gegen Kritik insbesondere von Seiten des Erasmus von Rotterdam,[96] nimmt dies aber dann zum Anlass für einen ausführlichen philosophischen Vortrag über die Fehlerhaftigkeit des Menschen allgemein. Bei den übrigen Werken, abgesehen vielleicht von den Einzeldistichen am Ende der zweiten Auflage, handelt es sich um kleinere bis mittlere Lehr- und Katalogdichtungen.

Eine weitere Verbindung des "Erratum" zu den drei größeren Lehrgedichten hat möglicherweise Walther Ludwig gefunden: Alle drei Lehrgedichte enthalten nämlich Fehler: Auf die Vertauschung von Windrichtungen in den Windrosen am Ende der "Aeolia" wurde bereits hingewiesen;[97] weiterhin fehlt in den "Phaenomena" das Sternbild Widder, an seiner Stelle taucht der wenig bekannte equus dimidius auf, den Proklos als προτομὴ ἵππου kennt.[98] Die "Prognostica" schließlich bezeichnen tiefliegenden Nebel als ein Zeichen für schlechtes Wetter,[99] obgleich er üblicherweise als Schönwetterzeichen gesehen wird.[100] Da diese Fehler recht offensichtlich sind, stellt sich die Frage, ob Camerarius sie möglicherweise absichtlich eingebaut hat, um an die Botschaft des "Erratum" zu erinnern.[101] Es scheint allerdings fraglich, ob man Camerarius einen solchen Schritt zuschreiben kann, wie auch Walther Ludwig selbst bemerkt.[102]

Von der Konzeption der drei großen Lehrgedichte "Aeolia", "Phaenomena" und "Prognostica" als Einheit zeugt wiederum der Beginn der "Prognostica", der explizit auf die beiden anderen Gedichte Bezug nimmt.[103] Außerdem verweist, wie bereits erwähnt, das Ende der "Phaenomena" auf die "Prognostica".[104] In deren letzten Versen wiederum weist Camerarius die Aufgabe von sich, über die Wirkungen der Planeten zu schreiben, da er dem nicht gewachsen sei.[105] Diese sind zugleich das Thema des folgenden, nur eine Seite langen lateinischen Gedichts, bei dem es sich laut Überschrift um Camerarius' Übersetzung eines griechischen Epigramms handelt (→ Astrologie). Die 22 Hexameter bilden somit den Ersatz für ein längeres Lehrgedicht zum selben Thema, das Camerarius sich nicht zutraue. Zugleich reihen sich die Verse als Übersetzung einer griechischen Vorlage auch in das von "Phaenomena" und "Prognostica" als Arat-Übersetzungen bzw. -Bearbeitungen vorgegebene Muster ein. Das Lehrgedicht zum Ackerbau im Stil von Hesiods "Werken und Tagen", von dem Camerarius in den "Prognostica" bedauert, es nicht schreiben zu können, findet wiederum in einem kürzeren lateinischen Gedicht zu Tätigkeiten im Jahresablauf seine Entsprechung.[106]

Grund für die Neuauflage des Bandes bereits im Folgejahr 1536 waren neben der Erweiterung um drei kleinere Werke offenbar auch die Menge an Druckfehlern in der ersten Ausgabe.[107] Diese war vermutlich darauf zurückzuführen, dass Camerarius einfach keine Zeit hatte, die Druckfahnen zu korrigieren: Zeitprobleme macht er jedenfalls in der ebenfalls 1535 gedruckten zweisprachigen Ptolemaios-Edition für den fehlerbehafteten Text verantwortlich.[108] Hier mag einerseits schon der kurz bevorstehende Wechsel nach Tübingen eine Rolle spielen, der im September 1535 vollzogen wurde;[109] andererseits trug sicherlich auch Camerarius' fragile Gesundheit zu seinen Zeitproblemen bei.[110]

(Alexander Hubert)

Zurück zum Tiergedicht: Manuel Philes

Criticorum insania – Die Edition

Die Form des Lehrgedichts in Verbindung mit der Tierthematik beschäftigte Camerarius dann gegen Ende seines Lebens: Das Ergebnis dieser Arbeit ist die – problematische, wie im Folgenden aufgezeigt wird – zweisprachige Ausgabe des Lehrgedichts "De animalium proprietate", die postum 1575 erstmalig gedruckt und 1596 mit überarbeiteter Übersetzung neu aufgelegt wurde. Die ca. 2000 Zwölfsilbler des Manuel Philes waren zuerst 1533 von Arsenios, dem Erzbischof von Monemvasia in Venedig ediert worden;[111] parallel dazu hatte in Frankreich der Kalligraph Angelos Vergekios elf Prunkhandschriften erstellt, die er – wie später Camerarius – um eigene Zudichtungen erweitert hatte.[112] Wie nun Gregor Bersman im Widmungsbrief der ersten Auflage von 1575 an August von Sachsen schreibt, erhielt Camerarius die Arsenios-Edition von Johann Oporinus mit dem Auftrag, eine Übersetzung dazu anzufertigen, den Camerarius annahm. Da er sich aber aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes sowie zahlreicher anderer Verpflichtungen schließlich dazu doch nicht in der Lage sah, fiel diese Aufgabe Bersman zu.[113] Dessen Übersetzung hätte Camerarius anschließend korrigieren sollen, wozu es aber aufgrund von Camerarius' Tod nicht mehr kam.[114] Bersman überarbeitete seine Übersetzung dann allerdings selbst für die zweite Auflage 1596.[115]

Camerarius widmete sich unterdessen, wohl in Gemeinschaftsarbeit mit Bersman, der Edition des griechischen Textes, die er neben der Übersetzung neu besorgen zu müssen glaubte. Dabei meinte er insbesondere, in den griechischen Text eingreifen zu müssen, um metrische 'Fehler' zu beheben:[116] Das Gedicht ist im politischen Versmaß verfasst, in dem die altgriechischen Quantitäten keine Beachtung mehr finden, sondern nur die Silbenanzahl und der Akzent wichtig sind; somit können etwa Spondeus (— —), Trochäus (— U) und Pyrrhichius (U U) gleichberechtigt und austauschbar stehen.[117]
Camerarius war diese Funktionsweise des Politischen Versmaßes bereits spätestens in den 60er Jahren bekannt, wie ein Brief an einen namentlich nicht genannten Freund zeigt, der zwar undatiert ist, jedoch definitiv vor 1568 entstanden sein muss.[118] Dort geht es um das Werk des Johannes Tzetzes, der den Politischen Vers ebenfalls verwendete. Camerarius erläutert seinem Freund dessen Funktionsweise,[119] verurteilt dessen Gebrauch aber und lässt Tzetzes' Vorrede zu den "Versus iambici" dem Brief folgen. Dieser erklärt dort in Jambischen Versen antiker Bauart, dass er im folgenden zum Politischen Vers gegriffen habe, da das antike Metrum in seiner Zeit nicht mehr verstanden werde, was Camerarius als Anlass zu einer Zeitenklage nimmt.[120]
Anders als Bersmanns allgemeine Äußerungen, die unklar lassen, ob Camerarius in Manuel Philes' Versmaß fälschlich den antiken Iambischen Senar erkannte[121] oder das Metrum des Politischen Verses vielleicht einfach nicht richtig verstand,[122] wird aus diesem Brief also eindeutig klar, dass Camerarius mit dem Politischen Versmaß sehr wohl vertraut war. Im Rahmen der Philes-Edition entschied er sich dann aber dennoch bewusst dafür, in den griechischen Text einzugreifen, um die in seiner Wahrnehmung falschen Verse an die antiken Gepflogenheiten anzupassen. Durch Camerarius' 'Korrekturen' entstand nun "ein sprachlich völlig umgestaltetes Werk, das auf den antiken metrischen Regeln beruhte."[123]
Dies bereitete Jan Cornelis de Pauw einige Mühe, als er den griechischen Text 1730 neu edierte.[124] In seinem polemischen Vorwort äußert er heftige Kritik sowohl an Camerarius als auch an Bersman: Der politische Vers habe Camerarius so missfallen, dass er ihn durch Konjektur in ein metrisches Versmaß überführen zu müssen meinte; dies erscheine de Pauw gerade angesichts von Camerarius' Klugheit und Bildung tollkühn und sinnlos.[125] Nicht anders habe Bersman gehandelt, als er Camerarius' Änderungen einfach übernommen und dabei nicht einmal die ursprüngliche Lesart notiert habe; somit konnte de Pauw die Konjekturen auch nicht einfach rückgängig machen, auch wenn er dank Bersmans Hinweisen immerhin wusste, dass Camerarius eingegriffen hatte. [126] Nur dank der Güte des Widmungsempfängers Abraham Gronovius, der ihm die byzantinische Fassung zur Verfügung stellen konnte, sei es de Pauw gelungen, die ursprüngliche Textgestalt wiederherzustellen. [127]
Mit dem Vergleichstext – in der Textgestalt des Vergekios[128] - in der Hand habe er sich sogleich zur Edition entschieden, um der Welt zu zeigen, was der Wahn der Textkritiker anrichten könne, und damit man in Zukunft wieder Philes lesen könne und nicht seinen erbärmlichen Interpolator.[129] Mit einiger Mühe und viel Hilfe habe er auch noch eine Arsenios-Ausgabe finden können: Dies sei ihm besonders wichtig gewesen, da diese ja die Grundlage von Camerarius' Interpolationen gewesen sei und er diese so problemlos rückgängig machen konnte.[130] Nun präsentiere er also Philes, wie ihn Arsenios edierte, ohne alle Albernheiten des schlaftrunkenen Textkritikers Camerarius, der nicht nur meinte, das Metrum verbessern zu müssen, sondern dies auch noch inkonsequent getan habe und dabei mit der griechischen Sprache ungeschickter umgegangen sei als jeder Anfänger. Daher habe er im kritischen Apparat auch keine Begründungen angegeben, warum er sich gegen eine Lesart des Camerarius entscheide; der Leser werde es selbst erkennen und er selbst erspare sich die Übelkeit, die dies verursachen würde.[131] Bersmans Übersetzung habe de Pauw dagegen trotz einiger Fehler so belassen, da seiner Meinung nach der lateinische Text ohnehin nicht als Ersatz für den griechischen fungieren sollte.[132]

Die "Προσθήκη"

Camerarius‘ Beitrag zur Überlieferung von Manuel Philes' Lehrgedicht ist somit durchaus kritisch zu bewerten. Tatsächlich könnte man seine Leistung eher in seiner eigenen, innovativen Beschäftigung mit dem Text sehen: Er bemühte sich nämlich nicht nur (wie dargelegt teils mit zahlreichen Interpolationen) darum, dem Text des Philes eine Gestalt zu geben, die seinen Vorstellungen entsprach, sondern dichtete auch, wie Vergekios es bereits getan hatte, selbst ein Supplement dazu. Darin behandelt er verschiedene Tierarten, die größtenteils bei Manuel Philes nicht vorkamen, wie die Zikade, den Eisvogel und das Eichhörnchen. Außerdem finden sich hier die oben bereits erwähnten Abschnitte zu Gänsen und Schweinen, in denen es um die Intelligenz ersterer und die Gefährlichkeit letzterer geht, sowie ein Abschnitt zu einem Kampf zwischen Bär und Wildschwein.

Bersman stellte diese "Προσθήκη" in der Edition dem Manuel-Philes-Text nach und übersetzte sie ebenso wie diesen ins Lateinische. Beide Übersetzungen überarbeitete er noch einmal für die zweite Auflage des Bandes.[133]

(Alexander Hubert)

Die hippologischen Schriften – Camerarius' Steckenpferd?

Ein Überblick

Die hippologischen Schriften nehmen innerhalb von Camerarius' naturkundlichem Corpus den größten Raum ein.[134] Das früheste gedruckte Werk, das in diesen Bereich fällt, dürfte Camerarius' oben erwähntes Epitaph für ein falbes Pferd sein. In der Folge geht Camerarius dann von der dichterischen Spielerei zur Prosa über, vielleicht ein Zeichen dafür, wie sehr ihm das Thema auch persönlich am Herzen lag; Pferde fanden schließlich sogar Eingang in seine akademische Lehre: In seinen "Decuriae" (↓ Die "Decuriae") findet sich unter anderem eine Frage nach dem Verhalten von Pferden bei Regen.[135]

Der erste größere Werkverbund mit pferdebezogener Thematik erscheint 1539 in Tübingen unter dem Titel "De tractandis equis". Er enthält neben Camerarius' Übersetzung von Xenophons "Περὶ ἱππικῆς" unter dem Titel "De re equestri" auch die von Camerarius selbst verfasste lateinischsprachige pferdekundliche Schrift "Ἱπποκομικός" (s.u.). Nichts mit Hippologie zu tun hat lediglich der letzte Teil des Sammeldrucks, der eine Schrift des Camerarius zur Numismatik enthält. In dem an Georg von Loxan gerichteten Widmungsbrief (dat. 18.03.1539) erläutert Camerarius den Grund für seine Beschäftigung mit der Hippologie: Pferde und das Reiten hätten ihn, dem das Gehen aus gesundheitlichen Gründen schon lange schwerfiel, schon immer fasziniert, wie eben üblicherweise die Dinge, mit denen man täglich zu tun habe, einen bis in den Schlaf beschäftigten.[136] Doch nachdem er sich kürzlich nach einem längeren Ausritt eine schwere Krankheit zugezogen habe,[137] habe er sich auf dem Krankenbett an ein Gespräch erinnert, das er mit Freunden über die Reitkunst geführt habe. Dann habe er begonnen, Xenophons Werk "Περὶ ἱππικῆς" zu lesen und ins Lateinische zu übertragen, und außerdem selbst eine kleine hippologische Schrift zu verfassen.[138] Die Ergebnisse dieser Arbeit sind die beiden im Druck enthaltenen hippologischen Werke.[139]
Es ist freilich Understatement, wenn Camerarius schreibt, er sehe keinen Grund, Rechenschaft darüber abzulegen, woher er so viel Erfahrung im Reiten habe, dass er darüber zu schreiben wage: Gebildete wüssten, dass Wissen von den Musen komme; so habe auch Hesiod über Seefahrt geschrieben, obwohl seine gesamte Erfahrung einzig auf der Überfahrt von Aulis nach Euböa beruhte.[140] Tatsächlich hatte Camerarius ja bereits zu Beginn des Widmungsbriefes von seiner langjährigen Reiterfahrung geschrieben; von dieser zeugen auch seine Briefe, sowie nicht zuletzt seine spontane, nur wenige Tage lange Reise von Tübingen nach Wittenberg im November 1538;[141] auch von anderen Autoren wird Camerarius' Leidenschaft und Talent für das Reiten erwähnt (s.u.). Allerdings war Camerarius natürlich trotz aller praktischer Erfahrung niemand, der von Berufs wegen mit dem Reiten zu tun hatte; vielleicht konnte man ihm daher einen Vorwurf machen.[142] Ebenfalls im Widmungsbrief an Loxan deutet Camerarius an, dass der Band ursprünglich auch eine Übersetzung der Xenophonschrift "Ἱππαρχικός" enthalten sollte;[143] deren Druck musste aber noch einige Jahre warten.

Denn auch in der Folge bleibt die Hippologie in Camerarius' Werk eng mit Xenophon verknüpft: 1543 erscheinen in Leipzig im Rahmen einer weiteren Ausgabe von Xenophonübersetzungen neben Camerarius' lateinischen Versionen der "Verfassung der Spartaner" und der "Verfassung der Athener" dann auch seine Übersetzung von Xenophons "Ἱππαρχικός" sowie Annotationen zu allen drei Übersetzungen. Der staatstheoretische Teil ist dabei Johann Albrecht I. von Mecklenburg gewidmet, der hippologische Christoph von Karlowitz. Im Widmungsbrief an Karlowitz knüpft Camerarius dabei inhaltlich direkt an den Widmungsbrief des Drucks von 1539 an und erinnert daran, dass er eine Übersetzung des "Ἱππαρχικός" angekündigt hatte. Karlowitz habe diese oft gelobt und Interesse daran bekundet,[144] weshalb Camerarius ihm die Schrift nun widme. Er fühle sich geschmeichelt, wenn ein Experte wie Karlowitz seine Arbeit anerkenne, zumal Karlowitz zu den wenigen Leuten seines Standes gehöre, die als Auszeichnung des Ritterstandes nicht Wildheit und Unmenschlichkeit (ferocia et inhumanitas), sondern virtus und militärische Kenntnisse (scientia rei militaris) sähen und diese Ideale mit literarischer Bildung (eruditio litterarum atque doctrina) zu etwas Größerem vereint hätten.[145] Kurz darauf äußert Camerarius gar die Theorie, die Kavallerie könnte Deutschland zu seiner einstigen Größe zurückverhelfen; schließlich habe die Umstellung auf Fußsoldaten das Reich viele Gebiete gekostet.[146] Karlowitz' Rolle als Experte wird wiederum deutlich, wenn Camerarius dessen Abwesenheit während der Entstehungszeit des Werks bedauert: Er hätte gerne über manches noch mit Karlowitz gesprochen;[147] gleichzeitig gibt Camerarius damit einen Teil seiner Verantwortung für eventuelle Fehler oder Ungenauigkeiten ab und kommt möglicher Kritik zuvor.

Auch wenn Camerarius' "Ἱππαρχικός" nun vorlag, wurde in beide großen Xenophon-Gesamtausgaben, die 1545 in Basel bei Nikolaus Brylinger (zweisprachig Griechisch und Latein) und Michael Isengrin (nur lateinische Übersetzungen) gedruckt wurden, nur seine Übersetzung von "Περὶ ἱππικῆς" aufgenommen; für den "Ἱππαρχικός" wurde dagegen Jean Ribits Version bevorzugt. Isengrin druckte 1551 und 1553 neue Auflagen seiner zwei Bände, Camerarius' Anteil wurde unverändert übernommen. Brylingers zweisprachige Fassung erschien 1555 erneut. Auch die von Thomas Guarin in Basel gedruckten Xenophonbände von 1569 und 1572 enthalten von Camerarius wieder nur "De re equestri".

Die zwei Drucke von 1539 und 1543 werden schließlich 1556 in Leipzig zu einem zusammengefasst: Der gesamte Band wird neu Florian Griespek von Griespach gewidmet. Der Widmungsbrief gibt Camerarius Gelegenheit zu einem ausführlichen Nachruf auf seinen mittlerweile verstorbenen Freund Daniel Stiebar; dem weiteren Druck wird außerdem ein Epicedium für diesen vorangestellt. Es folgt nach dem ursprünglichen Widmungsbrief an Georg von Loxan Camerarius' "Ἱπποκομικός" in überarbeiteter und erweiterter Form sowie seine lateinische Version von "Περὶ ἱππικῆς"; dann hat Camerarius ein vorher nicht gedrucktes Glossar zur lateinischen und griechischen Terminologie des Wortfeldes "Pferd" eingefügt. Anschließend sind, dem Band von 1543 entsprechend, die Johann Albrecht gewidmeten Übersetzungen von Xenophons staatstheoretischen Schriften Xenophons und der Christoph von Karlowitz gewidmete Teil mit dem lateinischen "Ἱππαρχικός" sowie Camerarius' Annotationen zu den vorausgehenden drei Xenophonübersetzungen abgedruckt. Der von Xenophon und Hippologie unabhängige Teil zur Numismatik, dem wie im Druck von 1539 wieder der Widmungsbrief an Adam Karl vorangestellt ist, steht ganz am Ende des Bandes. Im Widmungsbrief an Florian Griespek erläutert Camerarius seine Gründe für die Neuauflage und die neue Widmung: Loxan und Karl seien ja mittlerweile leider verstorben und Camerarius wollte die Erinnerung an beide hochhalten; daher habe er sich für eine deutlich erweiterte Neuauflage des älteren Drucks entschieden und habe auch die beiden ursprünglichen Widmungsbriefe an ihrer Stelle belassen. Da Griespek beide selbst persönlich gekannt habe, sei er Camerarius als idealer Widmungsempfänger des neuen Drucks erschienen.[148]

Aufschlussreich ist auch Henri Estiennes Widmungsbrief an Camerarius, den er seinem Band lateinischer Xenophon-Übersetzungen von 1561 voranstellte. Auch hier ist wieder Camerarius' lateinische Version von "Περὶ ἱππικῆς" enthalten. Estienne hatte Camerarius im Rahmen der Vorbereitung des Drucks offenbar um Hilfe gebeten, was Camerarius jedoch abgelehnt hatte.[149] Deswegen beginnt Estienne seinen Brief auch sehr direkt mit einem harten Vorwurf: Camerarius' Haltung müssten alle bedauern; er hoffe jedoch, dass sie Camerarius selbst die Schamesröte ins Gesicht treibe. Niemand habe dank der Xenophon-Lektüre größere Fortschritte im Griechischen gemacht als Camerarius.[150] Camerarius' Verhalten zeuge von Undank, der freilich heutzutage nicht mehr bestraft werde; daher bitte Estienne die Musen selbst, Camerarius nicht zu verzeihen, bevor nicht Xenophon selbst es tue. Er selbst habe sich mangels Camerarius' Unterstützung umso mehr um den Text bemüht. Dabei legt Estienne großen Wert darauf, zu betonen, dass (auch) er wegen Quartanfieber und seiner Beschäftigung in der Offizin ohnehin schon außerordentlich beschäftigt gewesen sei und die Größe des Vorhabens (auch) ihn abgeschreckt habe – möglicherweise waren Krankheit und ein großes Arbeitspensum Camerarius' Gründe für die Verweigerung der Unterstützung.
Etwas später stellt Estienne Camerarius dann auch eine Möglichkeit vor, wie er Xenophon dazu bringen könne, ihm zu verzeihen:[151] Der Band benötige an vielen Stellen, die unklar seien, Annotationen, und niemand sei für diese Aufgabe besser geeignet als Camerarius; zumindest aber solle er diese Arbeit für seine eigene Übersetzung von "Περὶ ἱππικῆς" übernehmen. Indem Camerarius sein Werk nämlich Estienne zur Zensur überlasse, gehe er ein großes Risiko ein. Er werde Camerarius' Übersetzung nicht anrühren und er bitte auch Camerarius nicht deshalb um eine Überarbeitung, weil sie ihm nicht gefalle, sondern weil es nun einmal so sei, dass man beim zweiten Durchgang oft schlauer sei. Außerdem habe Camerarius eine äußerst verderbte Textgrundlage verwendet. Vor allem aber wünsche er, dass Annotationen zu den Übersetzungen erschienen, da er auf diese in den Marginalien bereits verwiesen habe, und benötige dafür Camerarius' Hilfe. Diese hat er freilich offenbar nie erhalten, trotz des großen Drucks, den Estienne mit dieser Widmung und seinen sehr konkreten Vorwürfen und Aufforderungen auf Camerarius ausübte.[152] Dies tat der Beziehung der beiden jedoch keinen Abbruch und hinderte Estienne nicht daran, Camerarius 1564 seine zweisprachige Thukydides-Edition zu widmen. Camerarius antwortet darauf 1565 mit der Widmung seiner Übersetzung zentraler Thukydides-Stellen und zeigt sich im Widmungsbrief ebenfalls freundlich, gar freundschaftlich.

Schließlich erscheinen 1572 in einem großen Band noch einmal alle Xenophon-Übersetzungen des Camerarius (außer der des "Oikonomikos"), mit Widmung an Anton von Ortenburg. Hier sind neben der "Kyrupädie", den "Πόροι" und den Schriften über die Verfassung der Spartaner und der Athener auch die Übersetzungen von "Περὶ ἱππικῆς" und "Ἱππαρχικός" wieder beide vertreten.

(Alexander Hubert)

Aliquid de equis – Glossar und "Hippocomicus"

Immer wieder wird deutlich, dass Camerarius sich verschiedenen auch ganz praktischen Themenbereichen vor allem von philologischer Seite nähert (→ Philologie). Wichtig ist ihm dabei besonders die lateinische und griechische Terminologie, wie auch die "Aeolia" zeigen (s.o.). Dies schlägt sich unter anderem in der Abfassung mehrerer Glossare nieder. So stellt er bereits 1532 seiner lateinischen Übersetzung von Albrecht Dürers "Vier Bücher von menschlicher Proportion" ein zweiseitiges deutsch-lateinisches Glossar zu den menschlichen Körperteilen zur Seite, das seine Übersetzung transparenter machen soll.[153] Ein zweites, äußerst umfangreiches griechisch-lateinisches Glossar zum selben Thema erscheint 1551, nun nicht mehr als Paratext, sondern als eigenständiges Werk (→ Medizin). Außerdem wird 1560 ein griechisches Glossar zum Komplex 'Gebet' gedruckt (→ Theologie).
Doch auch im Bereich der Hippologie äußert sich Camerarius' philologisches Interesse in der Abfassung eines Glossars, das unter dem Titel "De nominibus equestribus" im Xenophondruck von 1556 erscheint. Zu Beginn des gut vierzigseitigen Werks schreibt Camerarius, dass seiner Meinung nach nichts so nützlich zur Erkenntnis der Welt (rerum ullarum cognitio) wie das Wissen um die genaue Bedeutung der Wörter und eine gewisse Sprachgewandtheit (nominum primum explorata significatio, deinde proprii sermonis peritia).[154] Dabei akzeptiert er allerdings auch, dass nicht jeder diese Meinung teilen müsse (κεῖνός τ᾽ ἐκεῖνα στεργέτω κἀγὼ τάδε nach Soph. Ai. 1039).[155] Der Plan, ein Pferdeglossar zusammenzustellen, sei im Zuge der Arbeiten am "Hippocomicus" gereift. Als Quelle bezieht sich Camerarius wie auch bei dem Glossar zum menschlichen Körper von 1551 auf Iulius Pollux' Werk "Ὀνομαστικόν", das er kommentieren wolle.[156] Eine griechische Ausgabe dieses Werks befand sich nach Zeugnis eines Briefs von Jakob Bedrott an Camerarius (dat. 31.03.1536) vermutlich in Camerarius' Besitz und auch eine lateinische Übersetzung lag seit 1541 zumindest vor.[157]

Während bei Camerarius' Pferdeglossar der Zweck des Werks mehr oder weniger klar scheint, ist die Einordnung des "Hippocomicus" problematischer. Es handelt sich dabei um eine hippologische Lehrschrift in Prosaform, die in recht assoziativer Ordnung Wissen zusammenfasst, das für die Pflege und das Reiten von Pferden notwendig ist. Der assoziative Aufbau – bzw. wie Camerarius' Schüler Johann Fayser schreibt: die "verwirte[r] ordnung"[158] – mag dabei der Entstehungssituation des "Hippocomicus" geschuldet sein: Nach eigener Aussage im Widmungsbrief an Georg von Loxan verfasste Camerarius die Schrift während einer schweren Krankheit.[159] Camerarius legt großen Wert auf den Dialog zwischen antiken und zeitgenössischen Gebräuchen bei der Pflege von Pferden, wie er zu Beginn der Schrift selbst aussagt; er scheut sich aber auch nicht, seine eigene Erfahrung mit einzubringen.[160] Einem Hinweis auf Xenophons oder Aristoteles' Meinung zu einem Punkt folgt in der Regel mit adversativer Verknüpfung eine Ausführung darüber, wie das Thema zu Camerarius' Zeit betrachtet wird und inwiefern die Gebräuche übereinstimmen bzw. sich unterscheiden, oder Camerarius' persönliche Meinung und Erfahrung. So empfiehlt er bei gewissen Krankheiten auch für Pferde den Aderlass, mit dem Hinweis, dass man dies in der Antike völlig anders sah.[161]

Außerdem ist Camerarius auch im "Hippocomicus" die Terminologie äußerst wichtig. Insbesondere in der um 10 Druckseiten erweiterten zweiten Auflage im Rahmen des Bandes von 1556 führt er auch lateinisches und griechisches, zuweilen auch deutsches Fachvokabular ein.[162] Hier mag wie auch beim Glossar Iulius Pollux als Quelle für manchen griechischen Begriff gedient haben. Nicht nur die terminologischen und diejenigen Abschnitte, in denen Camerarius antike Autoritäten anführt, sondern auch seine sonstigen Anweisungen und Hinweise zur Pferdepflege untermauert er mit Exempla aus der antiken Literatur. Auch hier ist die zweite Auflage wesentlich reicher als die erste. Außerdem zeigt sie Spuren einer grundlegenden stilistischen Überarbeitung: Immer wieder finden sich Stellen, an denen Camerarius ein Verb gegen ein anderes oder mittellateinischen Wortschatz durch klassischen ausgetauscht, grammatische Bezüge geklärt und schwer verständliche Stellen geglättet hat.
Komplett neu ist neben dem erwähnten terminologischen Absatz auch ein sich über zwei Seiten erstreckendes Plädoyer für eine "humane" Behandlung von Pferden und allem, was anima und vita besitze;[163] die Frage, inwiefern Pferde Verstand (intelligentia) besitzen, hatte er schon in der ersten Auflage kurz behandelt (↓ Anima pro sale – Seele und Verstand im Tier).[164] Außerdem enthält die zweite Auflage im veterinärmedizinischen Teil einige neue Rezepturen und Methoden zur Heilung von Pferdekrankheiten, von denen manche auf Camerarius' eigene Erfahrung zurückgehen dürften.[165] Darunter findet sich auch ein ganz neuer Abschnitt zur Magie in der Pferdemedizin; dieser steht Camerarius trotz ihrer weiten Verbreitung höchst ablehnend gegenüber,[166] was sich auch mit seinem Urteil über Magie in dem postum veröffentlichten Werk "De generibus divinationum" deckt.[167]

(Alexander Hubert)

"Allerzierlichst Kunst und Maisterstuck" – Die Nachwirkung des "Hippocomicus"

Nun ist der "Hippocomicus" unabhängig von Camerarius' philologischem Interesse immer noch auch ein frühes Reitlehrbuch, wenn auch meist Federico Grisones "Gli ordini di cavalcare" (gedruckt 1550) als "erste theoretische Abhandlung zur Reitlehre der Neuzeit"[168] bezeichnet wird. Zwar bilden Haltung und Pflege von Pferden den Kern des Werks, doch werden auch Themen wie der Aufstieg auf das Pferd oder die Haltung der Zügel angesprochen. Aus der Eigenschaft als Reit- oder Pferdelehrbuch ergeben sich gewisse Schwierigkeiten: So schreibt Camerarius selbst im Widmungsbrief des Xenophonbandes von 1556 an Florian Griespek von Griespach, manche Leute hätten sich über ihn lustig gemacht, da er ein solches Werk verfasst habe.[169] Der Wortlaut lässt vermuten, dass Camerarius sich den Vorwurf der Trivialität gefallen lassen musste; einen Vorwurf, der spätere Lehrbücher, die tatsächlich die praktische Tätigkeit des Reitens – und nicht die Pflege der Pferde – in den Vordergrund stellten, sich noch viel mehr zuzogen. Schließlich waren die in ihnen enthaltenen Fähigkeiten zuvor über Jahrhunderte hinweg erfolgreich praktisch vermittelt worden, ohne auf theoretische Abhandlungen zurückgreifen zu müssen.[170]
Außerdem lässt der Widmungsbrief an Griespach vermuten, dass man Camerarius auch mangelnde Erfahrung in der Sache vorwarf. Es mangelte ihm freilich nicht an praktischer Reiterfahrung, doch als Gelehrter war er weder Reitlehrer noch Ritter und hatte mit Pferden eher im täglichen Gebrauch als professionell zu tun. Camerarius antwortet auf diesen Vorwurf, dass er schließlich nie behauptet habe, professionelle Erfahrung mit Pferden zu haben, dass es aber üblich sei, auch ohne praktische Erfahrung in einer Sache ebendiese Sache zu lehren.[171]

Möglicherweise zweifelte auch der Widmungsempfänger Georg von Loxan zunächst an Camerarius' Qualifikation oder hielt das Thema für unangemessen. Neben dem am 18.03.1539 verfassten Widmungsbrief an diesen ist ein zweiter, in Versen gehaltener Brief an denselben Adressaten von 1540 erhalten. Darin empfiehlt sich Camerarius erneut und weist darauf hin, dass er bereits vor längerer Zeit einen Brief in Prosa – den Widmungsbrief des Druckes "De tractandis equis" – an Loxan geschrieben habe, den "andere vor Loxan gelesen" hätten.[172] Dies spricht dafür, dass das vorliegende Briefgedicht zu einem Zeitpunkt entstand, als der Druck bereits herausgekommen war. Im Folgenden heißt es nun, Camerarius habe dafür gesorgt, dass Loxan das Werk von ihm persönlich erhalte, um die Hoffnung zu haben, dass auch dieser den Brief gesehen habe; weiterhin habe er dem Druck Verse beigegeben. Dies wird so zu verstehen sein, dass Camerarius einige Zeit nach dem Druck von "De tractandis equis" das Briefgedicht von 1540 verfasste und mitsamt einer Ausgabe an Loxan schickte, nachdem dieser von selbst keine Reaktion auf die Widmung gezeigt hatte.[173] Gleichzeitig stellt Camerarius auch klar, dass es nicht seine Absicht war, Loxan mit dem trivialen Thema zu beleidigen: Im letzten Viertel schreibt er, er habe nicht vorgehabt, Loxan Dinge beizubringen, die dieser bereits beherrsche; stattdessen wolle er durch die Widmung den reiterfahrenen Loxan als Kritiker ansprechen und hoffe, seine Schrift könne diesen überzeugen.[174] Er hatte also offenbar auch selbst die Befürchtung, seine Schrift und Widmung könnten falsch verstanden worden sein; dies zeigt sich im Übrigen auch bereits am ersten Brief, in dem Camerarius klarstellt, dass die Widmung die Idee des Johann Ludwig Brassicanus war, der sich für Loxans Wohlwollen verbürgt habe.[175]

Das nochmalige Werben um Loxans Gunst zeigte aber offenbar Erfolg: Im Widmungsbrief des Xenophonbandes von 1556 an Florian Griespek von Griespach schreibt Camerarius, er habe Loxan einige Zeit nach der Widmung getroffen (wohl auf dem Regensburger Reichstag von 1541), der sich sehr über Camerarius' Gunsterweisung gefreut und ihn für seine Sachkenntnis gelobt habe.[176] Auch ansonsten hatte der "Hippocomicus" wohl einen gewissen Erfolg, wie etwa Camerarius' Eintrag in der "Biografia universale antica e moderna" von 1823 bezeugt.[177] Melanchthon schreibt am 05.04.1539 an Camerarius, das Werk mache ihm Vergnügen,[178] und schickt am selben Tag eine Ausgabe an Jakob Milich[179]. Selbst der Widmungsempfänger der "Ἱππαρχικός"-Übersetzung Christoph von Karlowitz, der im dortigen Widmungsbrief als Experte auf dem Gebiet des Reitens angesprochen wird, hatte laut ebendiesem Brief die Kombination von "Hippocomicus" und "De re equestri" gutgeheißen und ausgesagt, er habe daraus lernen können.[180]
Camerarius' Schüler Johann Fayser nennt, als er 1570 Federico Grisones "Gli ordini di cavalcare" (1550) ins Deutsche übersetzt, in der Vorrede Camerarius und den "Hippocomicus" als Vorbild und bezeichnet das Werk als "allerzierlichst Kunst und Maisterstuck".[181] Und auch in seiner 1576 gedruckten "Hippiatria" nennt Fayser Camerarius als Quelle und Vorbild.[182] Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Camerarius ausgerechnet in einer hippiatrischen Schrift als Quelle angegeben wird, wo er doch im "Hippocomicus" selbst schreibt, er habe kein medizinisches Werk verfassen wollen; den medizinische Teil des "Hippocomicus" sah er selbst offenbar eher als ausführlichen Exkurs.[183] Camerarius' gleichnamiger Sohn nennt den "Hippocomicus" explizit ein Ergebnis von dessen Affinität zu Pferden, für die Camerarius offenbar auch von fürstlicher Seite gelobt wurde.[184] Außerdem wurde Camerarius auch in England und Frankreich gelesen: Gervase Markham bezieht sich in seinem "Maister-Peece" von 1610 explizit auf ihn;[185] Jacques-Auguste de Thou nennt Camerarius in seinen "Historiae" einen erfahrenen Reiter, der seiner Übersetzung von Xenophons "Περὶ ἱππικῆς" neben den Annotationen auch einen eigenen Kommentar (peculiaris commentarius) beigegeben habe.[186] Mit letzterem wird wiederum der "Hippocomicus" gemeint sein. Auch der Spanier Pedro Fernández de Andrada bezieht sich in seinem Werk "Libro de la Gineta de España" auf Camerarius.[187]

(Alexander Hubert)

Übersetzungen und Kommentar

Beiden Übersetzungen hippologischen Inhalts, die Camerarius anfertigte, lagen offenbar stark verderbte Kodices zugrunde. So äußert sich Camerarius gegenüber Loxan, die Übersetzung von "De re equestri" sei nicht einfach gewesen; dies liege einerseits an den zahlreichen Fehlern im Textzeugen, andererseits aber auch daran, dass sich bei solch einem speziellen Thema die antiken Gebräuche von den zeitgenössischen recht stark unterschieden.[188] Zudem bemerkt Camerarius bescheiden, er müsse seinen Mangel an ingenium durch diligentia ausgleichen.[189] Doch auch wenn manche Stellen seiner Übersetzung eher richtig geraten als gewusst seien, sei er zuversichtlich, dass diese doch inhaltlich gelungen sei.[190] Allerdings sei der Versuch, den reinen attischen Stil Xenophons in eine andere Sprache zu übertragen, im Prinzip von vornherein zum Scheitern verurteilt; so erwarte auch Camerarius nicht, dass ihm dies gelungen sei, auch wenn seine Übersetzung sicher besser sei als die vieler anderer.[191]

In der Widmung von "De praefectura" an Christoph von Karlowitz dagegen zeigt sich Camerarius beruhigt bis positiv: Bezüglich der Brauchbarkeit seiner Übersetzung sei er zuversichtlich; wenn manchem seine Formulierungen nicht gefielen, sei das nur natürlich, ihm selbst gehe es oft umgekehrt ebenso. Auch hier fügt Camerarius wieder eine kleine Spitze gegen die Konkurrenz ein: Wenn er an seiner Übersetzung zweifle, blicke er auf die Übersetzungen anderer und fühle sich sofort besser. Doch bei aller Selbstsicherheit im Widmungsbrief gibt Camerarius dem Xenophonband von 1543 doch einen erklärenden Kommentar bei. Als Grund dafür nennt er im Vorwort des Kommentars neben der Aufforderung durch Freunde die Verderbtheit des Textes, die ihn gezwungen habe, mehr zu raten als zu übersetzen.[192]
Die nur fünf Seiten umfassenden Annotationen zu "De praefectura" erfüllen dabei drei Aufgaben: Erstens handelt es sich bei ihnen um einen kurzen Sachkommentar, der Begriffe wie etwa den der "Herme" (von Camerarius übersetzt als "Mercuriale") erläutert;[193] zweitens verweisen sie auf Parallelstellen, etwa in Xenophons "Kyrupädie".[194] Schließlich dienen sie der Rechtfertigung von Camerarius' Übersetzung: Camerarius erläutert Wörter mit komplexer Bedeutung ausführlicher, als dies in der Übersetzung möglich ist,[195] und zeigt auf, welche anderen Übersetzungsmöglichkeiten es für ein griechisches Wort gibt und welchen Hintergrund seine spezifische Entscheidung besitzt.[196]

(Alexander Hubert)

Die "Decuriae"

Zwanzig Jahre nach Camerarius' Tod brachten seine Söhne Joachim und Philipp 1594 eine thematisch gemischte Sammlung von Disputationsfragen in 21 Gruppen zu je 10 (Decurien) unter dem Titel "Decuriae συμμίκτων προβλημάτων" heraus. Zwei Jahre später erschien zu diesem Band eine thematisch geordnete Appendix mit weiteren Fragen. Die Veröffentlichung der problemata plante Camerarius offenbar schon 1538: Ein am 26. November dieses Jahres ausgestelltes Privileg König Ferdinands für Camerarius führt neben zahlreichen anderen Werken auch libri problematum auf.[197]

Camerarius' Fokus liegt dabei auf etymologischen, mythologischen und medizinischen Fragestellungen, doch es finden sich auch einzelne Fragen, die (auch) der Naturkunde zuzuordnen sind. Dazu gehören die erwähnten Fragen zur Herkunft des Wortes νότος für den Südwind (s.o. ),[198] bei der es freilich mehr um die Etymologie als um den Wind selbst geht, oder zum Verhalten von Pferden bei Regen (s.o.).[199] Ein großer Abschnitt widmet sich Vernunft und Intelligenz bei Tieren (s.u.).[200] Außerdem finden sich Fragen wie die Folgenden:

  • Warum kann die Stimme als materielles Phänomen im Gegensatz zum nicht materiellen Licht feste Körper wie Wände durchdringen?[201]
  • Warum werden im Herbst manche Blätter an Bäumen gelb, andere rot?[202]
  • Warum sterben gerade zu dem Zeitpunkt im Jahr, zu dem es viele Vögel gebe und viele geboren würden, besonders viele Schweine?[203]
  • Warum trocknet im Bad trotz der Hitze nasse Kleidung nicht?[204]
  • Warum entsteht bei heftigen Bränden Wind?[205]
  • Warum ist eine Flamme im unteren Bereich bläulich?[206]
  • Warum lässt sich Geschriebenes recht gut lesen, wenn man ein Blatt Papier darüber bewegt, jedoch schlecht, wenn das Papier ruht?[207]
  • Warum riecht nasse Kleidung unangenehm?[208]
  • Warum entsteht eine Funke, wenn man Steine zusammenschlägt?[209]
  • Warum ist die Luft bei Vollmond kälter und kommt bei Neumond Wind auf?[210]

In der Appendix fragt Camerarius etwa nach der Entstehung des Regenbogens.[211]

(Alexander Hubert)

Anima pro sale – Seele und Verstand im Tier

Der Hintergrund

In der zweiten Auflage des "Hippocomicus" plädiert Camerarius für eine gute Behandlung von Pferden: Es gehe nicht an, ein Lebewesen wie einen Gegenstand zu behandeln, den man wegwerfen könne, wenn er kaputt sei. Und gegen eventuelle Einwände fügt er hinzu: Dies sei schon deshalb sinnvoll, um den Umgang mit Menschen zu üben.[212] Auch Jesus Sirach schreibe, ein guter Mensch kümmere sich auch um seine Nutztiere.[213] Wenige Seiten später wirft er (auch bereits in der ersten Auflage) die Frage auf, ob Pferde im Speziellen und Tiere im Allgemeinen über Verstand (intelligentia) verfügen.[214] Es ist dies eine Frage, die über große Teile von Camerarius' Werk hinweg immer wieder auftaucht; seine Antwort fällt mal mehr, mal weniger explizit aus.

Bereits 1527 spricht Camerarius die Frage in einem Brief an Daniel Stiebar von Rabeneck (dat. 01.08.1527) an, in dem es um Buch III von Ciceros "De officiis" geht: Er argumentiert darin, dass die Erkenntnis der göttlichen Wahrheit nicht allein durch Vernunft gelinge, dass diese jedoch für die Belange des irdischen Lebens unerlässlich sei. Wer das bestreite, nehme den Menschen aus dem Menschen heraus (tollunt hominem ex homine, nach Cic. off. III, 26) und hinterlasse ein Lebewesen ohne Verstand (ζῶον ἄλογον), also ein Tier.[215] Hier ist also die Vernunft (ratio) das wesentliche, was den Menschen vom bloßen Lebewesen (als "lebendes Wesen" ζῶον) zum Menschen macht und ihn von den Tieren unterscheidet, die zwar auch lebendig (ζῶα) sind, aber ohne Vernunft.
Dieselbe Vorstellung kommt auch in Camerarius' zwei Einleitungen zu seiner Edition von Aristoteles' "Nikomachischer Ethik" zum Tragen, die erst postum 1578 veröffentlicht wurde: In der ersten Vorrede schreibt er, der Mensch unterscheide sich dadurch vom Tier, dass bei ihm die Vernunft (ratio) dem unvernünftigen Teil der Seele (ἄλογον) vorangestellt sei.[216] Im zweiten Vorwort wird dieser Gedanke wiederholt. Außerdem erscheint dort die Sprache als Dolmetscher der Vernunft.[217] Auch ein weiteres postum gedrucktes Werk mit dem Titel "Παραινέσεις siue admonitiones" nennt die Vernunft als das unterscheidende Kriterium zwischen Mensch und Tier und folgert daraus ihren besonderen Wert.[218]

Diese Vorstellung ist keineswegs neu, vielmehr entspricht sie dem aristotelischen und teils auch dem stoischen Bild.[219] Die Existenz einer Seele bei Tieren (und im Übrigen auch bei Pflanzen) wurde auch im Mittelalter nicht bestritten, da nach Aristoteles der Besitz einer Seele die Voraussetzung zum Leben überhaupt war.[220] Vielmehr geht es um die Frage, auf welche Weise sich tierische und menschliche Seele unterscheiden und inwiefern Abstufungen zwischen Mensch, Tier und Pflanze vorliegen. Hier wurden grundsätzlich drei Stufen sowie entsprechend drei Teile der Seele unterschieden. Diese Einteilung der Seele findet sich so auch in Philipp Melanchthons Werk "De anima" sowie bei Konrad Geßner oder Johann Amos Comenius:[221] Die vegetative Seele (anima vegetativa), die für elementare lebenserhaltende Funktionen zuständig ist, haben Pflanzen ebenso wie Tiere und Menschen. Doch anders als Pflanzen zeichnen sich Tier und Mensch zudem durch eine sinnliche Seele (anima sensitiva) aus;[222] diese ist für sensuelle Wahrnehmung und deren Verarbeitung zuständig. Der Mensch hebt sich schließlich vom Tier wiederum durch eine rationale Seele (anima rationalis, anima intellectiva) ab.
Die Frage, ob die drei Seelenteile (gradus) drei verschiedenen Seelen entsprechen, ob also Pflanzen eine, Tiere zwei und Menschen drei Seelen haben, oder ob jedes Lebewesen nur eine Seele hat, die aber verschiedene Fähigkeiten besitzt, wird verschieden beantwortet: Melanchthon zeigt sich in der ersten Auflage von "De anima" von 1540 noch offen für beide Ansichten;[223] in der überarbeiteten Fassung von 1553 nennt er die zweite Version als die einzig zulässige: Jedes Lebewesen hat eine Seele, doch die Seele der Tiere ist weiter entwickelt als die der Pflanzen, und die der Menschen weiter als die der Tiere.[224]

Den drei Teilen der Seele stehen fünf Vermögen (potentiae) der Seele gegenüber, die deren Aufgabenbereiche genauer fassen: Melanchthon bezeichnet sie als potentia vegetativa, sentiens, appetitiva, motiva secundum locum oder loco motiva und intellectiva.[225] Potentia vegetativa bezeichnet hierbei wieder die lebenserhaltenden Funktionen, wie alle Lebewesen sie haben: Melanchthon zählt hierzu Ernährung (nutrire), Wachstum (augere) und Fortpflanzungsfähigkeit (gignere).[226] Die potentia sentiens bezieht sich auf Sinne (sensus) und Wahrnehmung (cognitio) von Tier und Mensch und ist beim Menschen die Voraussetzung für die potentia intellectiva, weil nur durch die Sinne die Welt mit dem Verstand in Wechselwirkung treten kann. Zu beachten ist dabei, dass unter die Sinne nicht nur die fünf Sinne nach modernem Verständnis fallen (sensus exteriores), sondern auch die "inneren Sinne" (sensus interiores) wie der sensus communis, der Sinneseindrücke entgegennimmt, die cogitatio, die Sinneseindrücke verarbeitet, und das Gedächtnis (memoria), das sie speichert.[227] Mit potentia appetitiva ist das Vermögen von Mensch und Tier gemeint, etwas zu erstreben oder zu meiden,[228] potentia loco motiva oder motiva secundum locum bezeichnet die Fähigkeit zur Bewegung, wie sie Mensch und Tier besitzen.[229] Die potentia intellectiva oder rationalis schließlich ist bei Melanchthon das, was den Menschen auszeichnet: Sie besteht aus Intellekt (intellectus) und Wille (voluntas).[230] Ersterer ist die Geisteskraft, die erkennt, sich (aktiv) erinnert, Urteile fällt und kalkuliert; außerdem hat sie eine gewisse angeborene Veranlagung zu den artes sowie die Fähigkeit des Bewusstseins: sie vermag sich selbst zu erkennen und zu beurteilen.[231] Den Willen dagegen definiert Melanchthon als die Kraft, die sich (im Gegensatz zur potentia appetitiva) frei dafür entscheiden kann, nach etwas zu streben oder es nicht zu tun, nachdem der Intellekt ihr dazu die Gelegenheit gibt; die Entscheidung kann auch aufgeschoben werden. Dabei erstrebe der Wille immer das Gute oder das, was gut scheine, und vermeide das tatsächlich oder dem Anschein nach Schlechte.[232]
Die fünf potentiae animae lösen auch das Problem, das sich aus der Frage ergibt, ob der Mensch drei Seelen oder nur eine besitzt: In der überarbeiteten Version von "De anima" ordnet Melanchthon die potentiae den gradus zu: So gehört die potentia vegetativa zur anima vegetativa, die potentia appetitiva und potentia movendi secundum locum sind ebenso wie die potentia sentiens der anima sensitiva zugeordnet; diese umfasst aber eben auch die potentia vegetativa. Ebenso umfasst die anima rationalis des Menschen nicht nur die potentia rationalis, sondern auch die anderen vier potentiae. Die drei Seelenteile sind also zumindest nach Melanchthons späterer Auffassung nicht komplementär, sondern als Teilmengen voneinander zu verstehen. Der Mensch wird mithin aufgefasst als "'animal[s] plus x ' with 'x' being the faculties of intellect and reason".[233]

Dem entspricht Camerarius' Aussage in den erwähnten "Παραινέσεις", wo er die Lebenskraft (vita) des Menschen als im Vergleich zu der der anderen Lebewesen als erhöht bezeichnet.[234]

Die Fragestellung

Camerarius war also insofern wenig innovativ, als er die Dreigliederung der Seele oder zumindest die Abstufung von Mensch und Tier grundsätzlich übernimmt. Wenn man allerdings den Menschen als "Tier plus x" annimmt, stellt sich im nächsten Schritt die Frage, worin denn "x" nun genau besteht und inwieweit Tiere noch zu rationalen Denkmustern in der Lage sind.[235] Wo genau verläuft die Grenze zwischen anima sensitiva und anima rationalis?[236] Oder, als Frage nach den potentiae formuliert: Wie unterscheiden sich Sinn (potentia sentiens) und Intellekt (intellectus)? Und was ist der Unterschied zwischen Trieb (potentia appetitiva) und dem Willen (voluntas) als Teil der potentia intellectiva? Melanchthon gibt auf die erste Frage eine klare Antwort:

  1. Der Sinn erkennt nur einzelne Gegenstände; dagegen fehlt ihm die Fähigkeit, allgemeine Konzepte zu bilden.[237]
  2. Der Sinn hat im Gegensatz zum Intellekt kein angeborenes Wissen, wie Melanchthon es der potentia intellectiva zugesprochen hatte.[238]
  3. Der Sinn hat kein Bewusstsein: Er erkennt sich nicht selbst und kann sich nicht selbst beurteilen.[239]

Die zweite Frage nach dem Unterschied von Trieb und Wille beantwortet er mit dem Verweis auf Scipios Stärke, wenn dieser sich mit seinem Willen dem natürlichen Trieb widersetzt und etwa trotz Durstes bei Fieber nicht trinken will.[240]

Ein relativ kurzer Abschnitt in Camerarius' "Προσθήκη" zu Manuel Philes' "De animalium proprietate" macht deutlich, dass es auch ihm um ebendiese Frage nach der Abgrenzung von Sinn und Intellekt geht: In einem Absatz, der Gänse und Schweine behandelt (Περὶ χηνῶν καὶ ὑῶν bzw. in Gregor Bersmans Übersetzung De Anseribus et Suibus), heißt es, beim Anblick dieser Tiere könne man auf den Gedanken kommen, sie seien bloß ein Haufen Fleisch, dem jemand zur Konservierung eine Seele (anima) statt Salz hinzugefügt habe (wie Chrysipp meinte[241]); dieser Gedanke täusche aber, da auch gewisse mentale Kapazitäten vorhanden seien.[242] Der Besitz einer Seele steht laut Camerarius also nicht zur Debatte: Vielmehr geht es darum, ob Tiere nur die Seele in ihrer "Grundausstattung" haben oder vielleicht noch etwas mehr.[243] Als Argument dafür, dass der Eindruck, Schweine und Gänse seien nur Fleisch mit Seele, täuscht, führt er an, dass selbst Wölfe und Elefanten vor einer Herde Schweine Respekt haben, wenn diese vereint ist (τόσσον πάρεστι θάρσος ὁμονοητικόν),[244] und dass Gänse dank einer Form von Kommunikation und einem gewissen Verständnis in der Lage seien, sich einerseits zum Marsch hintereinander einzureihen (κατὰ στίχους ἰέναι / agmen agere), andererseits auf der Flucht nebeneinander wie in Schlachtformation (ὡς ἀπὸ συντάγματος / tanquam in acie) zu fliegen.[245]

Camerarius' Antwort

Ausführlicher wird Camerarius im "Hippocomicus": Wenn er schreibt, im besten Fall fühle das Pferd, dass es geliebt werde und liebe selbst seinen Herrn,[246] spricht er ihm insbesondere beide Fähigkeiten (das Lieben und das Fühlen) zu. Dies führt ihn zur oben erwähnten Explizierung der Frage nach intelligentia bzw. ratio. Er verweist darauf, dass bereits Plutarch sich dazu geäußert habe, in humorvoller Weise freilich, doch so, dass man glauben könne, er glaube, was er schreibe.[247] Camerarius wolle sich dagegen nicht allzu weit in die Frage vertiefen; doch es sei unbestreitbar, dass Tiere sich reizen und besänftigen, vertreiben und locken ließen und somit fühlen (sentire) und mithin (in gewissem Maße) verstehen ((quodam modo) intelligere).[248] Ein weiteres Beispiel, das er in der ersten Auflage den Stoikern (Stoici), in der zweiten den Akademikern (Academici) zuschreibt, soll die Fähigkeit von Hunden zu logischen Schlussfolgerungen beweisen: Komme ein Hund, der ein Tier verfolge, an eine Wegkreuzung, schnüffele er nur an zweien der ausgehenden Wege; wenn er die Spur des Tieres dort nicht wahrnehme, folge er direkt dem dritten Weg, ohne diesen vorher zu testen.[249] Camerarius verwirft dieses Argument (wie auch Plutarch) und schreibt das Geschehen eher dem Spürsinn des Hundes (sagacitas) zu als seinen logischen Fähigkeiten.

Dafür erkennt Camerarius die Autorität Homers an, der Pferden nicht nur intelligentia, sondern gar eine göttliche intelligentia zuschreibe, etwa wenn er sie trauern lasse, wenn sie untätig eingesperrt seien und wenn Patroklos sterbe, oder wenn Achills Pferde diesem die Zukunft voraussagten.[250] Er führt auch die zahlreichen Berichte über Bukephalos an, das Pferd Alexanders des Großen, der nur Alexander habe auf seinem Rücken sitzen lassen und der bei seinem Tod erst bereit war zu sterben, als er Alexander aus dem Kampfgetümmel herausgetragen habe.[251] Bekannt sei auch, dass Pferde, sofern sie nicht von Krankheit oder Tollwut in den Wahn getrieben seien, selten Menschen angriffen, insbesondere Alte und Frauen.[252] Dass es aber auch unter den Pferden solche mit bösem Willen (maliciosi et nocentes) gebe, führt er als Erklärung für die Erzählungen über die fleischfressenden Pferde des Dakerkönigs Diomedes an.[253] Camerarius' Schluss ist diplomatisch: Er wolle keine definitive Aussage treffen, doch manche Verhaltensweisen der Pferde seien ohne einen gewissen Verstand nur schwer erklärbar.[254] In der zweiten Auflage fügt Camerarius außerdem hinzu, er behaupte ja nicht, dass dieser Verstand ein menschlicher sei; doch es gebe gewiss irgendeine andere, eigene Form von Verstand.[255]

Ähnlich ausführlich, aber auch ähnlich zurückhaltend und diplomatisch äußert sich Camerarius in den oben erwähnten "Decuriae": Die achte Frage der elften Dekade widmet sich der Frage nach dem Verstand der Tiere. Denn man nehme allgemein an, dass Tiere untereinander kommunizieren können. Wenn dies aber der Fall sei, könnten sie dann wirklich ganz ohne Verstand sein?[256] Dabei erfolgt auch wieder ein Verweis auf Plutarch. Weiterhin stellt Camerarius die Frage nach der Art und Weise der Kommunikation bei Tieren: durch Geräusche wie beim Menschen oder durch Gesten, oder (vermutlich) beides?[257]
Die Tatsache aber, dass eine solche grundsätzlich erfolge, bewiesen nicht nur Erzählungen aus der Antike, sondern auch das, was ein Bekannter des Camerarius erlebt habe: Dieser habe ein Landgut (praedium quoddam rusticum sub urbe) gekauft, das er ob dessen schlechten Zustandes renovieren wollte. Dabei sollte auch ein Getreidespeicher eingerissen und neu errichtet werden, auf dem Störche ihr Nest gebaut hatten.[258] Diese gelten aber als nützlich, da sie den Ort, an dem sie ihr Nest gebaut haben, eifrig schützen und daher Giftiges in der Umgebung fressen und auch ein Gespür für Brände und Einsturzgefahr haben.[259] Gleichsam als Miete für den Hausbesitzer (und nicht aus Grausamkeit) stießen sie aber stets eines ihrer Küken aus dem Nest.[260] Da der neue Besitzer des Gutes die Vögel also nicht verjagen wollte, ließ er den Teil des Speichers, auf dem das Nest gebaut war, zuletzt einreißen, und ließ zugleich auf dem ersten Teil des neuen Speichers ein neues Nest bauen, in das er die Küken hinübertrug. Die Eltern folgten aber nicht, sondern entfernten sich; erst nach etwa zwei Stunden seien sie zusammen mit über 60 anderen Störchen zurückgekommen und hätten das Nest umflogen. Dann setzten sich die Tiere auf die Wiese wie zur Beratung zusammen (quasi consilium haberent, 171). Schließlich hätten sie alle gemeinsam auch das zweite Nest umkreist, und nach kurzer weiterer "Beratung" seien alle bis auf die Eltern fortgeflogen; diese hätten dann das neue Nest mit den Jungen bezogen.[261]
Weiterhin habe Camerarius eine Geschichte über Gänse gehört: Ein Passant hatte auf einem Haferfeld zwei Gänse fressen sehen. Er vertrieb sie und verständigte den Besitzer und mahnte diesen, er solle besser auf das Feld achten. Am Folgetag seien beide zusammen zum Feld zurückgekommen und die beiden Gänse seien wieder dort gewesen; sie seien aber sofort von selbst zu ihrer Gruppe zurückgekehrt. Doch als die beiden Männer sich am Zaun zu schaffen machten, sei schließlich die ganze Schar wie auf einen Ruf hin auf das Feld geflogen.[262] Außerdem berichtet Camerarius, an der Ostsee hatten die Fischer Fische, mit denen sie vertrauter seien (pisces familiares); sie fütterten diese, und die Fische lockten dafür andere Fische in deren Netze. Auf den Fang eines solchen 'privaten' Fisches aber stehe eine Strafe.[263]
Zuletzt folgen noch zwei weitere Berichte zu Störchen: Ein Storchenweibchen, das seinen Partner mit einem anderen Männchen betrog, wusch sich jedes Mal, noch bevor ihr Partner zurückkam, im Teich, um den Geruch des fremdem Männchens loszuwerden. Als ihr dies einmal zeitlich nicht gelang, habe ihr Partner das Weibchen angegriffen und getötet.[264]
Schließlich sei 1355 ein großer Storchenschwarm nach Creuzburg (an der Werra) gekommen.[265] Zwei Tage hätten die Vögel auf allen Dächern und Mauern gesessen, dann seien sie auf die andere Seite des Flusses geflogen und hätten sich dort auf einer Wiese niedergelassen wie ein Heer, wenn es sich versammle.[266] Plötzlich seien alle Tiere gemeinsam auf drei einzelne losgeflogen und hätten diese getötet; deren Kadaver seien später von Kindern in die Stadt gebracht worden.[267]

Camerarius' Schlussfolgerung ist dieselbe wie im "Hippocomicus": Er scheint sich sicher zu sein, dass Tieren eine Art von Verstand innewohnt, ist dabei aber überaus vorsichtig und darauf bedacht, es nicht so klingen zu lassen, als sei dieser dem des Menschen vergleichbar. Da Tiere nicht sprechen können und Sprache der Dolmetscher des Denkens sei, müsse man annehmen, sie hätten gar keinen Verstand.[268] Doch etwas müsse es doch in ihnen geben, und zwar etwas, das so grundlegend sei, dass ohne es auch der Mensch nicht vernunftbegabt sein könnte. Camerarius identifiziert diese grundlegende, primitive Art der Vernunft mit den Begriffen φαντασία und μνήμη bei Aristoteles, also nach seiner Interpretation Vorstellungsgabe und Gedächtnis.[269]

(Alexander Hubert)

Anmerkungen

  1. Die Nachtigall war in der Dichtung allerdings immer ein häufig gepriesener Vogel. Vgl. Chandler 1934 sowie Schnoor 2017, 85-128, hier zu zwei Nachtigallenepitaphien aus dem Italien des 16. Jahrhunderts ganz besonders 113f.
  2. [Ἐ]ν ... ἀλυσίοις ἀγροῖς ποτᾶται mit Fehler im Druck.
  3. Vgl. Hessus, Epicedia, 1531, Bl. F8r.
  4. Plin. nat. X, 81.
  5. Alkuin, De Luscinia. Hier wird die Nachtigall gepriesen, weil sie unaufhörlich Gottes Lob singe, eine Komponente, die bei Camerarius keine Rolle spielt.
  6. Vgl. Geßner, Historiae animalium liber III., 1555, 569, u.a. mit Verweis auf Erasmus von Rotterdam. Laut Geßner leiten manche den griechischen Namen der Nachtigall (ἀηδών) von ἀεί (immer) und ᾄδειν (singen) her (vgl. ebd., 572, Z. 44f.).
  7. Plin. nat. X, 83; wenngleich bei Plinius die Nachtigall im Gesangswettbewerb erstickt (victa morte finit saepe vitam spiritu prius deficiente quam cantu), während sie bei Camerarius verhungert (ἀσιτίῃ τέθνακε).
  8. Vgl. Mart. VII, 87, 8.
  9. Von Telesilla, die im fünften Jahrhundert v.Chr. in Argos lebte, sind nur wenige Fragmente erhalten. Vgl. KlP Bd. 5, Sp. 571.
  10. Dass Camerarius Martial gut genug kannte, um ihn zitieren zu können, belegen Briefe an Stiebar von 1530, Baumgartner von 1548 und Crato von 1561.
  11. Met. VI, 412-674.
  12. Vgl. Chandler 1934, 78-81. Varro schreibt, die Nachtigall (lusciniola) habe ihren Namen daher, dass sie traurig (luctuose) singe und weil sie die trauernde Procne sei (Varro, l.l. I, 11). Zur trauernden Nachtigall als philomela vgl. auch Verg. georg. IV, 511ff. Auch Konrad Geßner erwähnt, die Nachtigall werde zeitgenössisch häufig auch philomela genannt (vgl. Geßner, Historiae animalium liber III., 1555, 569).
  13. Vgl. Hessus, Epicedia, 1531, Bl. F8r/v.
  14. Die Wortwahl Passer nequam ... pipilat Catulli deutet ganz besonders auf Cat. 3, 10 hin: ad solam dominam usque pipiabat.
  15. Ov. Am. II, 6.
  16. Mart. I, 7.
  17. Colle sub Elysio nigra nemus ilice frondet, / udaque perpetuo gramine terra viret. / Siqua fides dubiis, volucrum locus ille piarum / dicitur, obscenae quo prohibentur aves. / Illic innocui late pascuntur olores / et vivax phoenix, unica semper avis; / explicat ipsa suas ales Iunonia pinnas, / oscula dat cupido blanda columba mari. / Psittacus has inter nemorali sede receptus / convertit volucres in sua verba pias (Ov., Am. II, 6, 49ff.).
  18. Vgl. etwa Mart. V, 59 und VIII, 78.
  19. Stat. sil. I, 2.
  20. Vgl. Hessus, Epicedia, 1531, Bl. F7v.
  21. Vgl. Schultheiß 2020, 172-174.
  22. Vgl. AP VII, 189; 190; 192-195; 197; 198. In 7,190 wird auch das Grabmal selbst thematisiert. Vgl. auch Schultheiß 2020, 173.
  23. Vgl. Stat. sil. II, 4 und AP VI, 205.
  24. Αἰετὸς ἐν πέτρῃσι κύει, τέξει δὲ λέοντα / καρτερὸν ὠμηστήν· πολλῶν δ᾽ ὑπὸ γούνατα λύσει. / ταῦτά νυν εὖ φράζεσθε, Κορίνθιοι, οἳ περὶ καλήν / Πειρήνην οἰκεῖτε καὶ ὀφρυόεντα Κόρινθον (Hdt. V, 92B, 3).
  25. Vgl. Camerarius, Ἐπιγράμματα, 1538, 154.
  26. Eine moderne Edition des Gedichts findet sich in Fuchs 2008, 219.
  27. Me iussere Duces fallacem pingere Hyaenam / Et monstri speciem proposuere mihi (Universität Wittenberg, Scripta publice proposita, 1559, Bl. F2v). Die häufige Interpretation, wonach Melanchthon die Hyäne schmücken (pingere) sollte, die die Fürsten vor ihm hinstellten (proposuere) (so etwa Scheible 2016, 162 und in Anlehnung daran Fuchs 2008, 220f., vgl. dort auch 227, Anm. 299), scheint sprachlich kritisch. Eher wird der Passus so zu verstehen sein, dass Melanchthon eine Hyäne künstlerisch entwerfen sollte und die Fürsten ihm dazu ein Muster vorgaben. Auch Vers 11f. (aio / Iratus pingi non bene posse pedes) ergibt mehr Sinn, wenn man Melanchthon so versteht, dass er die Füße des Tieres nicht darstellen (statt schmücken) kann. Die Interpretation, wonach Melanchthon berichtet, dass die Fürsten, denen er von seinem Traum erzählt hatte, ihn zwangen, diesen aufzuzeichnen, widerlegt Fuchs treffend, vgl. Fuchs 2008, 227, Anm. 299.
  28. Tetra erat ex variis moles confusa figuris (Universität Wittenberg, Scripta publice proposita, 1559, Bl. F3v).
  29. Vgl. Universität Wittenberg, Scripta publice proposita, 1559, Bl. F2v.
  30. Nam non portendunt talia visa nihil (Universität Wittenberg, Scripta publice proposita, 1559, Bl. F3v).
  31. An nunc in manibus quas res, atque acta tenetis, / Credendum est aliquo significare modo? (Universität Wittenberg, Scripta publice proposita, 1559, Bl. F3v).
  32. Vgl. hierzu etwa Scheible 2016, 162 und Fuchs 2008, 219-234.
  33. Vgl. Universität Wittenberg, Scripta publice proposita, 1559, Bl. F2v.
  34. Video in sententiis dicendis de Hyena aliquid fore certaminis: Et nostros arbitror improbaturos totam Hyenam (Brief an Veit Dietrich, dat. 22.06.1541, nach CR IV, 409, Nr. 2274, vgl. auch MBW – Regesten online, Nr. 2733) und Dicendae sunt sententiae de hyaena, hoc est περὶ τοῦ βιβλίου τῶν ψευδῶν διαλλαγῶν. An hyaenam illam recepturi sint nostri? ... quid aliud suspicari possum, quam a Groppero hanc hyaenam ad decipiendos nostros excogitatam esse? (Brief an Wolfgang Musculus, dat. 22.06.1541, nach CR IV, 410, Nr. 2275, vgl. auch MBW – Regesten online, Nr. 2734).
  35. Sunt igitur tres συμμορίαι Pontificia, Evangelica, et haec nova, cui nondum tribuam aliud nomen, quam quod in somnio monstratum est (Brief an Veit Dietrich, dat. 25.06.1541, nach CR IV, 434f., Nr. 2281). Vgl. auch MBW – Regesten online, Nr. 2739.
  36. So Fuchs 2008, 225, Anm. 292.
  37. Vgl. Ov. met. XV, 410.
  38. Tales hyaenae sunt theologi, qui de gravissimis Ecclesiae controversiis pronuntiant ac docent adeo ambigue, ut nescias, utram sententiam, hanc vel illam approbent. Hi quasi utrumque sexum, nunc marem, nunc feminam referunt (CR XIX, 651f.).
  39. Scheible 2016, 162.
  40. Vgl. Fuchs 2008, 221-226.
  41. IN HYAENAM RATISbonensem distichon. Emendare Strophas huius fraudesque libelli / Non multae possunt, una litura potest (Melanchthon, Epigrammata, 1563, Bl. N2v).
  42. So liest Thorsten Fuchs das Distichon, wohl zutreffend (vgl. Fuchs 2008, 225, Anm. 291). Alternativ erscheint die Interpretation möglich, dass das Gedicht direkt auf die Entfernung von Camerarius' Antwort auf Melanchthons Traum Bezug nimmt. Das Buch, das mit einer einzigen litura verbessert wird, wäre dann der Epigrammband selbst. Angesichts der klar philippistischen Haltung des Herausgebers Petrus Vincentius und der großen Entfernung zwischen Distichon und der Stelle, wo in der ersten Auflage Camerarius' Gedicht stand, erscheint diese Interpretation allerdings unwahrscheinlich. Die erste Lesart wird auch von einer gedruckten Marginalie im Epigrammband selbst unterstützt, wonach das Distichon im Jahr 1541 (Anno 1541) entstanden sei und nicht erst 1563 zum Druck des Epigrammbandes.
  43. Vgl. Camerarius, Epistolae Eobani, 1557, Bl. G5v-G7r.
  44. Mitto tibi versus et caetera quae partim apud vos incoavi, partim in itinere dum non habeo cum quo fabuler, commentatus fui (Camerarius, Epistolae Eobani, 1557, Bl. G5v).
  45. Camerarius' Sohn Joachim berichtet in seinem Konzept zu einer Biographie des Camerarius, sein Vater habe seine Studien nie unterbrochen; oft sei er auch zu Pferde geistig tätig gewesen und habe seine Gedanken sogleich danach festgehalten (Nunquam de studiis remisit quicquam ... Vidi illum saepe quae in equo inter proficiscendum vel nocte vigilando ... animo conceperat, statim postea calamo arrepto annotasse (München, BSB, Sign. Clm 10376 Nr. 8, Bl. 17)).
  46. Laus est ista domus foetus hic edere cervas, / Est, scelus et rabiem, laus quoque nolle pati (Camerarius, Epistolae Eobani, 1557, Bl. G6r).
  47. Tum fugere immanem celeri pede vidimus ursum, / Et loca nulla sibi credere tuta satis (Camerarius, Epistolae Eobani, 1557, Bl. G7r).
  48. Βλάψῃ σύας γὰρ οὐδὲ συννόμους λύκος / γρυσμῷ συναθροισθέντας, ἠδὲ συστάτας (Philes, De animalium proprietate, 1575, 184). Eventuell spielt Camerarius mit diesem wiederholten Motiv auf die Türkengefahr an, der die deutschen Fürsten nur vereint begegnen können.
  49. So auch Plin. nat. VIII, 27.
  50. Vgl. Philes, De animalium proprietate, 1575, 186f.
  51. Haec ego de ventis ... concinui tristi fortunae tempore ... Tunc Camerariadem me Norica rura tenebant ... (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 28v). Zwischen 1534 und 1536 verortet auch Ludwig die "Aeolia" ebenso wie die "Phaenomena" und die "Prognostica" (vgl. Ludwig 2003, 105).
  52. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 24r. Zur geplanten Spanienreise vgl. Schmitt 2003, 303-335, hier 318f.
  53. Quam varie ventus commotas incitet auras, / E veterum libris cogere lecta iuvat (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 23v).
  54. Non una ratione vias, loca, nomina, cernes / Ventorum, in veterum commemorata libris (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 24r).
  55. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 24v.
  56. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 24v. Möglicherweise kannte Camerarius diesen aus Varro (In eodem hemisphaerio medio circum cardinem est orbis ventorum octo, ut Athenis in horologio, quod fecit Cyrrestes; ibique eminens radius a cardine ad orbem ita movetur, ut eum tangat ventum, qui flet, ut intus scire possis (rust. III, 5, 17 )) oder Vitruv (Sed qui diligentius perquisierunt, tradiderunt eos (sc. ventos) esse octo, maxime quidem Andronicus Cyrrestes, qui etiam exemplum conlocavit Athenis turrem marmoream octagonon et in singulis lateribus octagoni singulorum ventorum imagines excalptas contra suos cuiusque flatus designavit, supraque eam turrim metam marmoream perfecit et insuper Tritonem aereum conlocavit dextra manu virgam porrigentem, et ita est machinatus, uti vento circumageretur et semper contra flatum consisteret supraque imaginem flantis venti indicem virgam teneret (Vitr. I, 6, 4)).
  57. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 25r/v.
  58. Quidam illos (sc. ventos) duodecim faciunt: quattuor enim caeli partes in ternas dividunt et singulis ventis binos subpraefectos dant. Hac arte Varro, vir diligens, illos ordinat, nec sine causa (nat. V, 16, 3). Vgl. außerdem Aristot. meteor. II, 363b f.
  59. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 25r.
  60. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 25r.
  61. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 25v.
  62. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 27r.
  63. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 27v.
  64. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 27v/28r.
  65. Explizit erwähnt er die Sorge um seinen Bruder, der bis ins Jahr 1535 in Hausarrest saß (vgl. Taegert 2021, 49). Möglicherweise spielt auch die in einem Brief an Grynäus (dat. 05.06.1535) erwähnte Krankheit eine Rolle. Zu Schwierigkeiten gegen Ende von Camerarius' Nürnberger Zeit vgl. auch Bedrotts Brief an Camerarius vom 28.05.1536 und unten die Bemerkungen zur Neuauflage des Bandes.
  66. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 29r-30r und Camerarius, Opuscula aliquot elegantissima, 1536, Bl. 23v-24v.
  67. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 268. Im Gegensatz zur handschriftlichen Fassung (Sign. Pal. lat. 1043, Bl. 344v) der "Decuriae" enthält der Druck die Aufgabenstellung auch auf Griechisch. Die lateinischen Fassungen weisen deutliche Unterschiede auf.
  68. Zu Camerarius und der Tradition des Arat vgl. Ludwig 2003.
  69. Ludwig 2003, 118, vgl. auch ebd., 119.
  70. Vgl. Ludwig 2003, 123.
  71. So Ludwig 2003, 121f.
  72. Vgl. Camerarius, Norica (Druck), 1532, Bl. D2r/v. Vgl. auch Ludwig 2003, 121 sowie Ludwig 2002a, 24.
  73. Ludwig 2002a, 24.
  74. Vgl. Ludwig 2003, 121 und Ludwig 2002a, 24. Vgl. hier auch allgemein zu Pontanos Einfluss auf Camerarius, der in den "Phaenomena" noch deutlicher wird als in den "Prognostica".
  75. Ludwig 2003, 124.
  76. Dieser war wie auch Moritz von Hutten altgläubig geblieben: "Das gemeinsame humanistische Interesse überbrückte die konfessionellen Unterschiede, die damals noch nicht zu einer definitiven Kirchenspaltung geführt hatten" (Ludwig 2003, 109).
  77. Caetera quae interdum coeli in regione videntur, / Nec stabili aeternum lege feruntur iter. / Flammarumque globi et metuendo crine Cometae, / Mucrones, clipei, spicula, tigna, cruces. / Non ego praedictis coeli annumeravero signis, / Signa ea sunt, alio commemoranda loco. / Sed nunc percurso invariabulis aetheris orbe, / Hoc facto exiguum fine quiescat opus (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 36v).
  78. Ludwig 2002a, 38.
  79. Vgl. Ludwig 2003, 119.
  80. Et forte Ascraeas chartas etiam ipse retexam / Quidque anni poscant, tempora quidque ferant. / Composita interea transmitto carmina versu... (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 37r/v).
  81. Cum tamen [sc. sol] exoriens nubem illustrarit, et illa / Densa erit, ex illa flabra vel unda cadet (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 37v).
  82. So der Zyklus der Plejaden (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 39v) oder auch Mondhof und -korona (ohne beides zu unterscheiden), die respektive schönes Wetter oder Sturm bedeuten: Quod si ceu quaedam circundedit area lunam, / Haec ventos clarum significatve diem (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 38v).
  83. Sol tibi prima dabit venturi signa, Quid ipso / Sole queat, vel quid debeat esse prius? (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 37r/v). Vgl. auch Ludwig 2003, 119.
  84. Quid cum crebra micant per claram fulgura noctem, / Stellifluae celum pervolitantque faces? / Tunc a qua regione moveri ea signa videbis, / Vim venturi aliquam flaminis inde time. / Quod si forte inter sese concurrere cernes, / Tunc ipsa in bellum flabra ciere puta. / Quid cum Sol tanquam in speculis hinc inde renidet? / Tum ventos, imbres, fulgura significat. / Significatque aliquid fortasse immanius, inque / Aethereo terras mittit ab orbe luem (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 40v).
  85. Quid cum terrifico apparent fulgore Cometae? / Cornua mucro, cruces, crista, columna, lacus? / Tunc non impendet tantum squalorifer annus, / Sed mala non parvo commemoranda libro. / Bella, fames, mors, fluxa fides, violentia, fraudes, / Denique laeta parum nomina quicquid habet (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 41r). Hiermit kommt Camerarius auf das Ende der "Phaenomena" zurück, wo er ja die Behandlung ebendieser Phänomene an anderer Stelle versprochen hatte.
  86. Est etiam nihili volucris qua vilior, et qua / Nulla minor cunctas inter habetur aves. / ... / Obtinuit vox missa ioco. Nam regulus ales / Dicitur, et modico personat ora nemus. / Hunc pluvias nunquam praedicere rustica falso / Turba putat, longo turba perita die (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 42r).
  87. Nonne audis cum forte pedes pulicesque pererrant / Improbius corpus, qualia dicat anus[:] / ["]O pueri pluviae impendent, aliquis ferat intro / Lintea["], mox calcem somniculosa fricat. / Quid quod et afflictos morbus quibus impedit artus / Quive aliquo fracto cruribus osse labant (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 42r).
  88. Vgl. Ludwig 2003, 120.
  89. Longum etiam hoc fuerit, sed sic accepimus, octo / Post annos tempus par remeare sibi. / Ut quod Sol ac forte hodierna Luna diei / Fecerit, octavus replicet annus idem (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 44r). Die Periode von acht Jahren, nach der Sonne und Mond (und im Übrigen auch Venus) wieder in derselben Stellung zueinander stehen wie zu Beginn, wird als "Oktaeteris" bezeichnet.
  90. Atque haec indoctis etiam constantia signa, / Explicui scriptis indubitata meis. / Non tamen explicui, quis enim potest? omnia, Quin sunt / Indigna expositu plurima visa mihi (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 44v).
  91. Quin etiam studio haec festinatoque labore / Collegi et spacio qualiacunque brevi. / Quae si grata tibi fuerint Daniele, tulisse / Hinc operae precium grande putabo meae (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 45r).
  92. Sunt autem Aratea et Maroniana et nostra quoque prognostica in medio (Camerarius, De generibus divinationum (Werk), 1576, 44).
  93. Vgl. Haye 1997, 391.
  94. Ludwig 2003, 118.
  95. Bedrott spricht von Johann Oporinus, vgl. die Briefe vom 18.12.1535, vom 31.03.1536 und 28.05.1536. Die drei Basler Drucker waren laut Reske seit ca. 1535 Mitglieder einer Druckergemeinschaft (vgl. Reske 2015, 79f.).
  96. Vgl. dazu Ludwig 2003, 105f.
  97. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 29r-30r und Camerarius, Opuscula aliquot elegantissima, 1536, Bl. 23v-24v.
  98. Vertice cuius equi (1536: equus) qui summo penniger exit, / Aera nunc sicut quondam Helicona quatit. / Haeret ad hunc aliud tamquam de corpore caesum, / Nescio cuius equi quove secante caput. / Et de scripturae Deltoton imagine dictum, / Ante cathenatam cernitur Andromeden (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 32v).
  99. Haec vobis salsis qui longe habitatis ab undis, / Mons eadem stridens signa nemusque canet. / Et nebula in planos incumbens fumea campos, / Aut in deiectis vallibus ima vagans. / Signa etiam pluviae tempestatisque futurae, / Edere flumina multa videntur aves (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 41v).
  100. So auch bei Arat (vgl. Arat. 988ff.).
  101. Vgl. Ludwig 2003, 125ff.
  102. Vgl. Ludwig 2003, 127.
  103. Cum canerem ventos, et sidera noctis opacae, / Scripta retro Latio carmine Graeca legens, / ... / Sive erat ille Deus, seu nostra erat illa voluntas, / Addere perfecto iussit et ista libro (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 37r).
  104. Vgl. Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 36v.
  105. Quid aliae celi loca per duodena vagantes, / Possint celicolum nomina quinque faces, / Non est proposito, nec nostris viribus aptum / Dicere, difficilem res habet illa viam (Camerarius, Erratum et al., 1535, Bl. 45r).
  106. So Ludwig 2003, 129.
  107. Vgl. Bedrotts Brief vom 18.12.1535.
  108. So schreibt er, bei der Drucklegung der Edition habe er wegen zahlreicher überraschender Probleme nicht vor Ort sein können (non solum plurimis sed maximis inopinatis quibusdam etiam difficilibus negotiis circumvent[us], Bl. 37v). Zudem habe er eigentlich einen größeren Anteil der Bücher III und IV der "Tetrabiblos" übersetzen wollen; gehindert hätten ihn neben maxima[e] difficultates beim Übersetzen an sich auch multarum rerum varia negotia (Ptolemaios, Tetrabiblos, 1535, Bl. a iii r). Vgl. auch → Astrologie.
  109. Vgl. Camerarius' Brief an Stiebar vom 19.09.1535.
  110. Bereits im März 1535 klagte er über Beeinträchtigungen durch sein altes Fußleiden (vgl. den Brief an Stiebar vom 05.03.1535) und auch im Juni/Juli schreibt er an Simon Grynäus und Bartholomäus Amantius von einer Krankheit, die ihn niedergestreckt habe (vgl. den Brief an Grynäus vom 05.06. und den an Amantius vom Juni/Juli). Auch in seinen von seinem gleichnamigen Sohn kopierten biographischen Notizen bezeichnet Camerarius das Jahr 1535 als aegrotus solicitus annus (München, BSB, Sign. Clm 10376 Nr. 6) und vermerkt eine valetudo adversa (ebd., 5 und 7). Sein Sohn selbst vermerkt in seinem handschriftlichen Konzept einer Biographie des Camerarius: Anno 1535. Valetudo eius saepe fuit tentata (ebd., Nr. 8, Bl. 8). Zur Krankheitsgeschichte des Camerarius vgl. → Medizin.
  111. Vgl. Philes, De animalium proprietate, 1575 11f. und Kubina 2018, 15.
  112. Vgl. Kubina 2018, 15f.
  113. Vgl. Philes, De animalium proprietate, 1575, 11f.
  114. Vgl. Philes, De animalium proprietate, 1575, 12f.
  115. Vgl. Philes, De animalium proprietate, 1596, 24.
  116. In den kurzen Notizen am Ende der ersten Auflage schreibt Bersman, sowohl er selbst als auch Camerarius hätten in den griechischen Text mehr oder weniger radikal eingegriffen: Neque hoc dissimulandum in praesentia duximus, in metro versuum Graecorum Philae, si quae non constabant, mutata esse corrigendo a praeceptore meo Ioachimo. Et nos quoque voces aliquas, quae in editione Oporini mendose legebantur, ex Aeliano sanavimus... (Philes, De animalium proprietate, 1575, [191]). Bersmann selbst habe sich dabei aber zurückgehalten: in metro autoris nihil ipsi mutavimus, ne audiendum nobis esset illud Nasonis, Quis tibi saeve puer dedit hoc in carmine iuris? Etsi enim, Ioachimo Graecae latinaeque literaturae parenti, illud licuit: non idem tamen licuit mihi, qui Ioachimus non sum. Gleiche Formulierung in Philes, De animalium proprietate, 1596, 26. Vgl. auch Kubina 2018, 15f.
  117. Vgl. De Pauw 1730, *2v.
  118. Vgl. OCEp 0438, erstmals gedruckt im Briefband von 1568 und nochmals in der Sammlung von 1583.
  119. De versibus autem ipsius politicis, sic sese rem habere puto, ut illis temporibus populare seu vulgare istud genus in usu fuerit, annumeratis ad singulos versus syllabis septenis, sine observatione temporum, et procedente pronuntiatione κατ' ἄρσιν καὶ θέσιν ἀμέτρως (Camerarius, Epistolae doctorum, 1568, Bl. R6v).
  120. Quod autem ne voluerit quidem suscipere laborem componendi versus eruditos, secundum Musicam artem, ipse [sc. Tzetzes] plane dicit, Iambicis versibus quibusdam caussam afferens: Negligentiam atque contemtum bonarum litterarum atque artium sua aetate. Quae nimirum et his temporibus nonullorum et ipsa studia retardant, et obstant industriae, et animos in laboribus necessariis perferendis debilitant (Camerarius, Epistolae doctorum, 1568, Bl. R6v).
  121. Dies legt Bersmans Ausführung in der zweiten Auflage nahe, vgl. dort 24.
  122. Entsprechend Bersmans Bemerkung in Philes, De animalium proprietate, 1596, 26: [Lectores] monitos velim, nescii ne sint, in metro Graecorum Phile versuum (in quibus, quod versibus, quos politicos Grammatici nominarunt, usuvenire solet, nonnunquam syllabarum magis numerum, quam metri rationem observatam, erat animadvertere) in illo, inquam, si quae non constabant; ea mutata esse aliquoties corrigendo [a Camerario].
  123. Kubina 2018, 16.
  124. Vgl. De Pauw 1730.
  125. [C]ertissimus ille Metri Politici Canon Joachimo Camerario adeo displicuit, ut plerosque Versus ita adornatos ad modulum Poeticum reducere tentaverit, et neglecto syllabarum numero, syllabarum mensurae contra rationem habuerit unice. Quod cum ... intelligerim, ... non potuit non facinus illud Hominis non ineruditi mihi et temerarium videri et ineptum (De Pauw 1730, Bl. *2v). Angesichts der Wortwahl displicuit scheint es durchaus möglich, dass de Pauw Camerarius' oben erwähnten Brief an einen Freund kannte, in dem er deutlich macht, dass er das Politische Versmaß kennt und verachtet.
  126. Quia autem Bersmannus non minus temere et inepte omnia Praeceptoris sui commenta in ipsum Contextum receperat, suppressa plane Lectione antiqua; quid in universum, non quid singulatim factum esset, scire poteram, et si aliquando mutarem, quae certo certius ab ipso Phile non erant profecta, incertus ipse et dubius inter vera et falsa haerebam ubique (De Pauw 1730, Bl. *3r).
  127. Vgl. ebd.
  128. Vgl. Kubina 2018, 16: "[De Pauw] ging hinter die eigenmächtigen Änderungen von CAMERARIUS zurück und edierte den Text auf Grundlage von Arsenios unter Einbeziehung des Vergekios-Kodex Bodl. F.4.15 von 1564, wobei er auch dessen Ergänzungen in seine Ausgabe einschloss" sowie de Pauws Widmungsbrief, vgl. De Pauw 1730, Bl. *3r/v und **r.
  129. [U]t sic Orbis Literatus videret, quid Criticorum insania possit, et ipse Philes in posterum legeretur denuo, non misellus Philae Interpolator (De Pauw 1730, Bl. *3v).
  130. Quia enim Venetam illam interpolaverat Camerarius, eam ante omnia etiam mihi comparandam esse autumabam, ut sic Contextus absque ullo periculo mutari, et Hominis imprudentia in clarissima luce collocari posset (De Pauw 1730, Bl. *3v).
  131. ... ex Libri Oxoniensis et Editionis Arsenianae consensu Camerarii audaciam plane perspexi ... [Philam] ... nunc ita exhibeo, uti ab Arsenio primum editus est, omissis Critici somniculosi ineptiis, qui non modo in eo erravit turpiter, quod Versus Politicos Politicos esse noluerit, et plerisque interpolatis, plurimos reliquerit intactos, ac si corpus humanum cum cervice equina componere, aliquid esset vere egregium; sed ita etiam versatus est in Versibus refingendis, ut nec Metri legitimi, nec Sermonis probati rationem saepe habuerit ullam: Nam et particulas ingessit, et voces transposuit, et syllabas dimensus est, adeo imperite, et adeo incondite, ut ipsi Tyrones ea et melius scire, et felicius praestare possent. Quare eius coniectatiunculas in Notis allegans, raro etiam earum turpitudinem notavi, nimium diffidere Lectoris mihi visus ingenio, si id cum nausea et incommodo meo ubique agerem (De Pauw 1730, Bl. *4r/v).
    Einige Beispiele für das beschriebene Eingreifen des Camerarius (de Pauws nun in der Tat sehr zurückhaltende Anmerkungen dazu in Klammern):
    Vers 1:
    Camerarius: Ἐχρῆν Ἀδὰμ μὲν τὸν γενάρχην τὸν μέγαν
    de Pauw: Ἐχρῆν μὲν Ἀδὰμ τὸν γενάρχην τὸν μέγαν (Hunc ordinem verborum Metrum Politicum amat, et Liber Oxoniensis etiam servat: Bersmannus tamen cum Camerario suo,...)
    Vers 2:
    Camerarius: Τοῦ δεσπότου τὴν ἐντολὴν δεδεγμένον
    de Pauw: Τὴν δεσποτικὴν ἐντολὴν δεδεγμένον (Eadem Lectio est in Libro Oxoniensi: Bersmannus et Camerarius, ...)
    Vers 3:
    Camerarius: Τηρεῖν τε καθαρὰν τῆς ψυχῆς τὴν ἀξίαν
    de Pauw: Τηρεῖν καθαρὰν τῆς ψυχῆς τὴν ἀξίαν (Bersmannus duce Camerario particulam τε inter τηρεῖν et καθαρὰν intrusit: Liber Anglicanus, ut hic.)
    Vers 6:
    Camerarius: Παρευθὺ τὴν τιμὴν ἔγνω καθυβρίσας
    de Pauw: Ἔγνω παρευθὺς τὴν τιμὴν καθυβρίσας (Non aliter Lib(er) Angl(icus). Bersmannus cum Praeceptore suo, ...)
  132. In Versione Bersmanni plura etiam sunt, quae rectius potuissent verti, sed in illis corrigendis tempus terere nolui, quia semper abhorrui a more eorum, qui Graecos Auctores recensentes, Versioni Latinae magis, quam ipsi Contextui Graeco adhaerent (De Pauw 1730, Bl. *4v).
  133. Vgl. Philes, De animalium proprietate, 1596, 24.
  134. Zu Camerarius' Übersetzung von Xenophons "Περὶ ἱππικῆς" vgl. auch Sannicandro 2017. Zu Camerarius hippologischen Schriften vgl. weiterhin Sannicandro 2024.
  135. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 64: Quamobrem equi incipiente pluvia in via festinant, et postea ea increbrescente de illa contentione sua remittunt?
  136. Camerarius verweist auf Theokrit: καὶ γὰρ ἐν ὕπνοις πᾶσα κύων ἄρκον μαντεύεται, ἰχθύα κἠγών (Theokr. eid. 21, 44f.). Dass Camerarius so sehr auf Pferde angewiesen war, hängt mit seinem langjährigen Fußleiden zusammen, das nach Zeugnis seines Sohnes Joachim einem zu heißen Bad im Jahre 1528 geschuldet war (vgl. dessen handschriftliches Konzept einer Biographie seines Vaters (München, BSB, Sign. Clm 10376 Nr. 8, Bl. 7r). Im Brief spricht Camerarius davon, dass er auf das Pferd aus schlichter Notwendigkeit angewiesen war: Quos [sc. equos] interdum, ne tanquam claudo sutori perpetuo mihi desidendum domi esset, conscendere et aliquo uspiam in his expatiari solerem (Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A2r).
  137. In seinen von seinem gleichnamigen Sohn kopierten biographischen Notizen (München, BSB, Sign. Clm 10376) notiert Camerarius für das Jahr 1538 eine schwere Krankheit (magna afflictio, Nr. 7).
    Sie war eine Folge der erwähnten Reise. Anspielungen auf diese finden sich an mehreren Stellen in Camerarius' Œuvre: In seiner Melanchthon-Vita schreibt Camerarius, dass er 1538 zu Pferd von Tübingen aus nach Wittenberg gereist sei, um Philipp Melanchthon zu treffen (vgl. Camerarius, De Philippi Melanchthonis ortu, 1566, 181). Camerarius' Ankunft in Wittenberg zwischen dem 27.10. und dem 06.11.1538 bestätigen ein Brief von Rektor und Senat der Universität Tübingen an Melanchthon, den Camerarius überbrachte (vgl. MBW – Regesten online, Nr. 2108 (dat. 27.10.1538)) und ein Brief Melanchthons an Johannes Lang, in dem er Camerarius' Anwesenheit in Wittenberg erwähnt (vgl. MBW – Regesten online, Nr. 2113 (dat. 6.11.1538)). Auf dem Rückweg überbrachte Camerarius dann offenbar Briefe von Melanchthon an Ludwig Gremp (vgl. MBW – Regesten online, Nr. 2118) und Leonhart Fuchs (vgl. MBW – Regesten online, Nr. 2117), die Melanchthon am 12. November aufsetzte. Rudolf Gwalther erwähnt Camerarius' Reise in zwei Briefen an Heinrich Bullinger (dat. 15.11.1538 (Regest, Faksimile und Transkription bei Bullinger Digital, Nr. 11241) und 26.11.1538 (ebd., Nr. 11244)) und nennt als Motiv die Abberufung Philipp Melanchthons nach Tübingen; für derartige Pläne gibt es allerdings sonst keine Indizien.
    Camerarius' Aufenthalt in Wittenberg war kürzer als geplant, was er in der "Vita Melanchthonis" mit seinem Fußleiden begründet, das auf dem Weg schlimmer geworden sei (vgl. Camerarius, De Philippi Melanchthonis ortu, 1566, 181). In einem Brief an Hieronymus Baumgartner d.Ä. (dat. 28.12.1538) erwähnt Camerarius ebenfalls, dass sich nach einer Reise nach Sachsen durch die extreme Belastung sein schon länger andauerndes Fußleiden deutlich verschlimmert habe (vgl. Camerarius, Epistolae familiares, 1583, 202).
    Camerarius erwähnt seine Reise nach Wittenberg außerdem in einem kurz danach entstandenen Hodoeporicon an seine Wittenberger Freunde (dat. 29.11.1538, vgl. auch MBW – Regesten online, Nr. 2126). Dort berichtet er auch vom schnellen Aufbruch in Richtung Würzburg an der Seite von Matthäus Irenäus, der dort geblieben sei (vgl. Camerarius, Elegiae ὁδοιπορικαί, 1541, Bl. B8v). Auf dem Weg sei vor Würzburg im strömenden Regen sein Pferd (wohl mit Camerarius auf dem Rücken, da er ja Fußprobleme hatte) in den Graben gefallen, Camerarius sei aber bereits am nächsten Morgen weitergereist; zugleich erwähnt der genannte Brief an Hieronymus Baumgartner vom 28.12. einen Halt in Würzburg, wo dem Pferd die Hufeisen gewechselt worden seien. Ein Zusammenhang zwischen Wetter, Problemen mit den Hufeisen und dem Sturz des Pferdes erscheint plausibel. Da der Sturz allerdings weiterhin keine Erwähnung findet, insbesondere auch nicht in dem Brief an Baumgartner, in dem es ansonsten ja um Camerarius' angeschlagene Gesundheit geht, scheint er glimpflich ausgegangen zu sein und keine weiteren Folgen gehabt zu haben; mit der im Brief an Loxan erwähnten aegrotatio hat er gewiss nichts zu tun.
    Weiterhin ist in dem Hodoeporicon von einem Halt in einem nicht näher benannten Bad bei Tübingen die Rede, in dem er schon häufiger Linderung für seinen Fuß erfahren habe (vgl. Camerarius, Elegiae ὁδοιπορικαί, 1541, Bl. B8v). Bei seiner Rückkehr habe er Söhne und Gattin krank vorgefunden; nun schreibe er dieses Gedicht auf dem Krankenbett und lerne, die vorhersehbaren Schmerzen auszuhalten (Disco et praevisos patienter ferre dolores, Camerarius, Elegiae ὁδοιπορικαί, 1541, Bl. C1r).
    Es wird diese Gelegenheit sein, bei der er sich auf dem Krankenbett mit der Hippologie befasst und auf die er sich bezieht, wenn er an Loxan von einer aegrotatio schreibt. Praevisos dolores spricht weiterhin dafür, dass diese seinem Fußleiden geschuldet ist, das ihn offenbar so heftig traf, dass er ans Bett gefesselt blieb, und nicht um eine Ansteckung bei seiner Familie, die er schwerlich hätte vorhersehen können. Dass das Bad bei Tübingen ihm nicht die erhoffte Linderung verschaffte, können wir auch dem einem Monat nach dem Hodoeporicon entstandenen Brief an Baumgartner entnehmen, laut dem die Behandlung des Leidens sich schwieriger gestaltete als erhofft (curationem experior esse difficiliorem quam speraveram (Camerarius, Epistolae familiares, 1583, 202)). Eine weitere Bestätigung dafür ist, dass Camerarius noch im März 1539 im Brief an Loxan schreibt, die Folgen der Krankheit spüre er noch immer und habe Schwierigkeiten beim Gehen (incidi in aegrotationem gravem et difficilem, de qua nunc etiam vix enitor et molior ingressionem (Camerarius, De tractandis equis, 1539 Bl. A2r)). Zu Gründen, Verlauf und Folgen von Camerarius Reise nach Wittenberg vgl. auch → Medizin.
  138. Vgl. Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A2r.
  139. Es kam häufiger vor, dass Camerarius' Lektüre im Krankenbett zu literarischer Produktivität führte. Vgl. hierzu → Medizin.
  140. Vgl. Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A3r/v.
  141. S.o.
  142. Darauf deuten auch spätere Äußerungen im Widmungsbrief zur zweiten Auflage des "Hippocomicus" hin, s.u.
  143. Vgl. Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A4r.
  144. Vgl. auch Camerarius' Antwort auf Karlowitz' erneute Aufforderung am 21.03.1543 und einen weiteren Brief vom Dezember 1543.
  145. Neque enim tu is es qui, ut multi ordinis tui, in sola ferocia et inhumanitate, equestris nominis dignitatem atque famam constitutam esse putes. Ac potius hoc perfecisti ut virtutem et scientiam rei militaris cum eruditione litterarum atque doctrina coniungeres, quod videres veram nobilitatem in honestate et decore, non in veterum solummodo imaginibus, quibus tu facile aliis praestas, consistere (Xenophon, De forma reipublicae Lacedaemoniorum, 1543, 66).
  146. Vgl. Xenophon, De forma reipublicae Lacedaemoniorum, 1543, 69. Zu Camerarius' Verehrung für den altehrwürdigen Ritterstand vgl. auch MBW - Regesten online, Nr. 3700 (Melanchthon an Camerarius, 05.10.1544).
  147. Vgl. Xenophon, De forma reipublicae Lacedaemoniorum, 1543, 72.
  148. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, Bl. AA2r/v.
  149. Vgl. Xenophon, Xenophontis quae extant opera, 1561, Bl. *iir, wie auch das folgende.
  150. Camerarius beschäftigte sich seit seinen jungen Jahren mit Xenophon, wie Noreen Humble herausgearbeitet hat (vgl. Humble 2017, 169ff.). Von Camerarius' Beschäftigung mit den "Hellenika" schon 1522 zeugt etwa ein Brief an Melanchthon vom 09.11.1522 (vgl. MBW – Regesten online, Nr. 243); bei deren Lektüre sammelte er offenbar Vokabeln für Melanchthon (vgl. MBW – Regesten online, Nr. 246, dat. 17.11.1522). Des Weiteren besorgte er für Melanchthon offenbar Textstücke aus der Kyrupädie (vgl. MBW – Regesten online, Nr. 352, dat. 01.11.1524). Zwei Jahre später ist es Melanchthon, der einen Xenophon-Kodex zu Camerarius nach Nürnberg schickt (vgl. MBW – Regesten online, Nr. 472). Wenn Camerarius als Experte für Xenophon galt, liefert dies außerdem eine Erklärung für Estiennes heftigen Angriff gegen Camerarius (vgl. Humble 2017, 175).
  151. Vgl. Xenophon, Xenophontis quae extant opera, 1561, Bl. *ii v.
  152. Vgl. auch Humble 2017, 175.
  153. Vgl. Dürer, De symmetria partium in rectis formis humanorum corporum, 1532, Bl. A5r.
  154. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, Bl. G5r.
  155. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, Bl. G5r.
  156. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, Bl. G5r: Placuit autem, quemadmodum et ante fecimus enarrantes quasi historiolam corporis humani, ea commentari quae Pollux exposuit.
  157. Allerdings beschäftigte sich Camerarius offenbar auch bereits im Studium mit Iulius Pollux, vgl. seinen Brief an Melanchthon (dat. ca. 17.11.1522), MBW – Regesten online, Nr. 246.
  158. "Deren hat der Hochgelert Herr Ioachimus Camerarius, weilandt mein Hochgeliebter Herr Praeceptor, seliger gedechtnus/ aus den schrifften Xenophontis, vnd andrer feines fuerbildt/ wiewol in verwirter ordnung (wie er selbs bekennet) hinderlassen" (Fayser, Hippiatria, 1576, im "Beschlus" (unpaginiert)).
  159. Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A2r. S. auch oben.
  160. Hactenus pauca quaedam praefati de equis, horum curam et tractationem deinceps persequamur, scripta veterum cum nostra consuetudine conferentes et colligentes de his etiam nos ipsi quaedam cogitatione nostra (Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. 3v).
  161. Vgl. etwa Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. C2r.
  162. Vgl. etwa Xenophon, Hippocomicus, 1556, 1, sowie einen langen, erst in der zweiten Auflage eingeführten Abschnitt auf den Seiten 2 bis 3, oder 24.
  163. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, 7f.
  164. Vgl. Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. 4r sowie Xenophon, Hippocomicus, 1556, 11.
  165. Vgl. Sannicandro 2024, 306f.
  166. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, 43f. Vgl. auch → Mantik und Magie.
  167. Res enim tota inprimis nugatoria atque futilis est, quamvis ubique gentium locorumque et omnibus temporibus usitata (Camerarius, De generibus divinationum (Druck), 1576, 125).
  168. Stockhorst 2020, 34.
  169. Atque ego ex illo tempore minus curavi quid alii de isto scripto sentirent, neque moverunt me quorundam ioci illudentium talis argumenti compositionem (Xenophon, Hippocomicus, 1556, Bl. AA2r). Das Wort compositio weist dabei eindeutig darauf hin, dass es um den von Camerarius selbst verfassten "Hippocomicus" geht und nicht um die Übersetzung von Xenophons "Περὶ ἱππικῆς".
  170. Vgl. Stockhorst 2020, 41. Die Entwicklung des Reitens von der mündlich vermittelten, praktischen Fähigkeit der mittelalterlichen Eliten zur schriftlich vermittelbaren Reitkunst als ars equitandi hat Stefanie Stockhorst ausführlich nachgezeichnet, vgl. Stockhorst 2020, 29-64.
  171. Nam si exercitationem quoque esse aliquam nostram perhiberemus, poteramus fortasse vel horum temporum consuetudine, vel genere vitae quod ingressi sumus atque consequimur, refelli. Quis vero omnium non praecipit atque docet plurima alios, quae desunt sibi ipsi? (Xenophon, Hippocomicus, 1556, Bl. AA2r).
  172. Idem a quo sermone data est verbisque solutis / Littera dudum, aliis quam tibi lecta prius (Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553, Bl. a i v).
  173. Te tamen ut vidisse etiam sperare liceret, / scripta sua hinc a se fecit ut acciperes. / Addidit et versus hic carmina pauca Latini / Grata futura tibi sic ratus illa magis (Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553, Bl. a i v). Wenn dies tatsächlich der Fall war, stellte es einen gewissen Affront von Seiten Loxans dar. Allerdings kann die Widmung Loxan auch zunächst verborgen geblieben sein: Georg Helt etwa hatte nicht bemerkt, dass Camerarius ihm seine Theokritausgabe gewidmet hatte (vgl. OCEp 1456 und MBW – Regesten online, Nr. 1206).
  174. Nec tibi doctrinam praeceptaque tradere rerum / Notarum ante tibi nos voluisse, putes. / Sed tibi cum primis cupiisse placere perito, / Stareque iudicio nostra reperta tuo (Camerarius, De Helio Eobano Hesso, 1553, a iii r). Diese Stelle bestätigt gleichzeitig, dass der "Hippocomicus" zumindest als Reitlehrbuch verstanden werden konnte, wenn nicht sogar sollte: Es sei nicht Camerarius' Absicht, Loxan Dinge beizubringen, die dieser bereits beherrsche; im Umkehrschluss wollte er aber durchaus andere belehren. Im Übrigen war auch die Widmung von Camerarius' lateinischer Version des "Ἱππαρχικός" an Christoph von Karlowitz als erfahrenen Reiter und daher geeigneten Kritiker der Schrift – und nicht als potenziellen Schüler – gerichtet (s.o.).
  175. Tum igitur absoluta haec placuit cum praefatiuncula nostra ad te peculiariter mittere, Georgi Loxane, cuius virtus et excellens sapientia esset cum apud alios in summa admiratione, tum celebrata mirificis sermonibus coram me, et a Ludovico Brassicano et Bartolomaeo Amantio ... Quorum alter cum forte nuper huc venisset, ... testimonium aliquod voluntatis erga te nostra quasi instipulatus a me fuit, cum ita repromitteret tibi illud gratissimum acceptissimumque futurum esse, propemodum ut ad praestandum dependendumque ipse sese obligaret. Quare si haec tenuiora, tuaque magnitudine indigna videbuntur, habere nos a quo sublevari, et cuius fide veluti satisfacere possimus, Ludovicum nostrum, scire debebis (Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A3r).
  176. ... cui tum probavi et studium erga ipsum meum et istam scribendi rationem, cum et se admodum delectari declarasset voluntate et iudicio meo, et ea quae suscepissem explicanda, neque rerum cognitione defici et verborum copia luculente enarrari diceret (Xenophon, Hippocomicus, 1556, Bl. AA1v).
  177. "Il suo Ippocomico ossia l'Arte di educare i cavalli (...) ebbe per lungo tempo grande riputazione" (Biografia universale antica e moderna, Bd. 9, Venezia 1823, 180).
  178. Tui libelli hic magnae mihi voluptati fuerunt (MBW – Regesten online, Nr. 2184, nach CR III, 686f. Nr. 1794).
  179. Vgl. MBW – Regesten online, Nr. 2186.
  180. Quod tu Christophore Carolovici scriptum nostrum saepe admodum probasti, et tibi equorum studiosissimo et rei equestris peritissimo lectionem huius profuisse dicere non es veritus (Xenophon, De forma reipublicae Lacedaemoniorum, 1543, 66).
  181. Fayser, Ἱπποκομική, 1570, Bl. a [vi] r.
  182. "Deren hat der Hochgelert Herr Ioachimus Camerarius, weilandt mein Hochgeliebter Herr Praeceptor, seliger gedechtnus/ aus den schrifften Xenophontis, vnd andrer feines fuerbildt/ wiewol in verwirter ordnung (wie er selbs bekennet) hinderlassen" (Fayser, Hippiatria, 1576, im "Beschlus" (unpaginiert)).
  183. Vgl. Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. 15v.
  184. In seinem Konzept für eine Biographie seines Vaters schreibt der jüngere Camerarius: Delectabatur inprimis equis bonis, et equitandi artem tenebat, quod eius Hippocomicus quoque ostendit. Tulitque hac in parte hanc laudem, ut quidam princeps Germaniae praecipui nominis dixerit se inter literatos nullum vidisse, qui ita equestris esset sicut Ioachimus (München, BSB, Sign. Clm 10376 Nr. 8, Bl. 17r/v).
  185. Vgl. Markham, G., Markham’s Maister-peece [Masterpiece], Containing all Knowledge Belonging to Smith, Farrier, or Horse=Leech, Touching on Curing All Diseases in Horses, London 1610 (Text unter http://name.umdl.umich.edu/A06950.0001.001, vgl. 195). Auflage von 1651 mit Erwähnung des Camerarius auf Seite 218 bei Early English Books Online Text Creation Partnership.
  186. Camerarius loco nobili, sed in modicis opibus natus, ad haec specie ingenua praeditus nobilitatem generis, quantum per conditionem et aetatem licuit, nobilibus exercitiis retinuit, equitandi peritia insignis, de qua ad Xenophontis librum, quem de re equestri scripsit, a se Latine versum, ac notationibus explicatum, et peculiarem commentarium subiecit (De Thou, J. A., Jac. Augusti Thuani historiarum sui temporis pars tertia ..., Frankfurt am Main, 1614 (VD17 3:312917K, Digitalisat in der Bayerischen Staatsbibliothek Münschen), Sign. H.un. 603-3, 87).
  187. Vgl. de Andrada, P.F., Libro de la gineta de España, Sevilla 1599 ( https://books.google.de/books?id=8Biw44zCmzwC&hl=de&source=gbs_navlinks_s ) etwa S. 40 und 50. Vgl. auch Sannicandro 2024, 307.
  188. Vgl. Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A3v.
  189. Non est tanta bonitas ingenii nostri, ut sine diligentiae subsidio, quicquam perficere possit (Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A3v).
  190. Vgl. Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A3v.
  191. Vgl. Camerarius, De tractandis equis, 1539, Bl. A4r.
  192. Crebritas mendorum, quibus interdum coacti fuimus non tam interpretari Graecum scriptum, quam nostras coniecturas exponere (Xenophon, De forma reipublicae Lacedaemoniorum, 1543, 104; vgl. dazu auch 122).
  193. Vgl. Xenophon, De forma reipublicae Lacedaemoniorum, 1543, 124.
  194. Vgl. Xenophon, De forma reipublicae Lacedaemoniorum, 1543, 122.
  195. Wie etwa das Wort πλεονεκτήματα, vgl. Xenophon, De forma reipublicae Lacedaemoniorum, 1543, 125.
  196. Vgl. Notiz zur Übersetzung von διαβάσεις als interclusa, Xenophon, De forma reipublicae Lacedaemoniorum, 1543, 124.
  197. Quod privilegium in praesentia tibi IOACHIMO Camerario Pabergensi ... autoritate ... Imperatoris Romanorum Caroli Quinti, confirmamus: atque edicimus, Ne quis impressor contra sententiam nostram intra tempus praescriptum annorum, nisi te concedente, ullum abs te emendatum compositumve librum quo in genere supra dictum est, nominatim vero ... libros problematum, typis describere ausit (Camerarius, Commentarii utriusque linguae, 1551, Bl. M6r; ebenso Linacre, De emendata structura, 1545, Bl. Aa7v-a2r).
  198. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 268.
  199. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 64.
  200. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 170ff.
  201. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 17f.
  202. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 35f.
  203. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 41.
  204. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 71f.
  205. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 75.
  206. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 114f.
  207. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 120.
  208. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 136f.
  209. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 137.
  210. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 138ff.
  211. Vgl. Camerarius, Appendix problematum (Druck), 1596, 42f.
  212. Non enim iis in quibus anima inest et vita, sic uti convenit, ut calceamentis aut vasis, quae fracta aut detrita abiicimus, Sed par est ut alia erga animantes sit affectio nostra, vel hanc ob caussam, ut exercitatione quadam hac ad mansuetudinem et clementiam erga homines praeparemur (Xenophon, Hippocomicus, 1556, 8).
  213. Dixitque et hoc praeclare ex sapientibus Hebraeis Siracides, viro prudenti et bono iumentorum etiam suorum vitam curae esse (Xenophon, Hippocomicus, 1556, 8). Evtl. bezieht sich Camerarius auf Sir. 7, 23, vgl. seine Übersetzung des Buches Sirach: Sunt tibi iumenta, vise ad illa, et, si sunt tibi utilia, remaneant tibi. Möglich ist allerdings auch eine Verwechslung etwa mit Spr. 12, 10: δίκαιος οἰκτίρει ψυχὰς κτηνῶν αὐτοῦ, τὰ δὲ σπλάγχνα τῶν ἀσεβῶν ἀνελεήμονα (Septuaginta); novit iustus animas iumentorum suorum viscera autem impiorum crudelia (Vulgata); "Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs; aber das Herz der Frevler ist unbarmherzig" (Lutherbibel 2017).
  214. [U]trum in equis et animantibus reliquis, quae bestiae dicuntur, intelligencia inesse videatur, et ἄλογοιne a Graecis appellati fuerint, quod sermonis, an potius quod rationis essent expertes (Xenophon, Hippocomicus, 1556, 10f.).
  215. Si qui autem sunt, qui usum rationis hominum generi divinitus insitum, in iis rebus quae non complectuntur coelestis veritatis arcana, tollunt, ii ut Cicero ait, tollunt hominem ex homine, relinquunt igitur ζῶον μέν, ἄλογον δέ, hoc est beluam (Camerarius, Epistolae Eobani, 1561, Bl. T3r/v).
  216. Vgl. Aristoteles, Ethica Nicomachea, 1578, 4f.
  217. Atque hic est λόγος constituens ac definiens naturam humanam, ut haec ab aliis animantibus hoc ipso separetur, quod ratione sit praedita. huius autem rationis interpres est oratio, pronuntians quasi dictata rationis, quae sunt animi cogitationes (Aristoteles, Ethica Nicomachea, 1578, 22). Vgl. auch Cic. off. I, 50 sowie Newmyer 2008, 73.
  218. Cum autem sit homini ab aeterno Deo non modo vita attributa quemadmodum caeteris animantibus, sed aucta haec divino anhelitu, ut ratione et intelligentia, quae est consilii et mentis vis, homo sit praeditus: sequitur ut haec propria hominis natura et cognoscenda studiose et tuenda accurate esse videatur (Camerarius, Opuscula moralia, 1583, 186).
  219. Aristoteles und die Stoiker sprechen Tieren zwar eine Seele, jedoch keinen Verstand zu. Vgl. Ju 2007, 97, Steiner 2008, 28 und 36, Newmyer 2008, 73, Wyss 2019, 30.
  220. "Among medieval philosophers, there was not much of a debate on whether dogs, cats, apes, or horses, and even more minute nonhuman animals, such as flies and bees, have souls. By and large, they all adopted the view of Aristotle according to which the soul is the 'principle of life'. Hence, all living beings, from plants to humans, possess souls; otherwise they would not be alive" (Oelze 2018, 28).
  221. Vgl. Melanchthon, De anima, 1540, 24f., Geßner, Physicae meditationes, 1586, 190, Comenius, Orbis sensualium pictus, 1658, 88. Vgl. auch Oelze 2018, 28f. und 36ff.
  222. Sicut anima plantae est ipsa agitatio, qua nutritur et crescit, sic anima bovis est ipsa vita, hoc est agitatio seu motus, quo vivit, movetur, sentit (Melanchthon, De anima, 1540, 22).
  223. Melanchthon, De anima, 1540, 25.
  224. Vgl. Melanchthon, De anima, 1553, Bl. 14r.
  225. Vgl. Melanchthon, De anima, 1540, 25 sowie 172f.
  226. Vgl. Melanchthon, De anima, 1540, 25 sowie 173.
  227. Vgl. Melanchthon, De anima, 1540, 179f. sowie 222. Vgl. auch Oelze 2018, 32.
  228. [F]acultas prosequens, aut fugiens obiecta (Melanchthon, De anima, 1540, 226).
  229. Vgl. Melanchthon, De anima, 1540, 256.
  230. Vgl. Melanchthon, De anima, 1540, 261.
  231. Est potentia cognoscens, recordans, iudicans et ratiocinans singularia et universalia, habens insitas quasdam notitias, seu principia magnarum artium. Habens item actum reflexum quo suas actiones cernit et iudicat (Melanchthon, De anima, 1540, 261). Die Veranlagung zu den artes wird später noch exemplifiziert: Als angeborenes Wissen bezeichnet Melanchthon etwa das Verständnis von Zahlen, die nicht über die Sinne aufgenommen werden (Sunt et menti insitae quaedam naturales noticiae, ut numeri: quas non accipit a sensu (ebd., 263)).
  232. Voluntas est potentia appetens supprema ac libere agens, monstrato obiecto ab intellectu. Actiones eius sunt, velle ac nolle. Et medium inter haec est, suspendere actionem: vult bona, quae aut sunt, [a]ut videntur talia. Repudiat mala, quae aut sunt aut videntur talia (Melanchthon, De anima, 1540, 278).
  233. Oelze 2018, 36.
  234. Cum autem sit homini ab aeterno Deo non modo vita attributa quemadmodum caeteris animantibus, sed aucta haec divino anhelitu, ut ratione et intelligentia, quae est consilii et mentis vis, homo sit praeditus: sequitur ut haec propria hominis natura et cognoscenda studiose et tuenda accurate esse videatur (Camerarius, Opuscula moralia, 1583, 186).
  235. Die analoge Frage nach der Abstufung von Tier und Pflanze spricht Melanchthon in der ersten Auflage seiner Schrift "De anima" an und verwirft sie sogleich: Sentiuntne plantae? Agitatur et haec quaestio, an plantae sint animalia, an sentiant: sed has inutiles quaestiones praecidamus. Plantae non sunt animalia, nec sentiunt (Melanchthon, De anima, 1540, 23).
  236. "Yet, the most interesting question is, how do the rational souls of humans compare to the sensory souls of nonhuman animals? If having a soul means having certain capacities or engaging in certain operations that are characteristic of this soul, what are the specific operations of rational souls?" (Oelze 2018, 37).
  237. Sensus tantum versatur circum singularia. Nec appraehendit, nec componit universalia (Melanchthon, De anima, 1540, 262).
  238. [S]ensus nullas habet innatas notitias (Melanchthon, De anima, 1540, 262). Oder später: Sensus nullas habet innatas noticias, ut pecudes non possunt numerare (Melanchthon, De anima, 1553, Bl. 134v).
  239. Nulli sensus, nulla bruta habent actus reflexos: apes extruunt mira opera, sed hanc ipsam architonicen non iudicant (Melanchthon, De anima, 1540, 262).
  240. [U]t cum vult Scipio praestare continentiam captiva nobili adducta, aut sitiens in febribus, vult abstinere a potu (Melanchthon, De anima, 1540, 278).
  241. Ἀλλ’ ἐκεῖνο νὴ Δία τοῦ Χρυσίππου πιθανὸν ... Ἡ δὲ ὗς ... οὐ δι’ ἄλλο τι πλὴν θύεσθαι ἐγεγόνει, καὶ τῇ σαρκὶ τὴν ψυχὴν ὁ θεὸς οἷον ἅλας ἐνέμιξεν, εὐοψίαν ἡμῖν μηχανώμενος (Porph. abst. III, 20).
  242. [Χ]ῆνας δέ τις, τούτους σιτιστοὺς δὴ λέγω, / τοὺς ὗς θ' ὁρῶν σιάλους, ἴσως ὀιήσεται / ἄλλ' οὐδὲν εἶναι τούσδε, πλὴν κρέας μόνον, / ἔχον ἀνθ' ἁλὸς ψυχῆς τι, πρὸς τὸ διαμένειν / ἄφθαρτον, ἤδ' ἄσηπτον, εἶδαρ εὔτροφον: / ἔνεσθ' ὅμως γε τοῖσδε νοῦ τι καὶ φρενός (Philes, De animalium proprietate, 1575, 184) oder in Bersmans Übersetzung: Quidam anseres, hos altiles inquam, videns, / Porcos saginatosque, forte duxerit / Nil esse, carnem praeter, illos quippiam, / Quae pro sale animam acceperit, putredine / Ne colliquescat, ferculum pascens probe. / Sed mentis haud illis inest prorsus nihil (Philes, De animalium proprietate, 1575, 185).
  243. Eine Frage, die auch von Thomas von Aquin, Aegidius Romanus und Albertus Magnus angesprochen wurde (vgl. Oelze 2018, 54f.).
  244. Vgl. Philes, De animalium proprietate, 1575, 185.
  245. Vgl. Philes, De animalium proprietate, 1575, 186.
  246. Ad bonam igitur curam hoc praecipue pertinet, Equus ut et ametur ipse, et tractatorem suum, a quo curatur, ... amet, et se illi curae esse sentiat (Xenophon, Hippocomicus, 1556, 10).
  247. Gemeint sind Plutarchs Schriften "Gryllus – An bruta animalia ratione uti" und "De sollertia animalium".
  248. [E]t iritari et placari, item abigi allicique bestias, cum voce tum gestibus ut non solum corpore illas, sed etiam animo sentire, hoc est quodam modo intelligere, certum sit (Xenophon, Hippocomicus, 1556, 11). Die Relativierung quodam modo wurde erst in der zweiten Auflage des "Hippocomicus" eingeführt, die Camerarius auch an anderen Stellen umfänglich überarbeitet hat. Dies zeigt, wie vorsichtig er bei der Formulierung seiner Hypothesen ist. Der Schritt von sentire zu intelligere, so klein er in Camerarius' Argumentation als einfaches hoc est erscheint, ist keineswegs trivial, sondern betrifft genau den Kernpunkt der Diskussion: Tiere besitzen eine anima sensitiva, damit ist das sentire gegeben. Intelligere wäre eben das Zeichen einer anima rationalis/intellectiva. Dass sentire bereits (eine gewisse Form von) intelligere impliziert, ist ein Argumentationsschritt, dessen Angreifbarkeit Camerarius in seinen späteren Jahren offenbar bewusster war und den er deshalb relativieren zu müssen glaubte.
  249. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, 11. Dieses Beispiel kann Camerarius aus Plutarch, Claudius Aelianus oder Sextus Empiricus haben (Ael. NA VI, 59, Plut. soll. an. 969b, S. Emp., P. H. I, 69); letzterer schreibt das Argument Chrysipp zu, womit Camerarius in seiner ersten Auflage richtig gelegen hätte.
  250. [Q]ui his [sc. equis] non tantum intelligentiam, sed divinam intelligentiam atque etiam orationem attribuit (Xenophon, Hippocomicus, 1556, 11).
  251. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, 12.
  252. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, 13.
  253. Vgl. Xenophon, Hippocomicus, 1556, 13.
  254. Ad intelligentiam quidem equorum quod attinet, ut de veritate rei pronunciare non ausim, ita mihi profecto, memoria, gloriae et laudis studium, ambitio, disciplina, atque alia huiusmodi, in his animadversa et haud obscuris signis deprehensa, sine aliqua intelligentia, prudentia, consilio, quae esse possint omnino inexplicabile videtur (Xenophon, Hippocomicus, 1556, 13f.).
  255. Neque ego hanc mentem, intelligentiamque ac rationem humanam esse dico, verum aliam quandam sui generis ac modi (Xenophon, Hippocomicus, 1556, 14).
  256. Existimantur animalia bruta et beluae, nec non aves atque pisces, posse communicare inter se cogitationes et voluntatem suam. quod si est verum, an illud verum non est haec prorsus esse ἄλογα, id est rationis expertia? de quo et Plutarchi disputationes extant. Nam si in illis est cogitandi quaedam vis, id est τὸ διανοητικόν, erit etiam τὸ λογιστικόν, id est quidam rationis usus (Camerarius, Decuriae, 1594, 170). Konrad Geßner schreibt, die Frage, ob Tiere kommunizierten, sei ungeklärt: Nam utrum aves et animantes aliae, suum inter se colloquium nobis ignotum misceant, in dubium vocari potest (Geßner, Historiae animalium liber III., 1555, 256).
  257. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 170.
  258. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 170.
  259. Habetur autem quasi commercium istarum avium pro fortunato: nam et excubant pro iis locis in quibus nidos construxerunt, strenue, et venenata devorant, et praesentire ruinarum atque ignis periculum creduntur (Camerarius, Decuriae, 1594, 170f.). Dass Störche willkommen sind, da sie giftige Tiere fressen, ohne daran selbst zu sterben, berichtet auch Konrad Geßner, vgl. Geßner, Historiae animalium liber III., 1555, 252. "[D]er vogel ist den slangen gar gehaz und setzet in vil lâg, und wie daz sei daz er die slangen und ander vergiftegez dinch ezz, doch stirbt er niht dâ von, sam Adelînus spricht" (Konrad 1861, 175). Ebenso HwbdAb 8, Sp. 499. Weiterhin: "[Der Storch] bringt ... dem Hause, auf dem er nistet, Glück, es bleibt vor Blitz und Feuer bewahrt" (HwbdAb 8, Sp. 499). Und: "Überträgt der St[orch] sein Nest auf ein neues Haus, so bedeutet das, daß das alte Haus durch Feuer zugrunde gehen wird" (HwbdAb 8, Sp. 504).
  260. Ne autem paterfamilias usum habitationis gratuitae concedere ipsis gravetur, ubi primum pullos exclusere, unum illorum quasi pro mercede locationis in aream deiicere eas, certum est. Non enim faciunt hoc odio erga sobolem suam, quum sint φιλοστοργόταται, usque adeo ut pietatis ab his proverbium natum sit τοῦ ἀντιπελαργεῖν (Camerarius, Decuriae, 1594, 171). So auch Konrad Geßner, vgl. Geßner, Historiae animalium liber III., 1555, 254, Z. 28 zum 'Opfer' und Z. 38 zum Wort ἀντιπελαργεῖν. Vgl. zum 'Opfer' auch HwbdAb 8, Sp. 499: "Dem Besitzer des Hauses wirft [der Storch] aus Dankbarkeit ein Junges herunter oder im ersten Jahr eine Feder, im zweiten ein Ei, im dritten ein Junges".
  261. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 171f.
  262. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 172.
  263. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 172.
  264. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 173. Ähnliches berichtet Konrad Geßner: Bei ihm ist es der (menschliche) Hausbesitzer, der den Betrug des Weibchens bemerkt und es eines Tages vom Waschen abhält; als das Männchen versteht, was geschehen ist, bringt es eine ganze Gruppe anderer Störche mit, die gemeinsam das Weibchen töten (vgl. Geßner, Historiae animalium liber III., 1555, 257). Dazu, dass Störche Weibchen töten, "diu êbrecherinn sint und sich niht gereinget habent in den wazzern nâch irr pôshait", vgl. auch Konrad 1861, 175f. und HwbdAb 8, Sp. 499 sowie 507.
  265. Das sog. Storchengericht kennt auch Johannes Bange in seiner 1599 gedruckten Thüringischen Chronick: "Anno 1355. Kamen vnzehliche viel Stoercke zu Creutzburg auff einer Wiesen zusammen/ Zerrissen ihrer Drey/ und flogen dauon" (Bange, Thüringische Chronick, 1599, Bl. 139r). Auch Ludwig Bechstein in seinem 1858 veröffentlichten Thüringer Sagenbuch kennt das Ereignis noch und beruft sich unter anderem auf die Stelle bei Bange als Quelle (vgl. Bechstein 1858, Bd. I,108f.). Von vergleichbaren Ereignissen, bei denen Störche sich versammeln und 'Gericht halten', wenn auch nicht in Creuzburg, berichtet Konrad Geßner, vgl. Geßner, Historiae animalium liber III., 1555, 253.
  266. [E]a specie quae est exercitus quum orbis quidam efficitur ad aliquarum rerum cognitionem (Camerarius, Decuriae, 1594, 173).
  267. Vgl. Camerarius, Decuriae, 1594, 173.
  268. Neque ego tamen assero eam vim rationis et intelligentiae, quae est in homine, esse in caeteris quoque animantibus: si enim est oratio interpres cogitationis atque mentis, quae natura orationis facultate caret, eam ne mente quidem praeditam esse existimandum (Camerarius, Decuriae, 1594, 173). Mit oratio meint Camerarius demnach spezifisch menschliche Sprache; schließlich hatte er zum Beginn der Fragestellung einige Seiten zuvor den Tieren Kommunikationsfähigkeit zugestanden. Dort verwendet er aber explizit nicht das Wort oratio, sondern den Ausdruck posse communicare inter se cogitationes et voluntatem suam; schließlich formuliert er ja eben auch die Frage, ob diese communicatio überhaupt durch Laute geschehe. Vgl. auch Oelze 2018, 49.
  269. Sed erit tamen in illis quiddam pro captu ingenii et conditione naturae singularum, simile et quodammodo par: ac tale quidem, ut sine eo ne humanae quidem rationis et considerationis facultas explicari exercerique posset. Hanc vim animi Aristoteles φαντασίαν appellavit, in qua est imaginum quaedam et visorum apparitio; et μνήμην, quae est memoria (Camerarius, Decuriae, 1594, 173f.).