Mathematische Wissenschaften (CamLex)

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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CamLex
Zitation Marion Gindhart und Alexander Hubert, Art. "Mathematische Wissenschaften (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Mathematische_Wissenschaften_(CamLex) (19.02.2024).
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Zitation Marion Gindhart und Alexander Hubert, Art. "Mathematische Wissenschaften (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Mathematische_Wissenschaften_(CamLex) (19.02.2024).
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Melanchthon, Camerarius und der Stellenwert der mathematischen Wissenschaften

Im Bildungsprogramm von Melanchthon und Camerarius kommt den mathematischen Wissenschaften, also den "Kenntnisgebiete(n), die sich auf mathematische Verfahren stützen" und deren gemeinsamer Gegenstand Größen (Quantitäten) sind, "differenziert nach der Zahl als diskreter Größe und der kontinuierlichen Größe der Geometrie" (Epple 2008, 132)[1] eine zentrale Rolle zu. Beide setzen sich für eine Förderung der mathematischen Ausbildung an Schulen und Universitäten ein; sie äußern sich programmatisch über den hohen praktischen wie epistemischen Nutzen von Arithmetik, Geometrie und Astronomie und sprechen sich dezidiert für die → Astrologie aus. Sie beschäftigen sich mit metrologischen Fragen und – im Falle von Camerarius' Dürer-Übersetzungen – auch mit den Gebieten der Kunst, Architektur und Fortifikation, die geometrische Techniken aufgreifen und weiterentwickeln. Wichtige Beiträge leistet Camerarius für die Erschließung antiker griechischer Werke. Seine (z.T. auch nicht in den Druck gelangten, unvollendeten) Arbeiten spiegeln das starke humanistische Interesse an Texten und Autoren der hellenistischen Mathematik (zentral die "Elemente" Euklids, aber auch Aristarch v. Samos oder Apollonios v. Perge) sowie an mathematischen Schriften und Kommentaren aus der mittleren/späten Kaiserzeit (z.B. von Nikomachos v. Gerasa, Kleomedes oder Diophant) und der Spätantike (z.B. von Theon v. Alexandria, Pappos oder Proklos), das sich in zahlreichen Neueditionen, Übersetzungen und Kommentierungen manifestiert.

(Marion Gindhart)

Melanchthon und die Mathematik an der Universität Wittenberg

Prägend für Melanchthons Interesse an den mathematischen Wissenschaften und insb. auch an der → Astrologie war sein Studium bei Johannes Stöffler in Tübingen.[2]
Nach seiner Berufung auf die Professur für Griechische Sprache setzte sich Melanchthon in Wittenberg maßgeblich für die Beförderung der mathematischen Disziplinen in der Artesfakultät ein. Bereits 1521 hatte er sich – nach dem Vorbild des Wiener "Collegium poetarum et mathematicorum" – für die Einrichtung von zwei mathematischen Professuren ausgesprochen.[3] Durch seine Bemühung kam 1525 zu der ursprünglichen (1514 eingeführten) Mathematiklektur eine weitere Stelle hinzu, so dass die Leucorea in Folge über eine Professur für "niedere" und eine für "höhere" Mathematik verfügte.[4] Zwischenzeitlich hatte Melanchthon, wohl während seines Rektorats 1523/24, auch Disputationen in Physik und Mathematik angewiesen.[5] Nach einer Notiz in Camerarius' Melanchthonbiographie (1566, 71) soll er "mit allem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln" die Studenten zur Beschäftigung mit den mathematischen Wissenschaften angehalten haben, da auf diesen "alle Wahrheit des menschlichen Wissens" beruhe.[6]
Als 1536 die Neubesetzung beider Mathematikprofessuren anstand und ihre dauerhafte Teilung bestätigt worden war, wurde die niedere Mathematik (zunächst in kommissarischer Verwaltung) Georg Joachim Rheticus übertragen, dessen programmatische Antrittsrede "Praefatio in arithmeticen" Melanchthon (mit-)verfasste. Rheticus wechselte 1542 an die Universität Leipzig und wurde (nun als Vertreter der höheren Mathematik) Kollege von Camerarius, der ihn dort qua Abwesenheit über mehrere Semester vertrat (↓ Camerarius und Georg Joachim Rheticus).
Die höhere Mathematik in Wittenberg fiel 1536 an Erasmus Reinhold, der wie Rheticus in Wittenberg studiert hatte. Camerarius setzt sich später auf Bitte Melanchthons[7] für die Übermittlung einer Zahlung ein, die Albrecht von Preußen für Reinholds Erstellung der "Prutenischen Tafeln" (gedr. 1551) bewilligt hatte.[8] Für das Titelblatt des Tafelwerkes hat Camerarius ein griechisches Werbegedicht verfasst, anlässlich von Reinholds Tod 1553 ein griechisches Epicedium.
Auch die Nachfolger erwiesen sich als gute Wahl (etwa Caspar Peucer sowie Erasmus Flock, Johannes Aurifaber und Sebastianus Theodoricus).[9] Wie in Wittenberg, das durch Melanchthons Initiative "zum Mittelpunkt des akademischen Mathematikunterrichts im Deutschlande der Reformationszeit" (Reich 2012, 87) wurde, wurden auch in Tübingen und Leipzig, den universitären Wirkungsstätten von Camerarius, jeweils zwei mathematische Professuren eingerichtet.

(Marion Gindhart)

Camerarius und die Mathematik an der Universität Tübingen

In Tübingen war Camerarius als Professor für Griechisch (1535-1537) und für Lateinische Poetik (1537-1541) tätig. Seine Berufung war Bestandteil der universitären Restrukturierungsmaßnahmen, die Herzog Ulrich von Württemberg nach seiner Bestätigung als Landesherr 1534 und dem Beginn der Reformation des Fürstentums eingeleitet hatte. Camerarius beteiligte sich (in Austausch mit Melanchthon) an der Neustrukturierung, arbeitete eine Neufassung der Statuten von Universität und Artistenfakultät aus und war u.a. für die Personalpolitik derselben verantwortlich.[10] Während seiner Zeit in Tübingen wurde die Mathematik von Philipp Imser, Schüler und Nachfolger Stöfflers, sowie Johannes Hiltebrand vertreten.[11] Imser war auch als Instrumentenbauer tätig und die Tübinger Universität verfügte über instrumenta mathematica aus dessen Werkstatt; als Geschenke verehrte er ihr 1540 einen hölzernen, 1554 einen metallenen Himmelsglobus.[12]
Die Tübinger "Forma studii" verband mit der Professur für Mathematik und Astronomie sowohl theoretische als auch praktische astronomische Unterweisungen.[13] In diesem Sinne förderte auch Camerarius, 1538 Rektor der Universität, die mathematischen und astronomischen Kenntnisse der Tübinger Studenten, wie etwa aus dem kleinen Gedichtband zur Sonnenfinsternis von 1539 hervorgeht. Hier setzen sich auch seine eigenen astronomisch-astrologischen Interessen fort, die sich beispielsweise in den 1535 erstmals in Nürnberg gedruckten lateinischen Arat-Bearbeitungen ("Phaenomena" und "Prognostica") manifestieren oder in der im selben Jahr bei Petreius erschienenen Ausgabe von "Tetrabiblos" (ed. pr. mit lat. Übersetzung der ersten beiden Bücher und Erläuterungen) und "Karpos" (mit lat. Übersetzung Pontanos) und der Edition zweier jüngerer Astrologica aus dem Regiomontan-Nachlass.

(Marion Gindhart)

Camerarius und die Mathematik an der Universität Leipzig

Nach seiner durch Melanchthon nachdrücklich betriebenen Berufung an die Universität Leipzig auf die Professur für Griechisch und Latein (1541-1574) wird Camerarius schnell in die dortigen Reformbemühungen Caspar Borners einbezogen und Teil eines Siebenmännerkollegiums, das von Herzog Moritz von Sachsen offiziell mit der Neustrukturierung der Universität beauftragt wird. In mehreren Briefen zeigt sich Camerarius enttäuscht über die herrschenden Zustände und nicht weniger ungehalten über die aufwendige, schwierige und für ihn unerwartete Aufgabe.[14] Im Zuge der Reform, die 1544 im Wesentlichen abgeschlossen war (mit einer Neufassung der allgemeinen Statuten und der Artesfakultät, für die Camerarius verantwortlich zeichnet), wurden die "walzenden Lektionen" in der Artistenfakultät endgültig abgeschafft und eine Reihe fester Professuren auf Lebenszeit installiert, etwa die Professur für höhere Mathematik.
Für diese konnte Georg Joachim Rheticus gewonnen werden, der 1542 von Wittenberg nach Leipzig wechselte. Während einer mehrsemestrigen Abwesenheit wurde er von Camerarius vertreten, der u.a. über Proklos' "Hypotyposis" las (↓ Camerarius und Georg Joachim Rheticus). 1549 erschien eine (nominell) von Rheticus herausgegebene zweisprachige Ausgabe der ersten sechs Bücher von Euklids "Elementen", für die Camerarius die lateinische Übersetzung und ein unter Rheticus' Namen verfasstes Vorwort beisteuerte.
Camerarius hatte sich auch für die Anstellung des Mathematikers Johann Hommel eingesetzt, der zunächst über die medizinische Fakultät zwischenfinanziert wurde, 1551 die Nachfolge von Rheticus antrat und 1558 Camerarius' Tochter Magdalena heiratete; mit ihm beobachtete er auch den Komet des Jahres 1556 (↓ Camerarius und Johann Hommel).
In die Leipziger Zeit fallen neben der Euklidausgabe weitere Werke, die Camerarius für den mathematischen Unterricht verfasste, etwa eine Einführung in die Logistik unter Verwendung griechischer Quellen (1557), deren korrigierte Neuauflage (1569) um einen auf griechischen Scholien basierenden Kommentar zu Nikomachos' "Introductio arithmetica" erweitert wurde (↓ Lateinische Lehrwerke auf Basis griechischer Handschriften). Dazu kommen einige Projekte, die nicht in den Druck gelangten, etwa eine Übersetzung und Kommentierung von Proklos' "Hypotyposis", über die Camerarius gelesen hatte (dazu und zu weiteren Vorhaben [Ps.-Proklos, Diomedes] ↓ Geplante Projekte und Vorarbeiten). Mathematische quaestiones finden sich mit denen anderer Disziplinen in von Camerarius präsidierten Leipziger Disputationen sowie in postum herausgegebenen Sammlungen (↓ Mathematische quaestiones). Diese beschäftigen sich mit zahlreichen Themen, darunter auch Fragen der Analogie/Proportionenlehre, mit denen sich Camerarius in Leipzig auch in gebundener Sprache und auf Griechisch auseinandersetzt (↓ Griechische und lateinische Dichtungen).

(Marion Gindhart)

Melanchthon und Camerarius über die Bedeutung der Mathematik

Melanchthon stellte die Bedeutung der Mathematik in Programmreden (auch für Dritte, vgl. ↑ Melanchthon und die Mathematik an der Universität Wittenberg) und in zahlreichen Widmungsbriefen und Vorworten zu lateinischen mathematischen und astronomischen Lehr- und Grundlagenwerken antiker, mittelalterlicher und zeitgenössischer Autoren heraus und engagierte sich für deren Verbreitung.[15] Camerarius publizierte, wie erwähnt, auch selbst Texte für den mathematisch-astronomischen Unterricht, die er mit entsprechenden Paratexten versah. Zentral für die Hochschätzung der Geometrie als apriorische und dem Menschen angeborene Wissenschaft mit ubiquitärem Nutzen ist hier der Christoph von Karlowitz zugeeignete Widmungsbrief zur o.g. zweisprachigen Euklidausgabe (1549).
Für Camerarius wie auch für Melanchthon spielen pythagoräische und (neu)platonische Zugänge zur Mathematik eine wichtige Rolle und nehmen diese auch bei ihren Ausführungen zur Bedeutung der Mathematik, ihres Bildungswertes und ihrer ethischen Dimension ein. Grundsätzlich hat die Mathematik vielerlei praktischen Nutzen, sie schult das logische Denken und befördert zugleich Tugenden wie Wahrheitsliebe, Sorgfalt und Mäßigung. Arithmetik und Geometrie gewähren Wissen durch sichere Beweise, sind methodologisches Modell und Propädeutik für andere Fächer und die Grundlage für die Astronomie, die damit zu einer 'exakten' Wissenschaft wird. Zentrales Moment der Mathematik ist allerdings die Verweisfunktion auf Gott, da sie (als zu pflegende Gabe Gottes) zur Erkenntnis des sich in mathematischen Strukturen fassbaren Weltenbaus und der Weltenlenkung und damit schöpfungstheologisch zur Gotteserkenntnis (qualis sit Deus) im Sinn einer Gesetzeserkenntnis führt (während die Erkenntnis der essentia Dei, die Heilstheologie, der biblischen Offenbarung vorbehalten bleibt).[16] Die Mathematik wird so zur 'Dienerin' der Theologie, macht die Natur und den sich in ihren Elementen manifestierenden Willen Gottes lesbar und bestärkt Glauben und Frömmigkeit. Die Vorstellung des Deus geometra in der Tradition des platonischen "Timaios" weist dabei die menschliche Ausübung der Geometrie als gottgefällige Tat, ja Verpflichtung aus.[17]
Die Betonung des hohen Stellenwertes der Mathematik innerhalb der wissenschaftlichen Disziplinen zeigt sich immer wieder verbunden mit Klagen über ihre Vernachlässigung (an den Hohen Schulen wie an den Höfen)[18] und die ungerechtfertigte Geringschätzung der Mathematiker. Überschwänglich ist demgegenüber das Lob für Förderer der mathematischen Wissenschaften, etwa den Nürnberger Rat.[19]

(Marion Gindhart)

Camerarius' Schriften zu den mathematischen Wissenschaften – Formate und Inhalte

Vermittlung antiker griechischer Werke: Edition – Übersetzung – Kommentar

In der Korrespondenz des Camerarius und auch in Paratexten zu seinen Drucken findet sich wiederholt die Klage über wenig verlässliche Textgrundlagen und über fehlerhafte bis sinnentstellende Übersetzungen. Besonders prekär zeigt sich die Lage für griechische Fachtexte, die für Camerarius wie für Melanchthon einen unschätzbaren doppelten (disziplinären und sprachlichen) Nutzen besitzen. Camerarius setzt hier mit seiner philologischen und fachlichen Kompetenz an, nicht ohne auch Mathematiker (etwa Johann Hommel oder Valentin Thau) zu konsultieren, oder die Drucklegung unter Aufsicht eines Mathematikers (etwa von Sebastianus Theodoricus) zu stellen. Es gelang ihm jedoch nicht, alle geplanten Projekte zu vollenden bzw. in den Druck zu bringen.

Realisierte Projekte

  • In den 30er Jahren gleich mehrfach gedruckt wurden Camerarius' lateinische Bearbeitungen von Arats "Phainomena" und "Diosemeia". In diesen umfangreichen Lehrdichtungen ("Phaenomena" und "Prognostica", Erstdruck 1535) setzt er sich, wie Walter Ludwig gezeigt hat (Ludwig 2003) kreativ und eigenständig mit den griechischen Vorlagen auseinander. Er scheint damit ein älteres Projekt Philipp Melanchthons aufzugreifen: Dieser hatte sich auf Anregung seines Tübinger Lehrers Johannes Stöffler schon 1518 intensiver mit einer Arat-Übersetzung beschäftigt, diese aber nicht publiziert.[20] 1521 gab Melanchthon dann die "Phainomena" als Studienausgabe in Wittenberg heraus (mit großzügigem Durchschuss und breitem Seitenrand für Kommentierungen) und las 1522 darüber. In der Dedikation an Hieronymus Baumgartner (aiv-aiir) betont Melanchthon sein Programm, Schriften von Autoren zu edieren, anhand derer man die griechische Sprache und Wissenschaft lernen könne[21] und die zugleich Sprache und Geist bildeten. Arat sei für diese Doppelfunktion aufgrund seiner Qualität als Dichter und Vermittler von Naturwissen hervorragend geeignet (aiv-aiir). Unter den nondum edita des Camerarius, der in Tübingen und/oder Leipzig ebenfalls über Arat gelesen haben dürfte, soll sich laut Summerus 1646 (D4v) auch ein Kommentar zu den "Phainomena" befunden haben.
  • Verwirklicht hat Camerarius mit Georg Joachim Rheticus eine komfortabel zu benutzende zweisprachige Ausgabe der ersten 6 Bücher von Euklids "Elementen". Für diese 1549 gedruckte, illustrierte Edition (Neuauflage 1577 mit demonstrationes von Moritz Steinmetz zu den ersten drei Büchern) steuerte Camerarius die lateinische Übersetzung und – unter Rheticus' Namen – die programmatische Widmung an Christoph von Karlowitz über den ubiquitären Nutzen der Geometrie als den Menschen angeborene, apriorische Wissenschaft bei. Hierin proklamiert Camerarius sowohl die mathematische als auch sprachliche Leistungsfähigkeit der Ausgabe: Die vorgelegten sechs Bücher seien unabdingbare Grundlage für die Beschäftigung mit der Mathematik; zugleich ermögliche die (alternierende) zweisprachige Ausgabe ein Erlernen des Griechischen, das als Wissenschaftssprache eine besondere Qualität besitze.
Auch in späteren Jahren interessiert sich Camerarius für Überlieferungszeugen zu Euklid. So bemüht er sich 1567 um einen wertvollen Codex aus dem Besitz des Johannes Sambucus, der sämtliche Werke Euklids (und weitere Texte zur Geometrie) enthielt. Sambucus hatte ihm ein Verzeichnis seiner reichen Buchbestände zukommen lassen und Entleihungen angeboten.[22] Allerdings erschienen Camerarius die Bedingungen, die (sein ehemaliger Leipziger Schüler) Sambucus für die Übersendung der Handschrift in einem Brief an seinen Sohn Joachim stellte[23] als nicht akzeptabel und er nahm von der Abfrage Abstand.[24] Sambucus hatte für eine zehnmonatige Ausleihe des mit Textfiguren und Annotaten reich ausgestatteten Codex ein Pfand von 200 Talern oder einen Bürgen verlangt. Sambucus versuchte, bei Camerarius einzulenken,[25] doch ist unklar, ob dieser die Handschrift in Folge in Leipzig erhielt. Zumindest dürfte er sie bei seinem Wienaufenthalt im Folgejahr eingesehen haben, bei dem er auch Bücher aus Sambucus' Bibliothek vor Ort entleihen konnte.[26] Er mahnte jedenfalls Sambucus beständig, mathematische Werke aus seinem Besitz drucken zu lassen.[27] Seit etwa 1570 befindet sich der begehrte Codex dann bei Konrad Dasypodius, der ihn von Sambucus für seine bei Episcopius geplante Edition und Übersetzung erhalten hatte,[28] aber die Texte weder heraus- noch die Handschrift an Sambucus zurückgegeben hat.[29]

Geplante Projekte und Vorarbeiten

Auch bei Camerarius gelangten einige Vorhaben zu Edition, Übersetzung oder Kommentierung antiker griechischer mathematischer und astronomischer Schriften nicht in den Druck.

  • Summerus 1646 (D5v) führt unter den (opera) imperfecta sowohl einen Kommentar in Hypotyposes Procli als auch eine Übersetzung und Auslegung von dessen Hypotheses an (es handelt sich um dasselbe Werk, die "Hypotyposis astronomicarum positionum"). Tatsächlich las Camerarius zweimal in Leipzig während der Abwesenheit von Georg Joachim Rheticus über Proklos' "Hypotyposis", im SS 1546 (am griechischen Original; editio princeps von Simon Grynäus, Basel 1540) und im SS 1548 (mit eigener diktierter lateinischer Übersetzung und Kommentierung). Zur Vorlesung von 1548 existiert eine studentische Mitschrift von Philipp Wagner aus Pegau.[30] Nach einer Einführung von Camerarius (1r-6r) folgt (6v-30r) eine "Versio" von Kapitel 1 der "Hypotyposis" in einzelnen Tranchen mit Kommentierungen und Figuren, dann folgen in derselben Weise ausgewählte Stellen des 2. Kapitels (30r-58v). Auf 58v findet sich ein Vermerk in roter Tinte, dass ab hier (Kapitel 3) Rheticus die Vorlesung wieder übernommen hat.[31]
An einer Publikation von Camerarius' Übersetzung bestand großes Interesse: So bittet Melanchthon ihn etwa 1552[32] mit Verweis auf die sinnentstellende Übertragung von Giorgio Valla[33] um eine dringend nötige, korrekte Version. Camerarius kam dieser Bitte nicht nach und so musste Andreas Dudith 1568 (wiederholt) um eine Abschrift der lateinischen Übersetzung anfragen, von der ihm Rheticus ein kurzes Stück gezeigt hatte.[34]
Zwei von ihm selbst angekündigte Projekte konnte Camerarius ebenfalls nicht in den Druck bringen:
  • Im Widmungsbrief von "De notis numerorum" an Johann Ulrich Zasius (dat. 27.11.1556) berichtet er von seiner aktuellen Beschäftigung mit (Ps.-)Proklos' "Sphaera" und kündigt an, eine Erklärung des Werkes fertigzustellen und zu publizieren, sobald es die Zeit zulässt.
  • Im Begleitbrief zur Neuauflage von "De notis numerorum" an Sebastianus Theodoricus (dat. 25.08.1569) kritisiert er die inakzeptable Qualität der kursierenden Druckausgabe von Kleomedes' "De motu circulari corporum caelestium" und stellt auf Basis einer Handschrift, die er von Hieronymus Baumgartner noch zu dessen Lebzeiten erhalten hatte, eine Neuausgabe und -übersetzung in Aussicht. Bei der kritisierten Edition dürfte es sich um die von Marcus Hopper herausgegebene zweisprachige Sammelausgabe handeln, die neben Kleomedes' Schrift auch (Ps.-)Proklos' "Sphaera", Arats "Phainomena" und die "Descriptio orbis habitabilis" des Dionysius Periegetes enthielt.[35] Hopper und Heinrich Petri hatten hier "als Hilfe für die Anfänger" (iuvandi rudiores studio facimus, †6r) die griechischen Texte und die lateinischen Übersetzungen parallel nebeneinander gesetzt und dies auch auf dem Titelblatt beworben.[36] Die lateinische Kleomedes-Übersetzung stammte (wie die von Melanchthon verworfene zu Proklos' "Hypotyposis") von Giorgio Valla. Camerarius scheint das Vorhaben einer eigenen zweisprachigen Neuausgabe schon etwas länger verfolgt zu haben: bereits 1558 hatte er seinem Schwiegersohn Johann Hommel Textproben aus Kleomedes (Cleomedea quaedam) mit Übersetzung geschickt[37] und ihn u.a. um die Überprüfung von drei markierten Stellen gebeten.
Die Drucklegung wurde jedoch ebensowenig realisiert wie die seines geplanten Kommentars zu (Ps.-)Proklos' "Sphaera".

(Marion Gindhart)

Lateinische Lehrwerke auf Basis griechischer Handschriften

Auf der Grundlage griechischer libelli, die Camerarius über den Augsburger Patrizier Johann Baptist Haintzel erhalten hatte, publizierte er 1557 eine didaktisch aufbereitete lateinische Einführung in die Logistik. Dem eigentlichen "Tractatus logistices" voran gehen philologische Überlegungen sowie basale Ausführungen zu den Zahlen und ihrer Einteilung.[38] Der "Tractatus" beginnt mit einem Rekurs auf Zahlschriften und Zählpraktiken und handelt dann die Grundrechenarten, Wurzeln und Potenzen, Verhältnisse und Proportionen ab. Es folgt eine Sammlung gemischten Inhalts (v.a. προβλήματα zu Proportionen, darunter auch zur Würfelverdoppelung), danach eine Zusammenstellung von "Παίγνια λογιστικά" (u.a. Widerlegungen von Trugschlüssen oder unterhaltsame Textaufgaben, in quibus cogitationem puerilem exerceri prodest, F4r). Camerarius verweist hier auch auf ähnliche Aufgaben, die seiner "Ἀριθμολογία ἠθική" (Erstausgabe 1551) beigegeben sind.[39] Den Abschluss bilden Erklärungen zu mathematischen Stellen in Werken Platons (aus dem "Theaitetos" und den Büchern 7 und 9 der "Politeia") sowie einem bei Athenaios referiertem Problem.
Die Druckausführung in der Nürnberger Offizin von Joachim Heller war jedoch so mangelhaft, dass Camerarius 1569 eine berichtigte Neuausgabe bei Johann Krafft d.Ä. in Wittenberg drucken ließ und die Druckaufsicht dem dortigen Mathematiker Sebastianus Theodoricus überantwortete. Dieser Ausgabe war eine – nach eigenen Aussagen – vorlagengetreue Übersetzung eines griechischen Kommentars zur "Introductio arithmetica" des Nikomachos von Gerasa beigefügt. Manuel Huth hat die handschriftliche Vorlage, die Camerarius von Hieronymus Baumgartner erhalten hatte (und auch nach dessen Tod immer noch besaß)[40] identifiziert.[41] Dadurch erhellt sich, dass Camerarius – anders als es seine Äußerung erwarten lässt – nicht einfach einen griechischen Fließtext übertragen hat; vielmehr hat er auf Basis der in der Handschrift vorgefundenen Scholien eine Kommentierung (mit vielen Eigenanteilen) erarbeitet und sich auch kritisch mit dem Text auseinandergesetzt.[42] Beigezogen hat Camerarius (wie er im Brief an Theodoricus erwähnt) auch Teile aus Ps.-Jamblichs "Theologumena arithmeticae" (Paris 1543). Diese verwendet er paraphrasierend und ohne weitere Kennzeichnung in einem beigefügten Teil über den Symbolgehalt der Zahlen ("Arithmeticae Symbolae", P4v-Q5v). Als 'Lagenfüller' schließen den Druck mehrere kurze Texte mit unterschiedlichen mathematischen Inhalten ab.

(Marion Gindhart)

Mathematische quaestiones

Eine ganze Reihe mathematischer quaestiones findet sich in den gemischten "Problemata"-Anhängen von Disputationen, die Camerarius in den 1560er Jahren in Leipzig präsidierte.[43] Sie stammen aus den Bereichen Arithmetik (auch Analogie), Geometrie, Astrononomie, aus der pythagoreischen Zahlenlehre und der platonischen Philosophie. Auch terminologische Fragen werden berührt. Die 1594 postum erschienene umfangreiche Sammlung "Decuriae συμμίκτων προβλημάτων" enthält drei mathematische quaestiones: Eine zur Harmonie- und Proportionenlehre mit Zitat und Übersetzung aus Camerarius' "Versus senarii de analogiis" zur Auffindung der Mitten,[44] eine zum Schattenwurf der Pyramiden,[45] eine zu ratio und cogitatio bei Aristoteles mit Referenz auf Dreieck und Quadrat[46]. Ein Block von weiteren 11 mathematischen quaestiones liefert die 1596 publizierte "Appendix problematum" im Abschnitt "Mathematica" (58-67). Auch sie bieten Vermischtes, darunter einiges zur Zahlen- und Proportionenlehre, sowie eine Frage zur Mechanik (Wirkungen von Kräften auf Stock) und zu Kegelschnitten.

(Marion Gindhart)

Kurzprosa

Camerarius tauschte sich in den 1520er Jahren mit Melanchthon über Fragen zu Maßangaben aus.[47] 1529 erschienen dessen Verzeichnisse antiker Hohlmaße und Münzen auf einem Einblattdruck in Wittenberg.[48] Im Sommer desselben Jahres wurden sie mit einem Widmungsbrief des Camerarius an die studiosi bonarum literarum (dat. 13.08.1529) als Libelldruck bei Petreius in Nürnberg publiziert.[49] In diesem kurzen Text ergänzt Camerarius Informationen zu einzelnen Hohlmaßen (während Melanchthon etwa den in Wittenberg gebräuchlichen Nössel als Pendant zum Sextarius nennt, führt Camerarius das in Nürnberg übliche Seidlein [Seydella, 5r] an) und verzeichnet zusätzlich die Längenmaße, die auf dem Wittenberger Einblatt keinen Platz fanden (6r-7r, ebenfalls mit Relation zu deutschen Maßen). Als Ergänzung zum Congius ist Camerarius' "Scholion de congiario" zu lesen, ein kurzer Text, der von Ludwig Camerarius 1572 aus den handschriftlichen Aufzeichnungen seines Vater herausgegeben wurde. Laut Überschrift hatte Camerarius diesen einmal (aliquando) auf Bitte einer nicht näher genannten Person praecipuae dignitatis (ggf. Melanchthons?) verfasst. Um Längenmaße (ὀργυιά: nautischer Faden und ulna: Elle) geht es in einem undatierten Brief an Vincentius Opsopoeus (zwischen 1527 und 1539).

(Marion Gindhart)

Griechische und lateinische Dichtungen

Zu den bereits erwähnten Arat-Bearbeitungen des Camerarius treten weitere griechische und lateinische didaktische Dichtungen.

  • Darunter befinden sich die umfangreichen "Versus senarii de analogiis" (1554, 192 griechische Senare). Sie vermitteln – gemeinsam mit einem einführenden Widmungsbrief an Wolfgang Meurer und einer nachgeschalteten kurzen Prosa-Erklärung (beides auf Latein) – das Wissensfeld Analogie/Proportionenlehre.[50] Mit Platon weist Camerarius der Analogie bzw. dem "passenden Verhältnis" (proportio), das nach Proklos vom göttlichen Einen ausgeht und auf es zurückführt, eine zentrale Bedeutung als welterhaltendes Band zwischen den Elementen zu.[51] Bei der kontinuierlichen Analogie (proportio continuata) gibt es drei Mitten (media), die arithmetische, geometrische und harmonische. Diesen Mitten, ihrer Definition und Auffindung sowie ihrer Relevanz für diverse gesellschaftliche Bereiche (z.B. gerechte Verteilungen nach Rang und Gütern gemäß der geometrischen Analogie) und die Aufteilung des Himmelskreises nach den vier wirkmächtigen Aspekten (Opposition, Trigon, Quadrat, Sextil) widmen sich die "Versus". Der Widmungsbrief dient als Propädeutik, die kurze Erklärung als Verständnishilfe (sowohl sprachlich wie inhaltlich, insb. zu den Analogien der Planetenaspekte). Camerarius hatte sich für eine Kommentierung und gegen eine lateinische metrische Übersetzung entschieden, da Mathematisches bevorzugt auf Griechisch verfasst sei und sich die lateinische Sprache hierfür nicht anbiete.[52]
Grundständige Definitionen mit der griechischen und lateinischen Terminologie gibt die von Camerarius aufbereitete "Logistik";[53] prominent sind die proportiones im Abschnitt "Ἐρανίσεις λογιστικαί".[54] Im Nikomachoskommentar (1569) nimmt die Analogie größeren Raum ein, dort distanziert sich Camerarius auch "von einer bestimmten Auffassung des Nikomachos und des Verfassers der Scholien (...), die sich auf die mathematische Bestimmung von Mitten zwischen dreidimensionalen Zahlen bezieht" (Huth masch., 236).[55] Eine quaestio der "Decuriae" (42-51)[56] widmet sich den musikalischen Harmonien der Pythagoräer (mit geometrischem Beweis) und den drei Mitten (wie die "Versus", aus denen auch zitiert wird (7v) – sogar metrisch auf Latein). Die Analogie als Grundlage korrekter Mischverhältnisse findet sich in Camerarius' Theriakschrift sowie in seiner griechischen Dichtung über die Tintenherstellung.[57]
  • Weitere, kürzere Dichtungen in griechischer und lateinischer Sprache behandeln in erster Linie astronomische Themen: In der griechischen Epigrammsammlung von 1538 finden sich nach einem kurzen Epigramm "Εἰς ἀστρολόγους", das launig den Zuwachs der Sphärenzahl verhandelt, vier Katalogdichtungen, die astrologisches und astronomisches Grundwissen vermitteln. Auf eine iambische Dichtung mit primär astrologischen Inhalten (→ Astrologie) thematisieren zwei kürzere Gedichte (OC 0291 und OC 0316) die Anordnung der Planeten (jeweils absteigend vom Saturn bis zum Mond), wobei das letztere κατ' Αἰγυπτίους Merkur und Venus als "Begleiter der Sonne" (also als um sie kreisende Planeten) ausweist und auch in der Umschreibung der Planetennamen variiert; ein weiteres (OC 0301) nennt die Zodiakalzeichen (Widder-Fische). Ein umfangreicheres, lateinisches Kataloggedicht, das die antiken Sternbilder listet, hat Theodor Graminaeus seiner 2. Auflage (1570) der antiken lateinischen "Aratea" und Hygins "De astronomia" vorgeschaltet als summa der folgenden Werke. Interessant ist, dass Camerarius' Dichtung für die Sternbilder der südlichen Hemisphäre dieselben Leerstellen (und insgesamt dieselbe Reihung) aufweist wie (Ps.-)Ausonius' "De signis caelestibus".

Astronomisch-astrologische Gelegenheitsgedichte veröffentlichte Camerarius anlässlich von Sonnenfinsternissen. So zur bevorstehenden Eklipse vom 18. April 1539 (OC 0349, begleitet von einer allgemeiner gehaltenen griechischen Dichtung).[58] Die Finsternis beobachtete er in Tübingen und hielt seine dortigen Studenten zu Observation und Auslegung an (vgl. hierzu auch das von ihm angeregte und herausgegebene Gedicht von Heinrich Wolf, das in der kleinen Sammlung "De solis defectu" Camerarius' beiden Dichtungen vorangeht). Über die Sonnenfinsternis vom 17. April 1540, ihre Parameter, Phänomenologie und Folgen schreibt er ebenfalls prospektiv in einem Briefgedicht an den Basler Drucker Johann Oporinus. Im Verbund mit weiteren Eklipsendichtungen aus dem Melanchthonkreis finden sich alle genannten Kasualcarmina in einer Appendix der von Luca Gaurico besorgten Neuausgabe von Bonincontris "De rebus naturalibus et divinis" (1540). (→ Astrologie)
Camerarius beobachtete auch die Kometen der 1530er und 1550er Jahre (Komet C/1556 D1 etwa mit Johann Hommel in Leipzig),[59] tauschte sich mündlich und schriftlich über sie aus (etwa mit Melanchthon, Daniel Stiebar, Christoph von Karlowitz, Hieronymus Baumgartner oder Georg Fabricius) und verfasste zwei umfangreiche lateinische Kometenschriften ("Norica", 1532 und "De cometis", 1558), die mehrfach nachgedruckt und auch in das Italienische bzw. Deutsche übersetzt wurden (→ Astrologie).

Für einige Werke bedeutender Mathematiker und Astronomen steuerte er Werbegedichte bei, etwa für Johannes Schöners Schriften zum Himmels- und Erdglobus (OC 0123 und OC 0138; 1533; lat.), für Erasmus Reinholds "Prutenische Tafeln" (OC 0528; 1551; griech.) oder Caspar Peucers Lehrwerk "Elementa doctrinae de circulis coelestibus et primo motu" (OC 0527; 1551; griech.). (Zu Camerarius und Reinhold ↑ Melanchthon und die Mathematik an der Universität Wittenberg, zu Camerarius und Schöner ↓ Camerarius und Johannes Schöner).
Hochinteressant ist ein dialogisches griechisches Werbegedicht des Camerarius, das sich von seiner Hand geschrieben (mindestens) zwei Exemplaren von Nikolaus Kopernikus' "De revolutionibus" (1543) beigegeben findet. Ein Exemplar hatte Georg Joachim Rheticus, auf dessen Initiative "De revolutionibus" in Nürnberg gedruckt worden war, am 20.04.1543 Andreas Aurifaber dediziert (Expl. ehem. Sammlung Giancarlo Beltrame).[60] Ein weiteres Exemplar (Erstbesitzer unbekannt) befindet sich in Parma (Biblioteca Palatina, Sign. M IV 12785). Johannes Kepler übersetzte Camerarius' Gedicht (so die subscriptio) am 22.12.1598 ins Lateinische und trug den Text (mit einigen folgenden Verbesserungen) auf einem vorderen Vakatblatt seines Handexemplars von "De revolutionibus" ein.[61]

(Marion Gindhart)

Übersetzungen zeitgenössischer Schriften

Camerarius übersetzt die Werke Albrecht Dürers zur Konstruktionslehre, zur Proportionenlehre und zur Fortifikation in das Lateinische und ist so maßgeblich an der europäischen Rezeption dieser Schriften beteiligt. Als erster Teil einer geplanten Gesamtübersetzung der Dürerschriften in das Lateinische und Französische erscheint die "Underweysung der messung" (1525) in Camerarius' Übertragung ("Institutiones geometricae") erstmals am 05.08.1532 bei Christian Wechel in Paris.[62] Auf Wunsch Dürers übernimmt Camerarius auch die Übersetzung von dessen "Vier bücher von menschlicher Proportion" (1528, postum), die in zwei Tranchen in Nürnberg bei Hieronymus Andreae unter Verwendung der originalen Stöcke und der von ihm geschnittenen Frakturlettern gedruckt wird ("De symmetria partium humanorum corporum": Bücher 1 und 2, 1532 mit einem Glossar der Körperteile; "De varietate figurarum et flexuris partium et gestibus imaginum": Bücher 3 und 4, 1534).[63] 1535 folgt wiederum bei Christian Wechel die Übersetzung der 1527 erschienenen Abhandlung "Etliche vnderricht/ zu befestigung der Stett/ Schlosz/ vnd flecken" ("De urbibus, arcibus, castellisque condendis, ac muniendis, rationes aliquot").
Die Hochschätzung Düres manifestiert sich u.a. in der Kurzbiographie, die Camerarius in der Vorrede an die Leser "De symmetria" voranstellt. Hier findet sich auch der Hinweis, dass Dürer Camerarius kurz vor seinem Tod um die Übersetzung der Proportionenlehre gebeten habe und seine Freunde diesen Wunsch nach seinem Tod bekräftigten (A3v). In "De varietate figurarum" erweitert Camerarius die in der deutschen Fassung abgedruckten Nachrufe von Willibald Pirckheimer um vier kurze Epigramme von Eobanus Hessus sowie um zwei eigene Dichtungen auf Latein und auf Griechisch.[64]
Die Herausforderungen, Leistungen und Ziele des Übersetzens werden mehrfach paratextuell erläutert. In "De symmetria" etwa im Titelepigramm, in der Vorrede an die Leser sowie in den Prolegomena und der Widmung an Christoph Coler, der Camerarius von der Übernahme des Übersetzungsprojektes überzeugt habe; zudem in der Praefatio von "De varietate", die u.a. auf die zu weiten Teilen fehlende Redaktion des deutschen Textes durch Dürer verweist, der vor seinem Tod lediglich das erste Buch der Proportionenschrift für den Druck überarbeiten konnte.

(Marion Gindhart)

Camerarius' mathematische Netzwerke

Camerarius und Johannes Schöner

In nahem räumlichen Kontakt steht Joachim Camerarius mit dem aus dem unterfränkischen Karlstadt stammenden Mathematiker Johannes Schöner während der gemeinsamen Lehrtätigkeit am 1526 eröffneten Nürnberger Egidiengymnasium (Spätsommer 1526 – Spätsommer 1535).[65] Schöner war dem durch Willibald Pirckheimer vermittelten Stellenangebot nur zögerlich nachgekommen und berichtet in einem Brief an ihn (dat. 18.05.1526),[66] dass Camerarius, der die Stelle als Rektor und die Griechischlektur übernahm, ihn ebenfalls wegen der Stelle angeschrieben und er diesen über seine Bedenken (vorgeblich eigene Unzulänglichkeiten)[67] informiert habe.
Schon einige Jahre zuvor hat Camerarius über die Vermittlung des aus Würzburg stammenden Bamberger Patriziers Johann Seiler drei Globen zur Auslieferung nach Erfurt bei Schöner in Auftrag gegeben.[68] Schöner hatte sich nach Fertigung seines ersten Erdglobus (1515, in enger Anlehnung an die Waldseemüller-Karte, die erstmals den Namen 'America' nennt und den Isthmus von Panama verzeichnet)[69] und der Begleitpublikation "Luculentissima quaedam terrae totius descriptio" schnell als Globenmacher einen Namen gemacht. Sein Förderer Seiler hatte 1520 für seine Kunstsammlung einen prächtigen bemalten Erdglobus von etwa 88cm Durchmesser von Schöner anfertigen lassen.[70] In Serie hergestellte, allesamt kleinere (Normgröße ca. 27cm), mobile und erschwingliche Globen, die mit gedruckten Kartensegmenten beklebt wurden, sind in größerer Zahl seit 1515 (Erdgloben) bzw. 1517 (Himmelsgloben)[71] belegt. Zu diesen seriell gefertigten Globen zählten sicherlich auch die von Camerarius bestellten Exemplare. Das späteste Globenpaar in dieser Ausführung fertigte Schöner 1533 für Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen an.[72] Flankiert wurden die beiden neuen Globen erneut durch zwei Beschreibungen und Erklärungen ("Globi stelliferi usus" und "Opusculum geographicum"), die ebenfalls dem Fürsten gewidmet waren. Zu diesen beiden Publikationen steuerte Camerarius ein Epigramm-Set für die Titel bei (OC 0123 und OC 0138). Camerarius war auch selbst im Besitz von Globen. So schickte er private Exemplare (ein Globenpaar?) zu Johann Hommel nach Dresden für den Gebrauch am Fürstenhof.[73]
Der persönliche Kontakt zu Schöner in Nürnberg scheint Camerarius' Interesse an der Globenherstellung und der Mathematik beflügelt zu haben.[74] Auch kann er davon profitieren, dass Schöner Zugang zu den in Nürnberg verbliebenen Teilen des Regiomontan-Nachlass besitzt (und Schriften daraus erworben hatte, z.T. auch aus dem Besitz Pirckheimers).[75] Schöner gibt eine Reihe unpublizierter Schriften Regiomontans heraus, darunter die wichtige zur Trigonometrie (1533), für die Camerarius ein griechisches Gedicht auf Regiomontan und Peuerbach verfasste.
Als Instrumenten- und Globenhersteller, Mathematiker und Astrologe ist Schöner eine Autorität. Aufgesucht wird er im Herbst 1538 etwa von Georg Joachim Rheticus, der dann im Folgejahr für eine längere Zeit zu Kopernikus nach Frauenburg reist (bis September 1541) und an Schöner (ut parenti suo colendo)[76] 1540 die in Briefform verfasste "Narratio prima" adressiert, einen Abriss der kopernikanischen Lehre mit Vorausschau auf die sechs Bücher "De revolutionibus" als work in progress.[77] Im Mai 1542 kann Rheticus dann in Nürnberg die ersten Druckfahnen von "De revolutionibus" korrigieren, deren Drucklegung Johann Petreius auf Grundlage einer hs. Kopie des Rheticus vorbereitete. Die endgültige Drucklegung überlässt Rheticus Andreas Osiander, der das Werk im Frühjahr 1543 mit einem von ihm verfassten, anonymen Vorwort publiziert, das "De revolutionibus" in programmatischer Iteration Hypothesencharakter zuweist.[78]
Während Schöner in seinen Schriften vor und nach der Publikation von "Narratio prima" und "De revolutionibus" das ptolemäische Weltbild vertritt und eine Erddrehung ablehnt,[79] wirbt Camerarius in der oben genannten griechischen Dialogdichtung mit der Figur des Gelehrten für "De revolutionibus" (im übrigen ohne Hypothetisierung des heliostatischen Modells). Erhalten ist sie als Eintrag von Camerarius' Hand in zwei Druckexemplaren. Ob sie ursprünglich als einleitender Paratext für den Druck gedacht war (wie andere Werbegedichte des Camerarius) und gar durch die Vorrede Osianders ersetzt wurde, muss Spekulation bleiben. Jedenfalls ist sie gerade auch vor dem Hintergrund der "Wittenberger Interpretation" mit ihrer Ablehnung der Erdbewegung bemerkenswert.[80]
Eine Sammlung von 16 Werken Schöners wird 1551 durch seinen Sohn Andreas und durch Joachim Heller unter dem Titel "Opera mathematica" herausgegeben. Sie beginnt mit den Astrologica und entsprechend pro-Astrologisches findet sich in den vorgeschalteten Paratexten: In einer (von zwei) Dichtungen Hellers mit dem Titel "Carmen elegiacum ad lectorem, in astrologiae contemptores" (α[vi]r) sowie in der Praefatio Melanchthons (α[vi]v-βiiiv), auf die das Horoskop Schöners (β[iv]r) und sein zum Nachruf umgeformtes Gedicht auf das Bildnis Schöners von 1547 folgen (β[iv]v mit Holzschnittporträt) (→ Astrologie, dort auch zu Schöners Kometenbeobachtungen).

(Marion Gindhart)

Camerarius und Joachim Heller

Der erwähnte Joachim Heller leitete seit 21.05.1543 auf Empfehlung Melanchthons,[81] bei dem er in Wittenberg studiert hatte, das Nürnberger Egidiengymnasium und unterrichtete Griechisch und Latein. Nach der aus gesundheitlichen Gründen erfolgten Pensionierung Schöners übertrug ihm der Nürnberger Rat mit Verlass vom 27.07.1546 zusätzlich die Mathematiklektur (mit gesell und 50 Gulden Jahreszulage);[82] nach dessen Tod 1547 übernahm er auch die Erstellung der Lasstafeln, Kalender und Praktiken, die an die Lektur geknüpft waren.[83] Seit Spätsommer 1551 betrieb er zusätzlich eine Druckerei in Nürnberg.
Heller war eine problematische Figur, die wiederholt den Unwillen des Nürnberger Rats erregte – wobei dieser aber an ihm als Drucker festhielt und ihn konsequent mit amtlichen Druckaufträgen versah.[84] Camerarius machte mit ihm diesbezüglich keine guten Erfahrungen. 1557 ließ er bei ihm die erste Fassung von "De notis numerorum" drucken (wobei unklar ist, warum die Wahl gerade auf die Offizin Heller fiel).[85] Camerarius war mit dem Ergebnis sehr unzufrieden[86] und gab 1569 eine berichtigte und erweiterte Fassung heraus: Hierfür schickte er ein von ihm durchkorrigiertes altes Druckexemplar und einen handschriftlichen Zusatztext (Erläuterungen zur "Introductio arithmetica" des Nikomachos) mit einem Begleitbrief nach Wittenberg zu Sebastianus Theodoricus, der dort die Drucklegung bei der Offizin Krafft kontrollieren sollte. Dort hatte Theodoricus in den 1560er Jahren einige seiner mathematisch-astronomischen Werke publiziert. Die Ausgabe profitierte in der Tat vom Offizinenwechsel, sowohl layouttechnisch als insbesondere auch hinsichtlich der Wiedergabe des Griechischen, das im Heller-Druck sehr nachlässig gehandhabt wurde. Dies überrascht hinsichtlich seiner Sprachkompetenz, dürfte aber wohl den Arbeitern in der Offizin[87] und der mangelnden Kontrolle seitens Heller anzulasten sein. Aufgrund seiner Arbeitsüberlastung und der damit einhergehenden Vernachlässigung seiner schulischen Aufgaben war er vom Rat am 18.04.1556 vom Amt des Rektors entpflichtet worden und er las nur noch an drei Tagen Mathematik. 1563 musste er die Stadt wegen seiner pro-flacianischen Haltung, der dauernden Einmischung in religiöse Angelegenheiten und seines Lebenswandels verlassen.[88]
Der mit persönlichen Urteilen sehr zurückhaltende Camerarius hatte sich in einem Brief an Hieronymus Baumgartner (OCEp 0663, dat. 27.07.1552) über Heller, der ihn in Leipzig besucht hatte, als einen homo mirificus mit etwas 'verhuschtem' Verhalten geäußert. Bereits zuvor, am 11.10.1551 (OCEp 0655), schrieb er an Baumgartner, dass "sein Freund" (amicus meus) sehr aufbrausend sei und mirifica consilia folge;[89] doch solle ihn Baumgartner weiterhin unterstützen. Wenn man ihn aus dem Schuldienst entlassen müsse, solle man Matthias Stojus als Nachfolger erwägen, der sich gerade in Nürnberg aufhielt und von Heller bereits für die Übernahme der Mathematiklektur empfohlen worden war.[90] Dieser Brief dürfte in Zusammenhang mit einem Vorfall von Herbst 1551 stehen: Heller hatte bei Hans Daubmann das "Testimonium contra falsam Andreae Osiandri sententiam" Michael Rotings publiziert, also die erste gedruckte Positionierung im sog. 'Osiandrischen Streit',[91] und vor dem Druck angegeben, dass Baumgartner die Schrift bereits zur Zensur vorgelegen habe. Dies war nicht der Fall, Heller wurde als Verantwortlicher ausgemacht und zu einer achttägigen Turmhaft verurteilt.[92]. Diese wurde ihm aufgrund der Intervention von Melanchthon und Camerarius erlassen, er musste jedoch temporär das Drucken einstellen (bis Februar 1553); danach gab es bis zu seiner Ausweisung immer wieder Schwierigkeiten, auch mit Hieronymus Baumgartner. Melanchthon und Camerarius scheinen sich spätestens 1563 von Heller distanziert zu haben, zumindest treten sie anlässlich der Ausweisung nicht mehr als Fürsprecher in Erscheinung – anders als etwa Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg, der Speyrer Bischof oder die dänische Königstochter Dorothea, Witwe Friedrichs II. von der Pfalz.[93]

(Marion Gindhart)

Camerarius und Georg Joachim Rheticus

Bereits mehrfach wurde auf Camerarius' griechisches Werbegedicht verwiesen (↑ Griechische und lateinische Dichtungen und ↑ Camerarius und Johannes Schöner, das sich als handschriftlicher Eintrag in zwei Drucken von Kopernikus' "De revolutionibus" (1543) findet. Bei beiden Drucken dürfte es sich um verschenkte Herausgeber-Exemplare von Georg Joachim Rheticus handeln (eines davon trägt eine hs. Widmung an Andreas Aurifaber).[94] Im Oktober 1541 war Rheticus nach mehrjähriger Beurlaubung von seiner Mathematikprofessur wieder nach Wittenberg zurückgekehrt, wo er zum Dekan gewählt wurde, um ihn für das kommende Semester vor Ort zu halten.[95] Er hatte nämlich Herzog Albrecht um erneuten Urlaub für die Drucklegung von "De revolutionibus" inklusive einer Bestätigung im Amt und einer Fortzahlung der Bezüge ersucht.[96] Mitte Mai 1542 reiste er dann mit einer Beurlaubung für das Sommersemester nach Nürnberg, um die Drucklegung bei Petreius voranzubringen und die Bögen sukzessive zu korrigieren. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits ein Wechsel auf die Professur für höhere Mathematik an der Universität Leipzig im Raum. Entscheiden musste er sich, nachdem er von einer Reise nach Vorarlberg im August 1542 nach Nürnberg zurückgekehrt war.
Dies tat er und trat im Oktober die Professur für höhere Mathematik in Leipzig an. Melanchthon, der zuvor schon mit Camerarius über Rheticus' Interesse an der Leipziger Stelle korrespondiert hatte, empfahl diesem (aus Wittenberger Erfahrung), genaue Absprachen mit Rheticus zu treffen: Cum Rhetico proderit plane et explicate de stipendio et operis agi.[97] Tatsächlich unterrichtete Rheticus ohne größere Unterbrechungen vom Wintersemester 1542/43 bis zum Wintersemester 1544/45. Dann folgte eine längere Absenz, die Rheticus zum Missfallen der Fakultät, die mehrere Mahnschreiben an ihn richtete, auf drei Jahre ausdehnte (inklusive einer Bitte um Gehaltserhöhung zur Deckung der allfälligen Kosten).[98]
Während dieser Zeit (bis Ende Sommersemester 1548) übernimmt Camerarius seine mathematischen lectiones, zunächst in der Meinung, dass Rheticus bald zurückkehren werde. So schreibt er in seiner Vorlesungsankündigung für das SS 1545 in der "Oratio de cultu pietatis", die er als Dekan (13.10.1544-18.04.1545) hielt: Et quoniam ita cecidit, ut Ioachimus Rheticus amicus noster hinc aliquantisper abesse cogeretur (...) Ego decrevi quasi ipsius vice cognoscere volentibus commentarium Sphaerae Procli proponere, & aliqua nostra explicatione illustrare. Quam opellam exordiar, favente Christo ad diem proximum Martis in schola collegii Paulini (B4v). Camerarius las also über einen Kommentar zu Ps.-Proklos' "Sphaera" (wohl den Johannes Stöfflers) und erläuterte ihn. Im Wintersemester 1545/46 wird Camerarius in der Philosophischen Fakultät als professor utriusque linguae geführt und als professor mathematicae absente Rhetico.[99] Im Sommersemsester 1546 erklärt er Proklos' "Hypotyposis" anhand des griechischen Originals für Rheticus[100] und wird auch für das Wintersemester 1546/47 als dessen Vertreter genannt.[101] Anscheinend ging die Fakultät nach ihrem Mahnschreiben an Rheticus von seiner Rückkehr zum Sommersemester 1547 aus, denn er wird wieder unter den professores maiores gelistet.[102] Diese Hoffnung wurde jedoch enttäuscht. Für das Wintersemester wird er nicht geführt, Camerarius wird aber auch nicht als Vertreter genannt.[103] Im Sommersemester 1548 schließlich erklärt Camerarius Proklos' "Hypotyposis" auf Grundlage einer lateinischen Übersetzung und wird von Rheticus kurz vor Ablauf des Semesters abgelöst[104] (zur Vorlesungsmitschrift Philipp Wagners ↑ Geplante Projekte und Vorarbeiten). Wie in Wittenberg wurde er nach seiner Rückkehr direkt zum Dekan für das folgenden Semester gewählt. Vom Wintersemester 1548/49 bis zum Wintersemester 1550/51 hält er seine üblichen Vorlesungen, im Wintersemester 1549/50 über Euklid – passend zu der mit Camerarius besorgten zweisprachigen Ausgabe der ersten sechs Bücher der "Elementa", die bei Valentin Bapst seit der zweiten Oktoberhälfte 1549 gedruckt wurden (↑ Camerarius und die Mathematik an der Universität Leipzig und ↑ Realisierte Projekte). Im April 1551 verließ Rheticus Leipzig jedoch fluchtartig und wurde kurz darauf wegen eines sexuellen Übergriffs auf den jungen Studenten Hans Meusel von dessen Vater beim Rat angezeigt.[105] Johann Hommel, dem Rheticus sein Vermögen und die Schlüssel zur Wohnung anvertraut hatte (zu ihm ausführlich ↓ Camerarius und Johann Hommel), übernahm Rheticus' Stelle zunächst provisorisch und wurde am 09.06.1552 nach der Relegation von Rheticus offiziell auf die Professur für höhere Mathematik berufen.

(Marion Gindhart)

Camerarius und Johann Hommel

Hommels junge Jahre

Johann Hommel (*02.02.1518 in Memmingen, †04.07.1562[106] in Leipzig) studierte Theologie zunächst am frisch gegründeten Collegium Praedicatorum in Straßburg, wo er auch von dem Mathematiker Christian Herlin unterrichtet wurde, und dann ab 1539/40 als Stipendiat seiner Heimatstadt Memmingen und unter Förderung Melanchthons in Wittenberg; dort hörte er neben Luther und Melanchthon auch Erasmus Reinhold, der die Professur für höhere Mathematik innehatte und der möglicherweise sein Interesse für Mathematik weiter verstärkte.[107] Rheticus dagegen erlebte er dort nicht mehr, da dieser sich zu diesem Zeitpunkt bei Kopernikus in Frauenburg aufhielt und 1542 nach Leipzig wechselte.[108] Nach seiner Promotion zum Magister im Februar 1541 kehrte Hommel zunächst nach Memmingen zurück, um 1542 nach nicht erfolgter Anstellung als Prediger erneut mit einem Stipendium der Stadt Memmingen nach Wittenberg zu gehen.

Eine langfristige Stelle fand er schließlich im Oktober 1543 als Pfarrer in dem Memmingen zugehörigen Dorf Pleß, wo er blieb, bis er die Stelle aufgrund des Augsburger Interims 1548 verlassen musste.[109] Neben seiner Arbeit betrieb er hier auch bereits mathematische Studien, die sich in dem Werk "Quadrati, quadrantis et baculi geometrici usus" niederschlugen; es wurde nie gedruckt, die handschriftliche Ausarbeitung befindet sich aber im Schweinfurter Stadtarchiv.[110] Auch die Aussicht auf eine mathematische Professur bot sich ihm zu dieser Zeit das erste Mal, wie ein Brief Melanchthons von 1545 bezeugt (dat. 13.12.1545): Darin schrieb dieser ihm, Hommel hätte in Wittenberg Nachfolger des Erasmus Flock werden können, da Melanchthon jemanden suche, der sich mit Geometrie auskenne.[111] 1546 widmete Erasmus Oswald Schreckenfuchs Hommel seine Edition von Abraham bar-Hiyyas "Sphaera mundi";[112] im Widmungsbrief (dat. 13.06.1546) erinnert er an die Mathematik und Astronomie als ihre gemeinsame Leidenschaft und schreibt, er bewundere niemandes mathematische Fähigkeiten so sehr wie die Hommels.

Der Weg nach Leipzig

Nachdem Hommel die Stelle in Pleß verloren hatte, suchte er eine Anstellung als Mathematiker, die er bei Karl V. fand, der auf dem Augsburger Reichstag auf Hommel aufmerksam geworden war. Für diesen baute Hommel eine Planetenuhr, die Hommel nicht nur angeblich 1000 Gulden einbrachte, sondern obendrein die Anerkennung Karls V.; dieser ernannte Hommel am 28.11.1553 schließlich zum Pfalzgrafen.[113]

Aus religiösen Gründen ging Hommel bis spätestens 01.11.1549 nach Leipzig; ein Brief des Camerarius an Melanchthon belegt Hommels Aufenthalt bei Moritz von Sachsen zu diesem Datum zur Klärung von Formalien.[114] Offenbar hatte Hommel von Moritz signalisiert bekommen, dass er in Leipzig eine Anstellung finden könnte. Woitkowitz vermutet, dass Christoph von Karlowitz die Stelle vermittelt habe; Hommel habe möglicherweise die Stelle des Rheticus bekommen sollen, der trotz Mahnungen der Universität vom Sommersemester 1545 bis zum Sommersemester 1548 auf Reisen war (vgl. auch ↑ Camerarius und Georg Joachim Rheticus).[115] Zu Hommels nicht ganz einfacher Anstellung vgl. ↓ Camerarius als Förderer von Mathematikern.

Nachdem schließlich im April 1551 Rheticus die Universität überstürzt verlassen musste (vgl. ↑ Camerarius und Georg Joachim Rheticus), übernahm Hommel offenbar zeitweise dessen Wohnung und ab dem Sommersemester 1551 auf fürstliche Weisung zunächst kommissarisch die höhere Mathematikprofessur bei einem Gehalt von 120 Gulden (Thema der Vorlesung war wie auch im Folgesemester Euklid); diese wurde ihm im Juni 1552 nach Rheticus' Relegation offiziell übertragen und sein Gehalt an das ehemalige des Rheticus von 140 Gulden angeglichen.[116] Die Professur behielt Hommel bis zu seinem Tod 1562. Unter seinen Studenten fanden sich unter anderem Johannes Prätorius, Matthias Stojus, Valentin Thau und Bartholomäus Scultetus. Tycho Brahe, der am 04.03.1562 in Leipzig zu studieren begann, dürfte Hommel ebenfalls erlebt haben und wurde wiederum von Scultetus weiter unterrichtet. Hommel starb am 04.07.1562 nach langer und schwerer Krankheit, wie Camerarius Johannes Crato am 06.07.1562 berichtet;[117] sein Nachfolger in der höheren Mathematikprofessur wurde Valentin Thau. Camerarius beklagt Hommels Tod als persönlichen Verlust, jedoch sieht er den Tod eines so herausragenden Mathematikers auch insbesondere als als Unglück für die Universität Leipzig und die mathematischen Studien.[118]

Hommel im Netzwerk

Hommel war zweimal verheiratet: Seine 1544 geschlossene Ehe mit Rosina Wagner wurde ca. 1556 wieder geschieden. Am 14.06.1558 heiratete er dann Camerarius' Tochter Magdalena. Aus der zweiten Ehe gingen zwei Töchter (Anna, *1559; der Name der zweiten Tochter ist nicht bekannt, *04.05.1561)[119] hervor, die aber beide jung noch vor Hommel selbst verstarben.

Hommel gewann nicht nur den Kaiser und Moritz von Sachsen für sich; seit 1555 hielt er sich als Vertrauter des seit 1552 regierenden Kurfürsten August von Sachsen an dessen Hof in Dresden auf. Nachdem er bereits zuvor mehrfach als Landvermesser und Kartograph tätig gewesen war,[120] wurde er von April 1558 bis Ende des Sommers 1559 von seinen Tätigkeiten an der Universität beurlaubt und als kurfürstlicher Vermesser am Dresdner Hof angestellt; als Vertreter benannte er damals bereits Valentin Thau, der 1562 auch sein Nachfolger wurde. Auch nachdem er 1559 wohl auf eigenen Wunsch an die Universität zurückgekehrt war, erhielt Hommel regelmäßig Vermessungsaufträge vom Kurfürsten.[121] Neben seiner kartographischen Tätigkeit widmete sich Hommel bereits in dieser Zeit wohl auch wieder der Astronomie, offenbar mit großem Interesse des Fürsten, wie ein Brief des Camerarius an Hommel vom 15.10.1558 belegt.[122] Ein zweiter, nicht datierbarer Brief des Camerarius an Hommel, der sich aber nach Woitkowitz auf die Zeit von Hommels Aufenthalt am Hof eingrenzen lässt[123], kündigt eine Sendung von Himmelsgloben an, die Camerarius dem Fürsten gerne zum Gebrauch überlasse.[124] Offenbar erfüllte Hommel in dieser Zeit die Rolle eines Beraters des Kurfürsten zu allem, was Astronomie, Astrologie und Kartographie betraf.

Hommels wissenschaftliche Betätigung

Von Hommels Beschäftigungen mit aktuellen Fragen des Astronomie zeugen auch zwei Exemplare von Kopernikus' Werk "De revolutionibus", von denen sich eines, das von Hommel selbst annotiert wurde, in Gotha und das zweite heute in der Beinecke Rare Book and Manuscript Library in New Haven befindet.[125] Das letztere enthält nicht nur Hommels Annotationen (allerdings wohl nicht von seiner Hand), sondern auch die Notizen von Hommels Lehrer Erasmus Reinhold; später fügte noch Johann Prätorius seine eigenen Anmerkungen hinzu. Eine Abschrift von Hommels Notizen durch seinen Schüler Bartholomäus Scultetus befindet sich außerdem in Bamberg.[126] Aus den Anmerkungen geht hervor, dass Hommel Kopernikus' neuem Weltbild eher ablehnend gegenüberstand und u.a. die Messdaten kritisierte. Weitere Notizen Hommels zeugen von seinen Planetenbeobachtungen von März 1559 bis September 1561, ebenso wie ein handschriftlicher Brief des Camerarius an Esrom Rüdinger (dat. 13.03.1560).[127]

Von gemeinsamen Beobachtungen Hommels mit Camerarius zeugt Camerarius' Brief an Christoph von Karlowitz vom 14.03.1556: Camerarius berichtet dort, er habe über 10 Tage hinweg gemeinsam mit Hommel in Leipzig den aktuellen Kometen beobachtet und beschreibt dessen Bahn;[128] Karlowitz ist auch Camerarius' Schrift "De cometis" von 1558 gewidmet. 1564 bedauert Camerarius Hommels frühen Tod, denn Hommel hätte seiner Meinung nach mehr zur Großen Konjunktion von 1563 sagen können als viele selbst ernannte Wahrsager und Astrologen; er selbst könne aufgrund seines Alters und seiner ungenauen optischen Instrumente wenig beitragen.[129] Zahlreiche Briefe sowie Hommels handschriftlicher Nachlass zeugen von weiteren mathematischen Betätigungsfeldern. So hat Camerarius offenbar 1552 wohl aus Nürnberg eine Ausgabe von Proklos' "Hypotyposis" an Hommel geschickt.[130] Im Wintersemester 1556/57, genauer gesagt ab 08.02.1557, war das Werk dann auch Grundlage von Hommels Vorlesung.[131] Ein handschriftlicher Prokloskommentar von Hommels Hand liegt außerdem im Stadtarchiv Schweinfurt.[132] Außerdem befindet sich in München eine lateinische Übersetzung der Kapitel I, 1-10 des Almagest-Kommentars Theons von Alexandria.[133] Diesen hatte Simon Grynäus 1538 herausgegeben, nachdem Camerarius die Handschrift vermittelt hatte.

In mathematischen Angelegenheiten war Hommel offenbar auch Ansprechpartner für Camerarius, wenn dieser fachlichen Rat brauchte. Am 15.10.1558 schickte Camerarius Hommel Textproben des Kleomedes (wohl aus "De motu circulari corporum caelestium"), offenbar mit seiner eigenen Übersetzung, und bat Hommel um seine Meinung.[134] Konkret fragte er ihn insbesondere nach drei Stellen, auf die Hommel besonders achten solle. Auf den Kleomedes kommt auch Camerarius' Brief an Hommel zu sprechen, der sich nur grob auf August oder September 1558 datieren lässt. Camerarius' Schrift zu Kleomedes, ob Edition oder Übersetzung, wurde jedoch offenbar nie gedruckt (vgl. auch ↑ Geplante Projekte und Vorarbeiten). In ähnlicher Weise wird wohl auch Hommels Beitrag zu Camerarius' Ausgabe von Plutarchs "De natura et effectionibus daemonum" (1565) abgelaufen sein. Der Druck enthält neben lateinischen Versionen der beiden Bücher von Adrien Turnèbe bzw. Camerarius auf den Seiten 133 bis 148 auch weitere Anmerkungen von Camerarius, die unter anderem speziell mathematische und astronomische Fragen betreffen. Darin erläutert Camerarius unter anderem eine Stelle in Kapitel 3 von "De defectu oraculorum", in der von der Messung der Polhöhe anhand eines gekippten Ziegelsteins die Rede ist. Er schreibt hier, diese Frage habe sein mittlerweile leider verstorbener Schwiegersohn Johann Hommel ihm hervorragend erklärt, und führt die Funktionsweise der Methode samt Beweis auf über zwei Seiten aus. Derselbe Druck gibt auch einen Hinweis darauf, dass solche Besprechungen unter Kollegen durchaus üblich waren: Nur zwei Seiten später schreibt Camerarius in einer anderen Angelegenheit, diese habe er mit der Hilfe von Hommels Nachfolger in der Mathematikprofessur, Valentin Thau, geklärt.

Besondere Nachwirkung hatte Camerarius' Brief an Hommel vom 26.06.1559, der Hommels Spezialgebiet betrifft. Camerarius schildert darin, wie er, niedergestreckt von einer plötzlichen Krankheit, nicht habe schlafen können und deshalb angefangen habe, sich über Vermessungsprobleme Gedanken zu machen.[135] Im Wesentlichen geht es Camerarius um Lukians Aussage, wonach die ägyptischen Pyramiden zur Sonnenwende keine Schatten werfen,[136] in Kombination mit Herodots Angabe, wonach die Grundfläche der höchsten Pyramide 800 Fuß in alle Richtungen messe und ebenso hoch sei. Camerarius habe sich gefragt, wie hoch bei gegebener Seitenlänge der Grundfläche die Pyramide sein muss/darf, damit diese keinen Schatten wirft, und ob das Ergebnis mit Herodots Angaben vereinbar sei. Die ausgefallene Frage entschuldigt Camerarius damit, dass ihm nichts anderes übrig bleibe, als zu solchen Beispielen zu greifen, da er weder Grundstück noch Garten zum Vermessen habe.[137]

Die Problematik des Pyramidenschattens wurde später 1589 von Andreas Dudith aufgegriffen, der sich offenbar die Sammelausgabe von Camerarius' Briefen besorgt hatte und sich ebenfalls mit dem Pyramidenproblem beschäftigte. So fragt er in einem Brief (dat. 01.01.1589) Johannes Prätorius ausdrücklich nach dem Problem, das Camerarius in dem erwähnten Brief schildere;[138] der Mathematiker und Schüler Hommels Johannes Prätorius war auf Dudiths Bitte durch Camerarius' Vermittlung zu ersterem gereist, um ihn bei seinen mathematischen Studien zu unterstützen, und die beiden unterhielten auch später einen regelmäßigen Briefverkehr (↓ Camerarius als Förderer von Mathematikern). In einem weiteren Brief (dat. 12.02.1589) bedankt sich Dudith dann für Prätorius' Erklärungen,[139] in einem dritten Brief (dat. 21.02.1589) schließlich kommt Dudith noch einmal auf das Problem zu sprechen.[140]

Allgemein darf Schattenmessung und damit zusammenhängend die Polhöhenbestimmung und Gnomonik wohl als Hommels Spezialgebiet gelten. Davon zeugen nicht nur der erwähnte Brief des Camerarius, sondern auch zahlreiche handschriftliche Notizen Hommels und Epicedien auf ihn. So sind Notizen Hommels zur Funktion der Sonnenuhr erhalten,[141] außerdem Notizen von Johannes Prätorius' Hand zur Gnomonik, die vermutlich eine Mitschrift von Hommels Vorlesung zu dem selben Thema darstellen.[142] Der Druck von Camerarius' Rede zur Magisterpromotion (Frühjahr 1563) enthält außerdem in zahlreichen beigegebenen Nachrufen auf Hommel Anspielungen, die in dieselbe Richtung weisen; so lobt Camerarius selbst ihn in seinem Nachruf (und damit in der Rede) für seine Leistungen im Bereich der Sonnenuhren[143] und der Schattenberechnung,[144] Hommels Schüler und Nachfolger Thau spielt in seinem Epicedium auf beides zugleich an[145] und auch Caspar Jungermann lobt Hommels Beschäftigung mit Schatten und der Sonnenuhr.[146]

Nachwirkung

Trotz seiner fleißigen Tätigkeit blieb Hommels Nachwirkung gering, da keine seiner wissenschaftlichen Schriften jemals gedruckt wurde.[147] Zu seinen Lebzeiten kam es aus ungeklärten Gründen nie dazu, und auch posthum wurde kein Werk Hommels veröffentlicht. Als einzige Ausnahme könnte man Bartholomäus Scultetus' volkssprachiges Werk "Gnomonice de solariis, sive doctrina practica tertiae partis astronomiae" (1572) nennen, das laut Vorwort Hommels Arbeit als Grundlage hat; doch ist diese Gnomonik immer noch das Werk des Scultetus, und auch wenn Hommel durchaus positiv erwähnt wird, kommt sein Name außerhalb des Vorwortes nicht vor. Dabei waren Camerarius selbst, aber auch viele andere Zeitgenossen sich vollkommen einig, dass es eine Schande wäre, Hommels Werk der Vergessenheit anheimfallen zu lassen.[148] Doch die Manuskripte blieben bei Camerarius unter Verschluss. Noch am 26.12.1588 schreibt Andreas Dudith an Johannes Prätorius, es sei ein Unrecht, dass Hommels Werk zur Gnomonik nicht veröffentlicht werde und Prätorius solle sich darum kümmern.[149]

Der erhaltene Teil von Hommels Nachlass enthält heute noch 24 Blätter zur Sonnenuhr,[150] die Schrift über Quadrat, Quadrant und Jakobsstab,[151] einen Kommentar zu Proklos' "Hypotyposis" sowie Notizen zu Planetenbeobachtungen und zu Kopernikus' Beobachtungen,[152] eine Gnomonik, inhaltlich von Hommel, jedoch von Prätorius' Hand, die möglicherweise eine Vorlesungsmitschrift darstellt, [153] weitere Schriften zu Kalender und Sonnenuhr, [154] Astronomische Tafeln, [155] Aufzeichnungen zur stereographischen Projektion und astronomische Notizen,[156] die erwähnte Übersetzung von Theons Almagest-Kommentar in der BSB München[157] sowie die erwähnte annotierte Ausgabe von Kopernikus' "De Revolutionibus" in der Beinecke Library. Ein Katalog der Prätorius-Saxonius-Bibliothek, der sich in Wien befindet, erwähnt außerdem Beweise einiger mathematischer Probleme, die aber verloren sind.

(Alexander Hubert)

Auf der Jagd nach Diophant

Camerarius zeigte sich seit den 1550er Jahren verstärkt an der (antiken) Arithmetik und ihrer Vermittlung interessiert. Er stellte griechische Texte zur Logistik in lateinischer Übersetzung als Lehrwerk zusammen, kommentierte (auf Lateinisch) Nikomachos' "Institutitio arithmetica" auf Basis griechischer hs. Scholien (mit punktuellem Beizug der "Theologumena Arithmetica") und versuchte – wie auch in anderen Bereichen der mathematischen Wissenschaften – Handschriften antiker Werke zu erhalten.

Mit Nachdruck ist er etwa um den Text von Diophants "Arithmetik" bemüht. Regiomontan hatte 1463 das – im Westen bisher nur dem Titel nach bekannte – Werk in einer von Kardinal Bessarion nach Venedig verbrachten byzantinischen Handschrift eingesehen (Cod. Marc. Gr. Z. 308).[158] In einem Brief vom 11.02.1464 hatte er Giovanni Bianchini von dem Fund der sechs Bücher (ursprünglich 13; die Bücher 4-7 wurden erst im 20. Jh. in arabischer Übersetzung wiederentdeckt, die Bücher 10-13 sind verloren) berichtet[159] und das Werk auch in der einleitenden Programmrede zu seiner Paduaner Vorlesung über Alfraganus (Frühjahr 1464) erwähnt. Hier spricht er davon, dass die Gesamtausgabe der 13 Bücher Diophants, in denen die Blüte der gesamten Arithmetik verborgen liege, bisher noch nicht ins Lateinische übertragen wurde (Diophanti autem tredecim libros subtilissimos nemo usquehac ex Graecis Latinos fecit, in quibus flos ipse totius Arithmeticae latet, ars videlicet rei et census, quam hodie vocant Algebram Arabico nomine, β1v). Johannes Schöner ließ diese Rede erstmals 1537 in einem Sammelband mit Werken aus dem Regiomontan-Nachlass drucken; eingeleitet wurden sie von einem Widmungsbrief Melanchthons an den Nürnberger Rat.[160]

Das Werk rückte damit in den Fokus auch der deutschen Gelehrten. So war Diophant, der als wichtigster Vertreter der antiken Arithmetik gilt, Gesprächsthema bei einem Empfang von Johann Ulrich Zasius, an dem auch Camerarius und Caspar Peucer teilnahmen.[161] Zasius stellte Camerarius in Aussicht, eine Abschrift von einem Diophant-Exemplar aus der Biblioteca Vaticana zu erhalten.[162]
Laut einem Brief von Camerarius an Georg Sigismund Seld aus den späten 1550er Jahren (OCEp 0552, dat. wohl um den 20.02.1558), soll sich eine Diophant-Hs. in der Bibliothek des verstorbenen Johann Albrecht Widmanstetter befunden haben. Widmannstetter habe diese, so Camerarius, ihm und Peucer mit Zasius als Bürgen (sponsor) versprochen. Seld verweist in seiner Antwort vom 28.02.1558[163] auf die tutores des Nachlasses und versucht, über sie ein Bücherverzeichnis zu erhalten und es Camerarius zukommen zu lassen, damit er sehen könne, ob das Gewünschte (und anderes Interessante) dabei ist. Allerdings hat Camerarius auch ein Jahr später den Diophant über diese Quelle nicht erhalten, so die Briefe an Hieronymus Wolf (OCEp 0818, dat. 10.03.1558) und Seld (OCEp 0553, dat. 25.01.1559).

1570, spätestens 1571 ist Camerarius dann im Besitz des griechischen Textes. Dies geht aus einem hs. Brief von Matthias Stojus an ihn hervor (dat. 13.08.1571),[164] der sich selbst sehr interessiert an der "Arithmetik" zeigte. Camerarius hatte den Text zwischenzeitlich über Andreas Dudith (wohl auch als Entgegenkommen für die Vermittlung von Johannes Prätorius, vgl. ↓ Camerarius als Förderer von Mathematikern) erhalten. Stojus schreibt: De Diophanto quem a Duditio accepisti, quid futurum sit equidem scire velim. Intellexi versionem illius Latinam Basileae edi, sed ipsum sua lingua loquentem audire malim. Sollte der griechische Text in der genannten (Basler) Ausgabe nicht mit ediert werden, solle Camerarius diesen ihn für ihn kopieren lassen.[165] Auf welches Projekt Stojus mit der Basler Publikation anspielt, ist unklar: Wilhelm Xylander beginnt seine Übersetzung erst nach Erhalt von Dudiths Abschrift im April 1572 und wollte diese ursprünglich in Nürnberg drucken lassen – Basel war erst seine zweite Wahl. Konrad Dasypodius wollte den Diophant herausgeben (und hatte bei Dudith auch wegen des Textes angefragt), er verfügte aber im August 1571 über keine griechische Vorlage (s.u.); zudem hatte er alle seine bisherigen Werke in Straßburg publiziert. Auch am Ende des Jahres 1571 hatte Stojus den Text von Camerarius noch nicht erhalten.[166]

Andreas Dudith hatte 1570 vermittelt durch Nicasius Ellebodius von dem Venezianer Kopisten Camillo Zanetti eine Abschrift bekommen, die auf einer kompilierten Version aus zwei jüngeren Hss. der Planudeischen und nicht-Planudeischen Tradition basierte.[167] Während der Anfertigung der Abschrift wandte sich Dudith wiederholt brieflich an Camerarius: So schreibt er am 08.02.1570, dass er gespannt die neu erschienene "Logistik" von Camerarius (scil. die verbesserte und erweiterte Ausgabe von 1569) und dessen Edition der Melanchthonbriefe erwarte.[168] Er berichtet davon, dass Diophants "Arithmetik" gerade für ihn in Italien abgeschrieben werde[169] und dass, falls Camerarius es wünsche, auch er den Text erhalten könne.[170] Camerarius könne ihn auch zum allgemeinen Nutzen in den Druck bringen.[171] In einem Brief vom 04.04.1570[172] schreibt er, dass die Abschrift aus Italien noch nicht eingetroffen sei.[173] Er äußert sich über den Umfang des Textes[174] und betont erneut, dass er die "Logistica" von Camerarius sehr gerne sehen wolle.[175] Am 05.09.1571[176] verweist Camerarius darauf, dass er sich bei Dudith für die Übersendung der Abschrift (bereits) bedankt und versprochen habe, dass er sie zuverlässig verwahren werde; zudem, dass er eine Übersetzung aufgrund seines Alters und anderer Obliegenheiten nicht (mehr) leisten könne. Er warte jetzt auf eine Anweisung Dudiths.[177]

Das Projekt einer lateinischen Übersetzung wurde dann kurz darauf von Wilhelm Xylander in Angriff genommen: Im Vorwort zu seiner, nach mehrjähriger Arbeit 1575 in Basel erschienenen kommentierten lateinischen Diophant-Ausgabe[178] berichtet er, dass sich sein schon lange gehegtes Interesse an Diophant, den er freilich nur aus der Suda und aus Regiomontans Hinweis auf in italienischen Bibliotheken liegende Handschriften kannte, neu entzündete, nachdem er im Oktober 1571 in Wittenberg bei Sebastianus Theodoricus und Wolfgang Schuler einige Seiten aus Dudiths Abschrift gesehen habe.[179] Daraufhin habe er sich mit seinen Übersetzungsplänen gemeinsam mit dem Arzt Simone Simoni, den er in Leipzig besuchte, an Dudith gewandt und ihn um den Text gebeten.[180] Tatsächlich erhielt er Dudiths Diophant-Abschrift über Prätorius und Simoni Anfang April 1572 mit einer recht dringlichen Aufforderung Dudiths, die "Arithmetica" zu übersetzen.[181] Darüber und über die aufwändige, sich immer weiter hinausziehende Arbeit an Übersetzung und Kommentierung und über gewisse Verzögerungen seitens der Offizin Episcopius informieren Xylanders Vorwort und vor allem seine Briefe an Johannes Crato.[182] Am 27.12.1574 berichtet er schließlich vom Erhalt der Belegexemplare,[183] Anfang 1575 konnte er den lateinischen Diophant Herzog Ludwig in Stuttgart überreichen. [184] Am 27.03.1575 sandte Xylander Dudiths Venezianer Diophant-Abschrift mit zwei Belegexemplaren an Crato, bat ihn um Weiterleitung dieser Sendung an Dudith und bedachte auch ihn mit drei Drucken.[185] Eine Edition des (insb. hinsichtlich der Zahlen stark verderbten) griechischen Textes hatte Xylander ebenfalls in Angriff genommen, konnte sie aber nicht mehr in den Druck bringen (er verstarb am 10.02.1576).[186] Das Manuskript gelangte über Heidelberg 1623 in die Vaticana (Pal. gr. 391 mit ausführlicher Beschreibung in der "Bibliotheca Palatina digital").[187]

Zwischen Camerarius und Dudith kam es bezüglich Diophants noch zu Verstimmungen: So beschwerte sich Dudith in einem Brief an Prätorius (dat. 01.02.1572), in dem er sich nach der Weiterleitung seiner Diophant-Abschrift an Xylander erkundigte, dass Camerarius ohne seine Erlaubnis den ihm überlassenen Text einer nicht näher genannten Person zum Kopieren überlassen habe und stellte recht harsch nicht nur ihre Freundschaft, sondern auch die Ehrenhaftigkeit von Camerarius und dem anonymen Abschreiber in Frage.[188]. Dudiths Empörung über Camerarius (vermeintlichen?) Bruch seines Versprechens, den ihm geschicktem Text unter Verschluss zu halten, hängt sicherlich mit seiner Befürchtung zusammen, jemand könne Xylander bei dessen Übersetzung zuvorkommen und damit auch seinen Ruhm als großzügigen Geber der Handschrift und Beförderer der Wissenschaft gefährden.[189] Dass Camerarius gegen sein Versprechen verstoßen haben soll, scheint unwahrscheinlich,[190] auch wenn es Dudith als Fakt benennt. Andererseit gab es Mathematiker, die Camerarius wegen des Textes bedrängten: Stojus, der ihn mehrfach um eine Abschrift bzw. eine Edition ersuchte,[191] oder auch Dasypodius, der in einem gedruckten Widmungsbrief an Dudith (dat. 03.12.1571) schreibt, er erwarte den griechischen Diophant von ihm und von Camerarius, um ihn schnellstmöglich herauszugeben.[192]

(Marion Gindhart unter Mitarbeit von Alexander Hubert)

Camerarius als Förderer von Mathematikern

Camerarius zögerte auch nicht, seinen Einfluss geltend zu machen, um Mathematiker – durchaus erfolgreich – zu unterstützen:

So gelang es ihm etwa (vgl. ↑ Melanchthon und die Mathematik an der Universität Wittenberg), die noch ausstehende Anschubfinanzierung für Erasmus Reinholds "Prutenische Tafeln" von Albrecht von Preußen einzufordern. Nach der Fertigstellung bewarb Camerarius dieses Werk mit einem griechischen Gedicht auf dem Titelblatt. Ähnliche Werbegedichte (vgl. ↑ Griechische und lateinische Dichtungen) finden sich auch für Druckschriften von Johannes Schöner und Caspar Peucer; besonders hervorzuheben ist ein griechisches Dialoggedicht, das Camerarius eigenhändig auf (bisher zwei bekannten) Druckexemplaren von Kopernikus' "De revolutionibus orbium coelestium" eingetragen hat, die Georg Joachim Rheticus an Dritte verschenkte. Der Schrift wird darin ewiger Ruhm unter den Gelehrten prophezeit, ohne dass (wie in Osianders Vorwort) das heliostatische Modell als Hypothese deklariert wird.

Umsichtige Unterstützung erhielt der Mathematiker und Astronom Johann Hommel (↑ Camerarius und Johann Hommel) durch Camerarius' Einsatz und Einfluss. Hommel war einem Ruf des Landesherren Moritz von Sachsen nach Leipzig gefolgt, noch bevor seine Anstellung, Finanzierung und Unterbringung geklärt waren. Kurz vor dem 01.11.1549 war er dort eingetroffen, wie ein Brief von Camerarius an Melanchthon von diesem Datum belegt.[193] Die beiden Mathematikprofessuren an der Leipziger Universität waren zu dieser Zeit besetzt: Die Stelle für höhere Mathematik hatte seit 1542 Rheticus inne, die für niedere Mathematik seit 1545 Christoph Montag. Camerarius wurde von Christoph von Karlowitz aufgefordert, für Hommels Anstellung zu sorgen. Dieser gab in einem Brief (OCEp 0496, dat. Mitte Oktober/ Mitte November 1549) zu bedenken, dass Rheticus' Professur unbefristet sei und man den altgedienten Christoph Montag aus Fürsorgepflicht nicht entlassen und durch Hommel ersetzen könne. Camerarius empfahl stattdessen, eine zusätzliche Stelle einzurichten und dafür die Gelder der vakanten Professur für Chirurgie zu verwenden. Er wies aber auch darauf hin, dass er selbst in dieser Sache wenig zu entscheiden habe: Die Anweisungen müssten vom Fürsten kommen. Zudem gab er weitere Empfehlungen, wie Hommel Akzeptanz und weitere Hilfe erfahren könne. Auch bat er Melanchthon, der sich Mitte November in Leipzig aufhielt, um Unterstützung für Hommel.[194] Tatsächlich griff der Kurfürst Camerarius' Vorschlag auf: Am 23.11.1549 empfahl er Hommel der Universität und erklärte sich bereit, diesen mit einem stipendio zuversehen, verlangte aber dafür von der Universität eine Aufstellung von Einnahmen und Ausgaben und eine Zwischenfinanzierung (100 Gulden) von der medizinischen Fakultät; außerdem sollte Hommel von der Universität Wohnraum zugewiesen werden.[195] Nach Protest im Senat wurde das Reskript schließlich angenommen unter der Bedingung, dass das Geld der medizinischen Fakultät zurückerstattet würde.
Camerarius war es hiermit gelungen, Hommel in Leipzig zu installieren, zugleich Christoph Montags weiteres Auskommen zu sichern und damit (wenn auch nur für kurze Zeit) die Zahl der Mathematiker an der Artesfakultät auf drei zu erhöhen. Deutlich wird an diesem Fall nicht nur, wie bedacht Camerarius handelte, sondern auch, welchen Stellenwert seine Meinung bei Hofe hatte und wie groß sein Einfluss in universitären Belangen war.

Über Camerarius als Knotenpunkt liefen auch Empfehlung und Vermittlung von Mathematikern wie beispielsweise im (etwas langwierigen, aber letztendlich erfolgreichen) Fall von Johannes Prätorius.
Der ungarische Adlige Andreas Dudith hatte sich am 01.10.1568 von Krakau aus mit einem Brief an Camerarius gewandt, ihm seine Bewunderung ausgesprochen und einen speziellen Gefallen erfragt:[196] Er habe bereits Ernst Vögelin gebeten, ihm mit Camerarius' Unterstützung einen fähigen Mathematiker zukommen zu lassen, der ihn bei seinen privaten Studien unterstützen solle (qui mihi domesticam operam navaret).[197] Nachdem Vögelin trotz mehrfachen Nachfragens nicht geantwortet habe, habe nun Paul Fabricius Dudith mitgeteilt, dass Camerarius Johannes Prätorius lobend erwähnt habe. Camerarius solle also diesen Prätorius zu ihm schicken, wenn er ihn für fähig halte, oder einen anderen Mathematiker, der ihm passend erscheine, und auch gleich mitteilen, für wie lange die entsprechende Person bei Dudith bleiben könne. Camerarius' Antwort fiel offenbar positiv aus, denn bereits am 12.11.1568 schreibt Dudith,[198] er erwarte Prätorius gespannt (avide), denn er müsse äußerst fähig sein, wenn Camerarius in so hohen Tönen von ihm spreche. Camerarius solle Prätorius drängen, sich sofort auf den Weg zu machen, und Dudith postwendend mitteilen, ob Prätorius bereits abgereist sei, wann er bei Dudith ankommen werde, wie alt er sei und welchen Lohn Camerarius für angemessen halte. Falls Prätorius es sich aber anders überlegt haben sollte, solle Camerarius unbedingt einen anderen Mathematiker schicken. Wenige Monate später schreibt Dudith erneut (Brief vom 25.02.1569):[199] Er erwarte Prätorius dringend. Camerarius solle sich auf jeden Fall bemühen, dass so schnell wie möglich irgendein Mathematiker komme, der seinen Anforderungen genüge. Er wolle, wie bereits geschrieben, jemanden, der sich nicht nur ein bisschen in der Mathematik auskenne, sondern in allen mathematischen Gebieten wirklich fortgeschritten und auch astrologisch versiert sei (Nolo hominem mediocriter in his disciplinis versutum, sed qui magnos in omni parte progressus habeat et in divinatrice quoque astrologia non parum operae posuerit).[200] Falls Prätorius dem nicht entspreche oder nicht kommen wolle, solle Camerarius also jemand anderen schicken und sich diesbezüglich auch mit Caspar Peucer austauschen. Im Postscriptum geht Dudith noch einmal auf Prätorius ein: Noch nie habe ihn etwas so auf die Folter gespannt wie die Erwartung dieses Mathematikers (Nulla me res ita umquam torsit ut huius mathematici exspectatio).[201] Camerarius bestätigt in seinem Antwortbrief (dat. 29.03.1569)[202] seine Einschätzung des Prätorius, den er und Fabricius empfohlen haben, wolle aber die Exzellenz auf einen "gemäßigten Eifer" bezogen wissen (Nam quod de praestante excellentia scribitur, id mihi libet accipere de mediocri industria, quae in nullo genere rerum contemnenda).[203] Prätorius zeichne sich mehr durch wissenschaftliches Können als durch ein prahlerisches Auftreten aus (In Praetorio plus esse scientiae quam ostentationis comperi).[204] Er erwarte ihn und werde ihn direkt zu Dudith weiterschicken. Dieser zeigt sich in einem Brief vom 15.05.1569 ungeduldig und enttäuscht:[205] Es ärgere ihn, dass seine freie Zeit, die jederzeit enden könne, jetzt so ungenutzt vergangen sei. Camerarius solle schnellstmöglich Prätorius oder einen anderen fähigen Mathematiker schicken, der seine Erwartungen erfüllen könne. Jedoch habe Camerarius' Verweis auf die mediocris industria des Prätorius Dudiths Meinung von diesem geschmälert. Er habe doch ausdrücklich klar gemacht, dass er niemanden mittelmäßigen, sondern jemanden zweiten oder dritten, wenn schon nicht ersten Ranges suche (At ego non mediocrem me quaerere iam antea testatus sum, sed qui vel in secundis vel tertiis consistat, si in primis non datur).[206]
Dennoch zeigt sich Dudith in einem Brief vom 06.06.1569 schließlich hocherfreut über Prätorius' Ankunft:[207] Er werde ihn wohlwollend empfangen und behandeln, vertraue auf seine Fähigkeiten und fühle sich Camerarius sehr verpflichtet. Auch ein halbes Jahr später (Brief vom 08.02.1570) dankt Dudith Camerarius überschwänglich:[208] Prätorius' Fähigkeiten entsprächen genau seinen Anforderungen und er schätze seine Bescheidenheit und Redlichkeit. Er sei Camerarius Zeit seines Lebens zu Dank verpflichtet (De Praetorio agam tibi gratias, dum vivam.)[209] und er bitte ihn, ihm bei Gelegenheit mitzuteilen, wie er sich erkenntlich zeigen könne (Rogo te ut mihi aliquando imperes).[210] Möglicherweise damit zusammenhängend weist Dudith darauf hin, dass er in Italien Diophant abschreiben lasse und Camerarius den Text erhalten könnte (vgl. ↑ Auf der Jagd nach Diophant). Zwei Monate später schreibt Dudith, Prätorius sei offenbar gerne bei ihm und er sorge dafür, dass dieser von Camerarius' Empfehlung wisse (Brief vom 04.04.1570).[211] Derzeit arbeite Prätorius zum Perpetuum mobile und stehe kurz vor dem Durchbruch. Auch in einem Brief an Joachim Camerarius d.J. (dat. 06.07.1570) zeigt sich Dudith dankbar gegenüber dessen Vater.[212]
Nach dem Weggang von Prätorius aus Krakau (er wurde zum Wintersemester 1571/72 auf die Professur für höhere Mathematik nach Wittenberg berufen) begann sich zwischen beiden ein intensiver brieflicher Kontakt zu entwickeln. Einer der ersten Briefe ging am 01.02.1572 von Andreas Dudith aus:[213] Dudith bedauert darin den für ihn so betrüblichen Weggang von Prätorius (Crede mihi, omnem propemodum laetitiam tuo abitu tecum abstulisti),[214] und setzt ihn moralisch etwas unter Druck: Oft frage ihn sein Sohn, wann Prätorius wieder zurückkomme, warum er so lange weg sei und ob er sie vergessen habe. Er solle deshalb dringend regelmäßig an Dudith schreiben. Mit der Bitte, ihm einen Mathematiker zu schicken, der Prätorius so ähnlich wie möglich sei (tui quam simillimum),[215] setzt Dudith sein Anliegen weiter fort. Der briefliche Kontakt zu Prätorius wird jedoch bis zu Dudiths Tod im Jahr 1589 bestehen bleiben und immer wieder Mathematisches beinhalten.[216]

(Alexander Hubert, Marion Gindhart)

Anmerkungen

  1. Ein kurzer Überblick zu den disciplinae mathematicae in der Frühen Neuzeit bei Epple 2008a, 140-152.
  2. Zu Stöffler vgl. etwa Betsch 2008.
  3. MBW – Regesten online, Nr. 146 an Georg Spalatin, dat. 14.06.1521.
  4. Johannes Volmar, der seit 1519 die Lektur innehatte, erhielt die Professur für höhere, Johannes Longicampianus die für niedere Mathematik, sein Nachfolger wurde 1529 Jakob Milich. Nach dem Tod Volmars und dem Wechsel Milichs an die medizinische Fakultät waren beide Stellen 1536 vakant.
  5. Schöneburg 2007, 13.
  6. Quia vero sciebat (scil. Philippus Melanchthon) omnem humanae scientiae veritatem mathematicis disciplinis contineri, neque sine his aut doctrinam certam, aut stabilem cognitionem esse ullam, quibuscunque modis poterat ad has colendas studia iuventutis invitabat & alliciebat.
  7. MBW – Regesten online, Nr. 3784, dat. 04.01.1545.
  8. Camerarius' Einsatz scheint erfolgreich gewesen zu sein, da sich Melanchthon ein halbes Jahr später bei Albrecht für 50 Gulden bedankt, die Reinhold erhalten habe (MBW – Regesten online, Nr. 3949, dat. 15.07.1545).
  9. Zu den Wittenberger Lehrveranstaltungen im Bereich der Mathematik und Astrologie zu Melanchthons Zeit vgl. Singer 2012, hier: 66-87.
  10. Zur Reform der Artistenfakultät vgl. Hofmann 1982, 4-15; zu Camerarius' Tätigkeiten in Tübingen vgl. Schultheiß 2017 mit weiterer Literatur.
  11. Imser wurde nach Stöfflers Tod am 1. Juni 1531 für die "Lectio mathematices et astronomiae" angestellt und gehörte dem Tübinger Lehrkörper bis 1557 mit Unterbrechungen an: So ging er nach dem Erlass der herzoglichen Reformation vom 30. Januar 1535 nach Freiburg, wo er bis Anfang Mai 1537 blieb, wohl um "die Entwicklung der Reformation außerhalb Tübingens abzuwarten" (Hofmann 1982, 131). Ab 1536 wurde er durch Hiltebrand vertreten, der im Juli des Jahres nach Tübingen gekommen war und über hebräische Grammatik sowie anfangs extraordinarie über Euklid las. Dieser behielt nach der Rückkehr Imsers die "Lectio Euclidis arithmeticae et geometriae".
  12. Hofmann 1982, 143f.
  13. Hofmann 1982, 144.
  14. Dazu und zur Reform Woitkowitz 1997, 35-37; Woitkowitz 2003, 91-97; Woitkowitz 2003a, 65-69; Kößling 2003a; Rudersdorf 2003; Rudersdorf 2009, 351-391; Rudersdorf 2015.
  15. Eine Übersicht bieten etwa Reich 2012, 38-55; Reich 2017, 561-570.
  16. Vgl. dazu Camerarius' Widmungsbrief von "De analogiis" an Wolfgang Meurer. Lat. Text und Übersetzung in Auszügen in Huth masch., 200-206.
  17. Das Konzept des Deus architectus mit Rekurs auf Platon findet sich prominent in der von Melanchthons Schwiegersohn Caspar Peucer vorgetragenen Rede "De studiis veteris philosophiae" (1557), CR XII, 246f. Zur Relation von Mathematik und Theologie bei Melanchthon vgl. Methuen 1998.
  18. Vgl. etwa MBW – Regesten online, Nr. 1595 an Georg Hartmann, dat. 08.08.[1535?].
  19. Vgl. etwa MBW – Regesten online, Nr. 1770 an Johannes Schöner, dat. [07.]08.1536; MBW – Regesten online, Nr. 1927 an den Nürnberger Rat, dat. vor 05.08.1537. Vgl. auch Camerarius' Elogium auf den Rat und die Stadt Nürnberg in seiner Widmung an den Rat, die Grynäus' Edition des Theonkommentars zum "Almagest" (1538) begleitet. Vorlage der Ausgabe war eine Handschrift aus dem Besitz der Ratsbibliothek (Regiomontan-Nachlass), die Grynäus durch Camerarius' Vermittlung als Leihgabe erhalten hatte.
  20. MBW – Regesten online, Nr. 18 = Widmung von "De artibus liberalibus" an Stöffler, A1v; Übersetzungen von zwei Stellen aus den "Diosemeia" in CR XII, 271f.
  21. Sedulo hactenus operam dedimus, ut eiusmodi scriptores scholae nostrae proponeremus, e quib[us] praeter loquendi rationem etiam rerum Graecarum scientiam delibaret iuventus. Nam efficacissime commendari linguae studium utilitate iudico, aiiv.
  22. OCEp 1206, dat. 21.01.1567; zur Bibliothek des Sambucus Almási 2009, 217f.
  23. Clm 10367, Nr. 295, ed. Gerstinger 1968, 81f., dat. 25.03.1567.
  24. OCEp 1207, dat. 24.04.1567.
  25. OCEp 3257, dat. 01.06.1567.
  26. OCEp 1209, dat. 09.-11.1568.
  27. Vgl. etwa OCEp 1207, dat. 24.04.1567.
  28. Dasypodius an Andreas Dudith, dat. 03.12.1571, ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 272, hier: S. 322f., Z. 20-24.
  29. Sambucus an Theodor Zwinger, dat. 12.03.1576, ed. Gerstinger 1968, 190-193 und weitere Briefe an ihn; Sambucus an Joachim Camerarius II., dat. 07.07.1577, ed. Gerstinger 1968, 221f. In diesem Brief erwähnt Sambucus auch, dass Camerarius den Codex für den besten hs. Textzeugen der Werke Euklids gehalten habe. In einem Brief an Zwinger vom 13.10.1576, ed. Gerstinger 1968, 197-200, taxiert Sambucus seinen Wert mit 100 Gulden.
  30. Zwickau, RB, Ms. LXXXV; Titel: "In Procli Hypotyposin Astronomicarum sumtionum scholia cum translatione latina D(omini) Ioachimi Cam(erarii) pab(ebergensis) 1548", Hinweis auf die Hs. von Ulrich Schlegelmilch und Manuel Huth.
  31. Huc usque pervenit D(ominus) Camerarius quam lectionem postea prosecutus est D(ominus) Joachimus Rheticus.
  32. MBW – Regesten online, Nr. 6597, dat. 10.10.[1552].
  33. Vallas Übersetzung erschien postum 1501 bei Aldus in dem enzyklopädischen Werk "De expetendis et fugiendis rebus" (Astrologia III) und wurde wieder abgedruckt in der bei Petri publizierten lat. Ptolemaios-Ausgabe 1541 und 1551.
  34. Dudith an Camerarius, dat. 12.11.1568, ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 228, hier: S. 77, Z. 31-34: Petebam abs te Πρόκλου Ὑποτύπωσιν τῶν ἀστρονομικῶν ὑποθέσεων Latine abs te docte et eleganter redditam, cuius aliquam particulam mihi Rheticus ostendit. Si licet, impetrem a tua humanitate id muneris loco, ut primum redieris.
  35. Basel 1547 u.ö., vgl. auch GG 306.
  36. Omnia graece & latine ita coniuncta, ut conferri ab utriusque linguae studiosis, in quorum gratiam eduntur, possint [...].
  37. OCEp 0771, dat. 15.10.1558; vgl. auch OCEp 0775, dat. zw. 1555 und 1559.
  38. Vgl. dazu die 2022 am Würzburger Lehrstuhl für Latinistik eingereichte Zulassungsarbeit von Ronja Wegrath.
  39. Gemeint sind die vier "Problemata Arithmetica" in den "Προγυμνάσματα ῥητορικῶν".
  40. Camerarius, De notis numerorum, 1569, O8v.
  41. Nürnberg, SB, Cent V, App. 36, dazu Huth masch., 112 und 236.
  42. Vgl. hierzu Text und Übersetzung des Kapitels "De proportionibus" in Huth masch., 236-255.
  43. OC 0681, A8r; OC 0720, A8r; OC 0747, [A8+]v, B2r [falsche Lagenzählung]; OC 0787, C1r/v.
  44. Dec. 2.9, 42-51, griech. u. lat.; dazu auch Huth masch., 263-273 mit Übersetzung.
  45. Dec. 9.7, 131-134, lat.
  46. Dec. 11.5, 162-165, griech. u. lat.
  47. MBW – Regesten online, Nr. 489, dat. 16.08.1526; Nr. 494, dat. 07.09.1526; Nr. 807, dat. 24.07.1529.
  48. "Nomina mensurarum" und "Vocabula rei numariae", mit Umrechnung auf zeitgenössische Einheiten: CR XX, 419-424, zur Druckgeschichte ebd. 413-418.
  49. Vgl. ebd., 5r: visum est easdem in complicata etiam emittere.
  50. Alle drei Texte sind über Huth masch., 200-230 mit Übersetzung rezipierbar; zu Camerarius' Analogiekonzept ebd., 110-158.
  51. Dazu auch Camerarius, Decuriae συμμίκτων προβλημάτων, 1594, 30-35, Huth masch., 256-262.
  52. Camerarius, Explicatiuncula expositorum versuum, 1554, B3r; dort auch Agitation gegen fehlerhafte Übersetzungen aus dem Griechischen und Plädoyer für ein Studium des Originals; eine lateinische Übersetzungsprobe findet sich aber in "Decuriae", 49f., vgl. auch den Abschnitt Mathematische quaestiones.
  53. C7v-D1v in der Ausgabe 1557, F4v-F5r in der Ausgabe 1569, jeweils mit Schaubild.
  54. D1v-E6v in der Ausgabe 1557, F5v-H3r in der Ausgabe 1569.
  55. Der Text mit Übersetzung bei Huth masch., 237-255.
  56. Text mit Übersetzung bei Huth masch., 263-273.
  57. Vgl. dazu Huth masch., 132f.; 179-185 und 231-235 mit Übersetzungen.
  58. Zur griechischen Dichtung vgl. den Brief von Jakob Bedrott an Camerarius, dat. 15.06.1539; Melanchthon hatte seine Bedenken hinsichtlich der Folgen der Eklipse Camerarius bereits am 25. Februar mitgeteilt (MBW – Regesten online, Nr. 2150), am 25. Juni bekundet er seine Freude über die Lektüre von Camerarius' Dichtung (MBW – Regesten online, Nr. 2232).
  59. Vgl. den Brief an Christoph Karlowitz, dat. 14.03.1556.
  60. Die Sammlung wurde 2016 bei Christie's versteigert, eine Teilschenkung erhielt die Biblioteca Civica Bertoliana in Vicenza. Der Verbleib des Exemplars von "De revolutionibus" ist unbekannt.
  61. Dieses Exemplar befindet sich in Leipzig, UB, Sign. Libri.sep.577-r.
  62. Zum Projekt vgl. Wechels Widmungsbrief an Amaury Bouchard, A3r/v; weitere Auflagen folgen 1534 und 1535.
  63. Eine Gesamtausgabe erscheint 1557 bei Périer in Paris, ebenfalls mit den Nürnberger Stöcken.
  64. Camerarius' Dichtungen nennen als besondere Qualität der dürerschen Kunst nicht nur die perfekte Abbildung der Natur, sondern das Übertreffen der Naturgesetze im Bild, das etwa die Jahreszeiten verlängert und vergangene Zeiten lebendig macht; Dürer wird gleichermaßen als Maler und Schriftsteller gerühmt sowie im Sinne einer translatio artium als Apelles der Deutschen apostrophiert.
  65. Das Gymnasium wurde am 23. Mai 1526 mit einer Programmrede Melanchthons feierlich eröffnet. Schöner zog Anfang August 1526 von Bamberg nach Nürnberg, Camerarius verließ nach dem Ruf an die Universität Tübingen Nürnberg im September 1535.
  66. Ed. Maruska 2008, 286f.; WPB 6, Nr. 1032.
  67. Vgl. dazu Maruska 2008, 43-45. Zum Egidiengymnasium, zu berühmten Schülern Schöners und zu den Verpflichtungen, die mit der Mathematiklektur verbunden waren, ebd., 52-58 mit Literatur.
  68. Brief von Schöner an Willibald Pirckheimer (dat. 07. April 1524), ed. Maruska 2008, 258-260; WBP 5, Nr. 831. Seiler war ein wichtiger Unterstützer Schöners, der Geschäfte für ihn vermittelte und ihn finanziell unterstützte.
  69. Hessler 2013, insb. auch 120-123. Zu Schöners Interesse an den neuen geographischen Entdeckungen ebd., 123-127.
  70. Germanisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. WI1; Permalink mit Literatur.
  71. Auch zum Himmelsglobus gab es eine Begleitpublikation; vgl. hierzu und zu Verkaufspreisen, Produktionszahlen und Vertriebswegen Berger 2013, 13; Hauschke 2005,17.
  72. Weimar, HAAB, Sign. Kt 800 – 2 und – 3. Der Kurfürst zeigte sich dafür mit der exorbitanten, symbolischen Summe von 100 Gulden erkenntlich (zum Vergleich: Lorenz Behaim zahlte 1517 für den Himmelsglobus samt Begleitschrift 2,5 Gulden).
  73. Woitkowitz 2008, 93f.; OCEp 0775, eingrenzbar auf den Aufenthalt Hommels am Dresdner Hof 1558/59.
  74. In einem Brief von Anfang November 1526 (MBW – Regesten online, Nr. 508) berichtet Melanchthon, dass er Camerarius' Brief über die Herstellung von Globen an Johannes Longicampianus weiterleitet habe, und er sich freue, dass sich Camerarius mit der Mathematik beschäftige.
  75. Zum Regiomontan-Nachlass vgl. Maruska 2008, 78f. und die Seite 'Der Nachlass von Regiomontanus' im Portal "Astronomie in Nürnberg".
  76. Die Hochschätzung Schöners geht auch aus einem Brief von Rheticus an Heinrich Widnauer hervor, den er diesem aus Nürnberg schreibt, als er dort die Drucklegung von "De revolutionibus" vorbereitete (dat. 13.08.1542), vgl. Burmeister 1968, 49-54 (Edition, Übersetzung, Kommentar). In diesem Brief berichtet er über verschiedene Gelehrte, die ihn während und nach seinem Studium in Wittenberg förderten, und erwähnt mit größter Anerkennung auch Camerarius, den er Anfang 1539 in Tübingen kennenlernte.
  77. Rheticus übermittelt über Andreas Aurifaber noch vor Fertigstellung des Druckes im März 1540 die ersten drei Druckbogen an Melanchthon (MBW – Regesten online, Nr. 2372, dat. 14.02.1540).
  78. Vgl.Maruska 2008, 142-144. Die Rolle Schöners bei der Drucklegung ist unklar. Für "De revolutionibus" hatte Kopernikus Merkurdaten von Bernhard Walther verwendet, die sich hs. im Besitz Schöners befanden, vgl. Hessler 2013, 159-162.
  79. So etwa im "Opusculum geographicum" von 1533, vgl. Maruska 2008, 138f. und 144 (mit fälschlichem Verweis auf die Schrift "Globi stelliferi usus"). Maruska zeichnet Schöner (ebd., 149) als konservativen Gelehrten, der "die bahnbrechenden Erkenntnisse von Nikolaus Kopernikus weder förderte oder zumindest akzeptierte, sondern sogar öffentlich dagegen Stellung bezog".
  80. Melanchthon übt in seinen "Initia doctrinae physicae" (1549, 47v-48) harsche Kritik am heliostatischen Modell und sieht es in einer Lust an Neuerung (mit gleichzeitiger Demontage des Neuen durch Verweis auf Aristarch) bzw. an der Demonstration des eigenen Genies begründet. In einem früheren Brief an Burkhard Mithoff (MBW – Regesten online, Nr. 2830, dat. 16.10.[1541]) hatte er den Tausch von Sonnen- und Erdbewegung bereits als absurd angeführt. Auch Caspar Peucer lehnt im Widmungsbrief seiner "Hypotheses Astronomicae" an Landgraf Wilhelm von Hessen (dat. 01.05.1571) die "kopernikanischen Hypothesen" mit Verweis auf deren Abwegigkeit ab (In Coperniceis [scil. hypothesibus] absurditas offendit, aliena a vero, Bl. )(3r) und plädiert dafür, das (von der aristotelischen Physik abweichende) System auf keinen Fall an den Schulen einzuführen (Bl. )(5v). Gleichwohl werden Kopernikus als "beobachtender und rechnender Astronom" (Reich 2012, 57) und die auf seinen Beobachtungsbefunden basierende Lehre (ohne die heliostatischen Hypothesen) von beiden geschätzt (Vgl. Peucer, Hypotheses, 238: Qua in re doctrinam eius sequemur extructam ab observationibus, hypothesibus omissis). Und so findet Kopernikus dann auch Aufnahme in die Reihe der von Gott erweckten Erneuerer der Astronomie, die Melanchthon in der Vorrede zu Cyprian Leowitz' Ausgabe von Regiomontans "Tabulae directionum" nennt (MBW – Regesten online, Nr. 6363, dat. 24.02.1552). Dazu zentral Weichenhan 2004.
  81. Vgl. MBW – Regesten online, Nr. 3098 (dat. 03.12.1542) und Nr. 3151 (dat. 25.01.1543) an Hieronymus Baumgartner, Nr. 3102 (dat. 04.12.1542) und Nr. 3153 (dat. 25.01.1543) an Veit Dietrich; dazu Bezzel 1992, 296f.
  82. Maruska 2008, 242.
  83. Zu diesen Aufgaben Maruska 2008, 56-58. Zu Hellers diesbezüglichen Publikationen vgl. Matthäus 1969, 1028-1030; Bezzel 1992, passim; Klaus-Dieter Herbst, Art. "Heller, Joachim", in: Biobibliographisches Handbuch der Kalendermacher von 1550 bis 1750 (Abruf der Version vom 15.03.2022) mit Verweis auf Hellers Nutzung der kopernikanischen Astronomie zur Datenberechnung. Für Schöners letztes "Prognosticon Astrologicum" auf das Jahr 1547 verfasste Heller das Titelepigramm. Zuvor hatte er für dessen drei Bücher "De iudiciis nativitatum" (1545) ein Begleitepigramm (Titelrückseite) gedichtet. In Kooperation mit Schöner gab er 1546 Albohalis "De iudiciis nativitatum liber unus" heraus.
  84. Vgl. Matthäus 1969, 1032-1038; Bezzel 1992, 299-301; Reske 2015, 245f.
  85. Vielleicht fühlte sich Camerarius Heller auch wegen dessen Zueignung der "Epitome totius astrologiae" des Johannes Hispanus (1548) verpflichtet.
  86. Vgl. etwa seinen Brief an Andreas Sylvius (dat. 30.03.1557, Jahr berichtigt): Camerarius wollte dem Schreiben ursprünglich ein Exemplar beigeben und hatte deswegen den Druck noch abgewartet, musste dann aber aufgrund der miserablen Qualität davon absehen: Frustrata autem me ista expectatio & spes tam turpiter fuit, & scriptum illum nostrum adeo depravate & deformiter exiit, ut puderet & pigeret me operae, neque talem descriptionem auderem ulli mittere, cum quidem res tractata mediocri cum diligentia & exposita non inerudite videretur.
  87. 1554 musste Heller seine "unfleißigen und widerspenstigen Arbeiter" (Matthäus 1969, 1033) durch den Nürnberger Rat zurechtweisen lassen (RV 1106/6, 21.07.1554).
  88. So zusammengefasst bei Bezzel 1992, 301; auch soll er als Spion von Kurfürst August I. von Sachsen enttarnt worden sein.
  89. Von sententiae mirificae spricht Camerarius auch in Zusammenhang mit den Gnesiolutheranern ("Querela Luteri", 21); als homo mirificus bezeichnet er zudem Matthias Flacius (OCEp 1104, dat. 16.01.1568).
  90. Camerarius spricht sich in diesem Brief überschwänglich für Stojus aus und betont, dass eine so emphatische Empfehlung eigentlich nicht seine Art sei.
  91. Vgl. Stupperich 1973, 186.
  92. RV 1068/10 und 12v, 23./24.09.1551, s. Matthäus 1969, 1032.
  93. Vgl. Matthäus 1969, 1037.
  94. Burmeister 1967, 87 erwähnt zudem Exemplare, die Rheticus an Georg Donner und Tiedemann Giese verschenkte. Zum Zeitpunkt der Publikation war Rheticus schon Kollege von Camerarius in Leipzig, so dass dieser vor Ort die Verse in die Exemplare eintragen konnte.
  95. Rheticus war von der Fakultät bereits für das Wintersemester 1539/40 zurückerwartet worden, wie die Vorlesungsankündigungen zu Alfraganus, Sacrobosco und Ptolemaios zeigen, vgl. Domtera-Schleichardt 2021, 562f.
  96. Dazu und zu Rheticus' Dekanat und Vorlesungstätigkeit im Wintersemester 1541/2 Burmeister 1967, 66-76
  97. MBW – Regesten online, Nr. 3066 (dat. ca. 17.10.1542), vgl. Burmeister 1967, 81-84 u.a. mit Verweis auf die "Acta Rectoris", die Einigung von Melanchthon und Camerarius über Rheticus' Wechsel von Wittenberg nach Leipzig und weitere Berufungsdetails.
  98. Vgl. Burmeister 1967, 89-99.
  99. Erler 1897, 686.
  100. Vgl. Erler 1897, 690: dns. Georgius Ioachimus Rheticus absens, eius loco, sic consentiente tota facultate, dns. Camerarius qui explicuit hypotypóses astronomicas Procli Graece. Camerarius ist in diesem Semester Rektor.
  101. Vgl. Erler 1897, 696: dns. Rheticus, cuius vices gessit Camerarius interpres mathematum. Zu Rheticus' Forderung nach einer Gehaltserhöhung, zur Ablehnung seitens der Fakultät und ihrer Aufforderung zur baldigen Rückkehr ebd., 696f. (De causa Rhetici professoris mathematum).
  102. Vgl. Erler 1897, 698: dns. Rheticus, qui fere per biennium afuit interpres mathematum.
  103. Erler 1897, 701.
  104. Vgl. Erler 1897, 703: Georgius Ioachimus Rheticus in fine decanatus reversus.
  105. Zum Verfahren ausführlich Burmeister 1967, 110-119.
  106. Bartholomäus Scultetus nennt in seinem Werk "Gnomonice de solariis" von 1572 den 5. Juli als Todesdatum (vgl. Seite 5 der Widmung). Karl Heinz Burmeister nennt dem 3. Juli (vgl. Burmeister 2015, 291) nach dem Epitaph in Stepner 1675, 356. Joachim Camerarius schreibt allerdings am 5. Juli an Matthias Stojus, dass Hommel am Vortag verstorben sei (vgl. OCEp 1217). In einem Gedicht des Kaspar Walther wird ebenfalls der 4. Juli als Todesdatum angegeben (vgl. Camerarius, Oratio in declaratione magistrorum et al., 1563, 31).
  107. Vgl. Förstemann 1841, 177, Woitkowitz 2008, 70 und Burmeister 2015, 291.
  108. Rheticus kehrte nach seinem Aufenthalt in Frauenburg im Wintersemester 1541/42 noch einmal für ein Semester nach Wittenberg zurück; Hommel war aber bereits im Februar 1541 zum Magister promoviert worden und nach Memmingen zurückgekehrt. Mitte Mai 1542 ging Rheticus dann nach Nürnberg und von dort aus im Wintersemester 1542/43 nach Leipzig.
  109. Vgl. Woitkowitz 2008, 71f. und Burmeister 2015, 291.
  110. Sign. AvS Ha 1.
  111. Vgl. MBW – Regesten online, Nr. 4093.
  112. VD16 ZV 19.
  113. Vgl. Woitkowitz 2008, 72ff. und Burmeister 2015, 291.
  114. Vgl. MBW – Regesten online, Nr. 5671.
  115. Vgl. Woitkowitz 2008, 78 Anm. 81.
  116. Vgl. Woitkowitz 2008, 80f.
  117. Vgl. OCEp 1166.
  118. Vgl. etwa den bereits erwähnten Brief an Crato OCEp 1166 oder OCEp 0829 vom 15.07.1562 an Hieronymus Wolf, dem er zusammen mit dem Brief auch einen Nachruf auf Hommel zur Publikation nach Sitte der Universität zukommen ließ. Einen solchen enthält auch OC 0730.
  119. vgl. Woitkowitz 2008, 75, Anm. 61.
  120. So etwa im Jahre 1550 für das Amt Schwarzenberg im Rahmen von Grenzstreitigkeiten mit Böhmen, vgl. Woitkowitz 2008, 81, Anm. 97.
  121. Zu Hommel als Kartograph und Landvermesser vgl. Woitkowitz 2008, 81-87.
  122. OCEp 0771: Laetor te eruditi pulveris cogitationes et copiam rursum celo impendere, post terrenas dimensiones varias et multiplices: et ista cura … Principem affici, magnae mihi est voluptati.
  123. Vgl. Woitkowitz 93f.
  124. Vgl. OCEp 0775.
  125. Sign. QB41 C663+.
  126. Sign. JH.Msc.Astr.3. Vgl. Woitkowitz 2008, 87f.
  127. Leipzig, UB, Ms 0332 fol. 24. Vgl. auch Woitkowitz 2008, 88.
  128. Vgl. Woitkowitz 2008, 90; der heute mit der Nummer C/1556 D1 bezeichnete Komet wird dort allerdings irrtümlich als der Halleysche bezeichnet.
  129. Vgl. OCEp 0836, dat. 21.04.1564.
  130. Vgl. MBW – Regesten online, Nr. 6597. Camerarius war nach Franken gereist, weil in Sachsen die Pest wütete und er in der Heimat Angelegenheiten zu regeln hatte (vgl. OCEp 1148). Vor Hommel hatte bereits Camerarius zweimal über die "Hypotyposis" gelesen, im SS 1546 und im SS 1548, s.o.
  131. Vgl. Woitkowitz 2008, 90f.
  132. Sign. AvS Ha 3.
  133. Sign. BSB clm 719.
  134. Vgl. OCEp 0771.
  135. Krankheitsperioden waren für Camerarius auch immer eine Phase von wissenschaftlicher und literarischer Produktivität (→ Medizin).
  136. Lukian., Tox. 27.
  137. Möglicherweise ein Bezug auf Rheticus, der in einem Brief an Johannes Crato (dat. 20.07.1554) schreibt, er habe dank der Unterstützung Johannes Boners in dessen Garten einen Obelisken als Gnomon für seine trigonometrischen Studien aufstellen dürfen.
  138. Dudith an Prätorius, dat. 01.01.1589, ed. Szczucki/Szepessy 2019, Nr. 1290, hier: S. 606.
  139. Dudith an Prätorius, dat. 12.02.1589, ed. Szczucki/Szepessy 2019, Nr. 1298, hier: S. 628.
  140. Dudith an Prätorius, dat. 21.02.1589, ed. Szczucki/Szepessy 2019, Nr. 1299, hier: S. 631.
  141. Erlangen, UB: Ms. 842; Stadtarchiv Schweinfurt AvS Ha 22.
  142. Stadtarchiv Schweinfurt AvS Ha 15.
  143. Vgl. "Camerarius, Oratio in declaratione magistrorum et al., 1563" S. 8.
  144. Vgl. "Camerarius, Oratio in declaratione magistrorum et al., 1563", S. 11.
  145. τεχνογράφῳ χερὶ σκιόεντα πρὸς ἄξονα κόσμου / ἥρμοσε παντοδαποὺς ἡελίοιο δρόμους ("Camerarius, Oratio in declaratione magistrorum et al., 1563", S. 23).
  146. "Camerarius, Oratio in declaratione magistrorum et al., 1563", S. 45.
  147. Vgl. Woitkowitz 2008, 77 und Burmeister 2015, 292.
  148. Man vergleiche hierzu etwa den bereits erwähnten Epicedienband zu Hommel; auch der Hommel-Schüler Matthias Stojus warb in Briefen an Camerarius immer wieder für den Druck zumindest der Gnomonik (vgl. hierzu Camerarius' Antworten an Stojus in OCEp 1223, OCEp 1224 und OCEp 1225).
  149. Certe fit iniuria Homelio, quod eius Gnomonica supprimuntur; da operam ut hunc quoque e tenebris eliberes. (Brief von Dudith an Prätorius, dat. 26.12.1588, ed. Szczucki/Szepessy 2019, Nr. 1287, hier: S. 600). Zu diesem Zeitpunkt befand sich Hommels Nachlass wohl bereits in Prätorius' Besitz, von wo aus er später in die Bibliothek von dessen Schüler Petrus Saxonius gelangte; deren Bestand wiederum befindet sich heute weitestgehend im Stadtarchiv Schweinfurt und teils in der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg. Eine Erklärung, wie Prätorius an Hommels Schriften kam, liefert Woitkowitz: Joachim Camerarius II. brachte nach dem Tod seines Vaters dessen Nachlass mitsamt dem Hommels nach Nürnberg. Dort war aber Philipp Camerarius Ratskonsulent, der zugleich erster Prokanzler der Universität Altdorf war, wo Prätorius lehrte. So dürften Hommels Werke von Camerarius über dessen Söhne zu Prätorius gelangt sein (vgl. Woitkowitz 2008, 78, Anm. 78).
  150. Ms. 842 in Erlangen.
  151. AvS Ha 1 im Stadtarchiv Schweinfurt.
  152. AvS Ha 3 in Schweinfurt.
  153. AvS Ha 15 in Schweinfurt.
  154. AvS Ha 22 in Schweinfurt.
  155. AvS Ha 21 in Schweinfurt.
  156. AvS Ha 9 in Schweinfurt.
  157. Sign. BSB clm 719.
  158. Die Handschrift stammt aus dem 13. Jh. und umfasst die Bücher 1-3 und 8-10 der "Arithmetik". Sie ist eine Abschrift der Fassung von Maximos Planudes mit Kommentar zu den Büchern 1-2.
  159. [...] Hoc dico dominationi vestre me reperisse nunc venetiis Diofantum arithmeticum grecum nondum in latinum traductum.[...] nescio tamen si omnes combinationes horum prosecutus fuerit. non enim reperiuntur nisi 6 eius libri qui nunc apud me sunt, in prohemio autem pollicetur se scriptum tredecim. Si liber hic qui revera pulcerrimus est et difficilimus (!), integer inveniretur curarem eum latinum facere. ad hoc enim sufficerent mihi littere grece quas in domo domini mei reverendissimi didici. Curate et vos obsecro si apud vestros usquam inveniri possit liber ille integer. sunt enim in urbe vestra non nulli grecarum litterarum periti, quibus solent inter ceteros sue facultatis libros huiusmodi occurrere. Interim tamen, si suadebitis, sex dictos libros traducere in latinum occipiam, quatenus latinitas hoc novo et pretiosissimo munere non careat. (Christoph Gottlieb von Murr: Mirabilia bibliothecarum publicarum Norimbergensium et universitatis Altdorfinae. Band 1. Nürnberg 1786, 135f.; Eine neuere Edition der Korrespondenz gibt Armin Gerl: Trigonometrisch-astronomisches Rechnen kurz vor Copernicus. Der Briefwechsel Regiomontan-Bianchini. Stuttgart 1989). Erst 1968 entdeckte Fuat Sezgin die Bücher 4-7 in arabischer Übersetzung. Eine Edition des arabischen Textes mit englischer Übersetzung und Kommentar bietet Jacques Sesiano: Books IV to VII of Diophantus' Arithmetica in the Arabic Translation Attributed to Qusta ibn Luqa. New York u.a. 1982.
  160. Johannes Schöner (Hg.), Continentur in hoc libro. Rudimenta astronomica Alfragani [...], Nürnberg 1537. Das Zitat (β1v) ist im Expl. München, BSB, Sign. 4 A.or. 452 rot markiert (Provenienz: Johann Stephan Rudolph [1654-1698], Syndiakon in Kulmbach und Bayreuth, Professor am 1664 gegründeten Gymnasium Christian-Ernestinum in Bayreuth für Mathematik und Moraltheologie; Rudolph hatte bei Erhard Weigel in Jena Mathematik studiert und trat seine Stelle als Mathematiklehrer in Bayreuth am 27. Mai 1696 mit einer Rede über die Rudolphinischen Tafeln an). Auf dem Titelblatt wird die Rede geführt als "Oratio introductoria in omnes scientias Mathematicas Ioannis de Regiomonte, cum Alfraganum publice perlegeret", auf α4r als "Oratio Iohannis de Monteregio, habita Patavii in praelectione Alfragani".
  161. Vgl. Camerarius' Brief an Zasius, dat. 27.11.1556.
  162. In der Bibliotheca Vaticana befanden sich im 15. Jahrhundert drei Diophant-Handschriften unterschiedlicher Redaktionen: Cod. Vat. gr. 304 aus dem 14. Jh. ohne den Kommentar des Planudes, erworben vor 1453; Cod. Vat. gr. 191 aus dem 13.Jh., erworben nach 1463 und Cod. Vat. 200, eine Kopie des Venezianer Codex aus dem 15. Jh., erworben vor 1481 (Herrin 1999, 34 und 41 Anm. 62). Die Handschriften wurden auch verliehen: Vat. gr. 304 im Jahr 1522, Vat. gr. 191 in den Jahren 1518, 1522 und 1531. Die Marciana verlieh ihr Exemplar 1545/6 (ebd., 41 Anm. 62).
  163. Der hs. Brief ist ediert in: Hartig 1917, 283f.
  164. Erlangen, UB, H62/TREWBR STOIUS_MATTHIAS/45; vgl. dazu auch das Regest in der Ärztebriefdatenbank (Hinweis von Manuel Huth). Die Korrespondenz von Camerarius und Stojus untersucht Alexander Hubert in seiner am Camerariusprojekt angesiedelten Dissertation.
  165. Desgleichen ersucht Stojus in diesem Brief um eine Abschrift der "Gnomonica" Johann Hommels, um die er Camerarius schon öfter gebeten habe; diese befanden sich mit dem gesamten hs. Nachlass Hommels im Besitz seines Schwiegervaters (↑ Camerarius und Johann Hommel).
  166. Brief von Stojus an Camerarius, dat. 10.12.1571; Erlangen, UB, H62/TREWBR STOIUS_MATTHIAS/46.
  167. Meskens 2010, 140. Die Abschrift für Dudith liegt heute in der Biblioteca Vaticana (Reginensis gr. 128). Diese Mischfassung enthält (wie alle griech. Hss.) die Bücher 1-3 und 8-10 und dazu den Kommentar des Maximos Planudes zu den Büchern 1-2.
  168. Dudith an Camerarius, ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 244, 122-124, hier: 124, Z. 38-43. Die Melanchthonbriefe erhält Dudith im Juni 1570 von Camerarius als Geschenk. Allard 1985, 314 Anm. 29 verweist auf das heute in Paris, BNF liegende Exemplar, das einen entsprechenden Vermerk von Dudiths Hand trägt (Munus a J(oachimo) Camerario Cracoviam mihi allatum a Carolo de Harles Parisien(si)). Allard 1985, 311 rekonstruiert allerdings in Unkenntnis einiger Briefe einige Abläufe bezüglich der Diophant-Abschrift(en) falsch.
  169. Describuntur mihi Graece in Italia Diophanti libri, quos Regiomontanus dilaudat, De re et censu, ut ipse vocat (ebd., Z. 39-41).
  170. Si eius desiderio teneris, faciam ut ad te quoque perferatur (ebd., Z. 41).
  171. Si voles, etiam typis tradi poterit ad communem utilitatem (ebd., Z. 42f.).
  172. Dudith an Camerarius, ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 246, S. 126-128.
  173. Diophantum nondum accepi (ebd., 128, Z. 33).
  174. Der Text enthalte 88 Blatt (Folia sunt in folio, ut loquimur, octoginta octo maioris papyri; ebd., Z. 33f.), aber nicht alle Bücher. Dudith rekurriert dabei auch auf Regiomontans "Oratio", missversteht aber, dass Regiomontan die vollständige Ausgabe in 13 Büchern ebenfalls nicht vorlag (Quamvis Regiomontanus vester, si recte memini, duodecim (sic!) libros se vidisse De re et censu affirmat, ut dubitem ne hic liber fragmentum aliquod illorum sit; ebd., Z. 34-36).
  175. Ebd., Z. 37.
  176. Camerarius an Dudith, ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 268, S. 283f.
  177. Quod ad Diophanti librum attinet, et eum ad me missum esse egi gratias, et significavi fideliter apud me custodiri, et me cum hac aetate tum alias ob causas eum non esse qui interpretando illo operam navare possim. Itaque facturum me, quidquid magnificentia tua iussisset. De quo indicium sententiae tuae exspecto (ebd., S. 283, Z. 5-9).
  178. Wilhelm Xylander (Üs., Komm.): Diophanti Alexandrini Rerum Arithmeticarum libri sex (...). Basel 1575; vgl. dazu GG 298
  179. Ebd., *3r und *4v. Das Vorwort datiert vom 14.08.1574 und enthält eine Widmung an Herzog Ludwig von Württemberg, der für die Druckkosten aufkam. Stojus' Verweis vom 13.08.1571 auf ein laufendes Basler Übersetzungsprojekt ist damit nicht vereinbar.
  180. Ebd, *4v.
  181. Zum Datum des Erhalts und zu Dudiths Aufforderung vgl. den Widmungsbrief *4v; Dudith schreibt in einem Brief an Prätorius (dat. 01.02.1572), er hege keine Zweifel, dass Prätorius den Diophant an Simoni zur Weiterleitung an Xylander gegeben habe; falls nicht, solle er dies sofort tun (ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 274, S. 327-330, hier S. 328, Z. 27f.).
  182. Vgl. die Sammlung Wrocław, UB, R246 und die Abschrift Heidelberg, UB, Heid. Hs. 1464. Zum Erhalt der Handschrift sub Kalendas Aprilis 1572 s. Xylander an Crato, dat. 24.08.1572 (R246, Nr. 425; Heid. Hs. 1464, S. 305). In diesem Brief geht Xylander noch sehr optimistisch davon aus, dass die Übersetzung im Winter desselben Jahres erscheinen werde. In einem Brief vom 24.11.1572 kündigt er sie für Sommer 1573 an (R246, Nr. 427; Heid. Hs. 1464, S. 311), am 19.08.1573 berichtet er von seiner immensen Mühe und dem großen Aufwand mit dem Projekt und dem Spott von Dudith (autor laboris ingratus Dudicius), den Druckern und anderen (R246, Nr. 428; Heid. Hs. 1464, S. 316). Laut einem Brief vom 13.02.1574 soll die Übersetzung nach Ostern in Nürnberg gedruckt werden (R246, Nr. 429; Heid. Hs. 1464, S. 320), mit Mitteilung vom 04.08.1574 jedoch bei Episcopius in Basel – an der praefatio arbeite er gerade (R246, Nr. 431; Heid. Hs. 1464, S. 323; Arbeit an der praefatio auch noch am 19.08.1574: R246, Nr. 432; Heid. Hs. 1464, S. 325). Am 01.10.1574 berichtet er, dass er die versprochene Korrektur vom Drucker noch nicht bekommen habe (De Diophanto oportuit me purgationem accipere: quem ad id ipsum tempus absolutum iri sancte mihi recepit; R246, Nr. 433; Heid. Hs. 1464, S. 328). Am 08.12.1574 scheint der Druck abgeschlossen zu sein, die versprochenen Belegexemplare hat Xylander aber noch nicht erhalten (R246, Nr. 434; Heid. Hs. 1464, S. 333).
  183. R246, Nr. 435; Heid. Hs. 1464, S. 335.
  184. Die Vorbereitung der Reise erwähnt ein Brief vom 12.01.1575 (R246, Nr. 436; Heid. Hs. 1464, S. 337).
  185. R246, Nr. 438; Heid. Hs. 1464, S. 341.
  186. Die editio princeps (mit verbesserter lateinischer Übersetzung) von Claude Gaspard Bachet de Méziriac erschien erst 1621.
  187. Das Manuskript ist eine Abschrift der Venezianer Kopie für Dudith (Vat. Reginensis gr. 128) in Form einer Druckvorlage auf minderwertigem Papier mit breiten Rändern. Es enthält zahlreiche Korrekturen, Anmerkungen und Anweisungen für den Druck aus der Hand Xylanders sowie von ihm eingefügt Kapitelüberschriften. Zu berichtigen ist die (vermutete) Zuweisung in der "Bibliotheca Palatina digital" an einen Venezianer Schreiber. Xylander lag Dudiths Kopie vor, von der dann diese Abschrift erstellt wurde. Auch die Entstehungszeit ist einzugrenzen zwischen den Erhalt der Kopie Anfang April 1572 und deren Rücksendung am 27.03.1575.
  188. Diophantum te iam Simonio ad Xylandrum transferendum tradidisse non dubito. Id si nondum fecisti, oro te ut sine ulla mora facias. Da autem diligentem operam, ut non exeat is qui ex meo descriptus est, antequam Xylander meum cum interpretatione sua in lucem emittat. Infideliter egit qui descripsit, nec Camerarius amici officio functus est et haud scio an boni etiam viri, qui meo iniussu cuiquam describendi copiam fecerit. Tu cura, pro tuo in me amore proque tua prudentia, ne haec res mihi umquam fraudi sit (ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 274, S. 327-330, hier: S. 328, 27-34).
  189. Von Xylander erhält Dudith dafür überschwengliches Lob (Widmungsbrief, *4v).
  190. In einem späteren Brief an Stojus (OCEp 1225, dat. 04.05.1573) schreibt Camerarius, er wisse nicht, was mit dem Diophant geschehe oder geplant sei; er habe jedenfalls den Text zurückgegeben und gehört, dass er irgendwo abgeschrieben worden sei (De Diophanto quid fiat, futurumve sit nescio. Repetitum librum ego restitui, sed alibi audio esse descriptum).
  191. Vgl. auch einen weiteren Brief von Stojus an Camerarius (dat. 1573, Erlangen, UB, Sign. H62/TREWBR STOIUS_MATTHIAS/49), in dem er Camerarius auffordert, die Ausgabe von Diophants "Arithmetik" und Hommels "Gnomonica" zu forcieren.
  192. Taceo alios, quos habeo, Graecos, abs te vero et clarissimo viro domino Ioachimo Camerario exspecto Diophantum Graecum, quem si nactus fuero, extremam manum operi, quod nunc prae manibus habeo, imponam (ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 272, S. 322-324, hier: S. 323, Z. 32-35).
  193. Vgl. MBW – Regesten online, Nr. 5671.
  194. Vgl. Woitkowitz 2008, 79.
  195. Der Text des auf Deutsch verfassten kurfürstlichen Reskripts ist ediert in Erler 1897, 712; vgl. auch Woitkowitz 2008, 79f.
  196. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 226, S. 72-74.
  197. Ebd., S. 72, Z. 13f.
  198. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 228, S. 76f.
  199. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 232, S. 80-82.
  200. Ebd., S. 81, Z. 11-14.
  201. Ebd., S. 81, Z. 32f.
  202. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 235, S. 87-89.
  203. Ebd., S. 87, Z. 3-5.
  204. Ebd., S. 87, Z. 5f.
  205. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 238, S. 101-103.
  206. Ebd., S. 102, Z. 21-23.
  207. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 240, S. 111-113.
  208. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 244, S. 122-124. In diesem Brief empfiehlt er zuvorderst den Überbringer des Briefes, John Skene, dem patrocinium des Camerarius.
  209. Ebd., S. 123, Z. 34.
  210. Ebd., S. 123, Z. 35f.
  211. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 246, S. 126-128. Der Brief beginnt wiederum mit ausführlichen Empfehlungen Dritter.
  212. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 251, S. 153-156.
  213. Ed. Szczucki/Szepessy 1995, Nr. 274, S. 327-330.
  214. Ebd., S. 327, Z. 8f.
  215. Ebd., S. 327, Z. 21.
  216. Vgl. Szczucki/Szepessy 2019 passim.