Astrologie (CamLex)

Aus Joachim Camerarius (1500-1574)
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CamLex
Zitation Marion Gindhart, Art. "Astrologie (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Astrologie_(CamLex) (19.02.2024).
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Zitation Marion Gindhart, Art. "Astrologie (CamLex)", in: Opera Camerarii Online, http://wiki.camerarius.de/Astrologie_(CamLex) (19.02.2024).
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Melanchthon, Camerarius und die Astrologie als christliche Wissenschaft

Melanchthon und Camerarius betrachten eine auf causae Physicae et ordinationes Dei gegründete Astrologie als "rechtmäßige christliche Wissenschaft"[1] und stellen sie an die Seite anderer empirischer und logisch-methodologisch fundierter artes wie der Medizin und deren Prognosen. Sie weisen ihr einen hohen Nutzen und einen hohe Erkenntniswert für die Menschen zu, da sie eine Zukunftsbewältigung durch Vorausschau ermöglicht und auf die Vergegenwärtigung der göttlichen Ordnung der Natur, der göttlichen Allmacht und Providenz zielt. Beide Gelehrte äußern sich wiederholt programmatisch zur Astrologie. Sie machen sich um die Kenntnis der ptolemäischen "Tetrabiblos" (und anderer, jüngerer Astrologica) verdient, dichten selbst zu ephemeren Ereignissen wie Eklipsen und leiten Studierende zu Observation, Auslegung und eigener literarischen Auseinandersetzung an. Sie sammeln und distribuieren Horoskope in ihren Netzwerken, stellen sie selbst und/oder legen sie aus; Camerarius verfasst regelmäßig auch Jahresprognostiken für den privaten Gebrauch. Zur Kometologie leistet er mit seinen beiden wiederholt gedruckten Prosaschriften einen beachtlichen Beitrag und steht – nicht nur bezüglich der Kometenobservationen – mit astrologisch versierten Mathematikern in Kontakt.
Prägend für Melanchthons Interesse an den → Mathematischen Wissenschaften und insb. auch an der Astrologie war sein Studium bei Johannes Stöffler in Tübingen.[2] Noch weitaus häufiger als bei Camerarius finden sich bei ihm werbende und apologetische Äußerungen zu einer wissenschaftlichen und theologisch fundierten Astrologie, etwa in Reden, in Paratexten (Begleitgedichten, Widmungsbriefen, Vorreden), in Kleindichtungen ebenso wie in umfassenden Lehrwerken, etwa den "Initia doctrinae physicae" (↓ Programmatisches zur Astrologie). In den Briefen (insb. an Camerarius), in anderen Ego-Dokumenten und Zeugnissen Dritter zeichnet sich Melanchthons (durchaus emotionalisierte) Überzeugung von der maßgeblichen Wirkung siderischer Einflüsse ab (↓ Melanchthon und die praktische Astrologie (Horoskope)).
Camerarius scheint früh über das eigene familiäre Umfeld mit der Astrologie in Kontakt gekommen zu sein. Jedenfalls schreibt er in seiner Widmung der lat. Übersetzung der "Astrologica" (1532) an Andreas Perlach über seine angeborene (!) Neigung zur Astrologie und die astrologische Sozialisierung durch seine Familie, bei der auch eine weibliche Person eine Rolle spielte: Semper enim hanc scientiam feci maximi, et ingenita animi promptitudine complexus sum, domesticis quoque exemplis ad huius culturam invitatus. E quibus ne viris solum quis concessum putet doctos esse, etiam foeminam ἀστρόλογον possim proferre (2). Bei dieser Frau dürfte es sich um Camerarius' Mutter Martha handeln, wie Joachim Heller in der Widmung von Johannes Hispalensis' "Isagoge in astrologiam" (1548) an Camerarius erwähnt (und diesen zugleich wegen seiner exzellenten Astrologiekenntnisse lobt): Movit autem me & iudicii tui gravitas, & peritia huius artis (quam a matre accepisse diceris, & monumenta tua de hac scripta doctissime testantur) in te singularis, ut autorem hunc (scil. Johannem Hispalensem) & coniunctioni nostrae, & memoriae eius familiae dicarem, in qua semper disciplinam hanc cultam esse comperiebam (D4r).[3] Martha verfasste auch Horoskope für ihre Kinder (s. ↓ Horoskope und Horoskopauslegungen). Programmatisches zur Astrologie findet sich bei Camerarius gebündelt in seinen Widmungen zu den griechisch-lateinischen Ausgaben astrologischer Texte ("Astrologica" (1532), "Tetrabiblos" (1535)) oder in den Ausführungen zur Disziplin in dem postum veröffentlichten "Commentarius de generibus divinationum" (1576). Die Äußerungen in den gedruckten Briefen ergeben den Eindruck eines distanzierteren Umgangs mit vorausdeutenden Ereignissen als bei Melanchthon; dies könnte aber auch der redaktionellen Auswahl und/oder Überarbeitungen geschuldet sein.

(Marion Gindhart)

Programmatisches zur Astrologie

Melanchthon wie Camerarius sehen die Auslegung der von Gott geschaffenen Gestirne und ihrer Einflüsse auf die elementare Welt als gottgewollt und damit auch gottgefällig an.[4] Die Betrachtung der Natur ermöglicht es qua göttlicher Fürsorge, sich vorausschauend auf zukünftige Ereignisse einzustellen und sich gegen Unglücke zu wappnen; zugleich kann Gott durch Reue, Buße und Besserung um Abwendung derselben gebeten werden (dies gilt insbesondere bei ostenta wie Eklipsen oder Kometen, die als prominente signa mutationum angesehen wurden).[5] So wiederum ermöglicht die Naturerkenntnis Gotteserkenntnis: sie vergegenwärtigt Gottes Wirken als ordnende und providentielle Schöpfungsinstanz, seine Sorge um die Welt und sein Vorhaben mit der Welt, seine Allmacht und Barmherzigkeit, mit der er sich wiederum über die aus den Gestirnen abzulesenden Ereignisse hinwegsetzen kann.[6] Beide sprechen sich damit gegen die strikte Naturgesetzlichkeit der Stoiker wie auch das Zufallsparadigma der Epikureer aus.[7]
In seiner "Oratio de dignitate astrologiae", die von Jakob Milich 1535 zur Magisterpromotion an der Universität Wittenberg vorgetragen wurde, deklariert Melanchthon die Astrologie dezidiert als Teil der Physik (Astrologia pars est Physices), da sie die Einflüsse des lumen astrorum auf die sublunare Welt lehrt.[8] In dem mit Paul Eber verfassten naturphilosophischen Lehrwerk "Initia doctrinae physicae" (1549) werden Astronomie und Astrologie als doctrina de motibus et effectibus caelestibus zusammengenommen und in einen theologisch-metaphysischen Bezugsrahmen gesetzt.[9] Als prognostizierender Teil dieser doctrina und somit als "Wissenschaft von der Relation zwischen Makro- und Mikrokosmos"[10] wird hier die Astrologie zum Bindeglied zwischen Astronomie und Physik. Als ars muss/kann sie ebenso erlernt werden wie die Astronomie.[11]
Unabdingbar ist hierbei die Referenz auf Gott: Mit ihm als causa prima efficiens ist die Natur nicht rein aus sich erklärbar; jeder Vorgang und jede Ursache (so etwa auch die manifeste Einwirkung der Gestirne auf die Materie durch ihr Licht, ihre Bewegungen und Konstellationen) ist Hinweis auf das providentielle Wirken Gottes und dessen Schöpfergeist; dadurch, dass ein Konnex allen Geschehens über Gott als oberste Ursache existiert, lässt sich auch die Horoskopie legitimieren.[12]
Die von Melanchthon und Camerarius propagierte, theologisch fundierte Astrologie bezieht sich mithin auf die "Feststellung der Ursachen und Wirkungen, die in Gottes Bestimmungen für die Welt enthalten sind".[13] Sie beruht wie die Medizin auf Theorie und Erfahrung, doch sind aufgrund der epistemischen Beschränktheit der Menschen seit dem Sündenfall nur mehr mutmaßliche Prognosen möglich.[14] Die Astrologie ist hierbei ein gottgegebenes Instrument, um die fehlende direkte Erkenntnisfähigkeit mit Hilfe eines lesbaren Zeichensystems zu substituieren.[15] Abzugrenzen von der Astrologie sind die superstitiosae divinationes, also alle Arten von Vorhersagen, quae non habent causas Physicas, et ordinationes Dei.[16]
Interessant ist ein bei Kraft Müller in Straßburg erschienener kleiner Werkverbund (1537), in dem sich zusammen mit Camerarius' lat. Arat-Bearbeitung ("Phaenomena", Erstdruck 1535) drei Vorreden Melanchthons zu astronomischen und astrologischen Werken Dritter finden ("Mathematicarum disciplinarum encomia"), die auch programmatische Aussagen über die Astrologie enthalten.[17]

Camerarius reflektiert immer wieder über den status quo der Astrologie und über allgemeine Kritik, die gegen sie vorgebracht wird: Wie alle Wissenschaften sei die Astrologie aufgrund der geschichtlichen Entwicklung (i.e. die Abkehr von der klassisch-antiken, griechischen Tradition und der gottgelenkten Bildung) depraviert und müsse (als quasi gottgefälliger Akt) auf die 'reine Lehre' zurückgeführt werden.[18] Sie sei mit viel 'Aberglauben' und immer wieder neuen Zusätzen durchsetzt und mit einer curiosa vanitas verwoben worden, was in der römischen Kaiserzeit bereits zu mehrfachen Verboten geführt hatte.[19] Zudem sei sie aufgrund langer Vernachlässigung und mangelnder Sorgfalt in der Praxis in Verruf gekommen,[20] die Vorhersagen in vielen Schriften seien unbegründet und widerlegt.[21] Problem sei – und dies äußert Camerarius bezeichnenderweise in der Widmung seiner "Tetrabiblos-Edition" an Albrecht von Preußen (A4r) – dass die Himmelskunde anders als die anderen artes aufgrund der aufwendigen Observationen große finanzielle Unterstützung benötige und dass es das Verdienst der 'Herculesarbeit' einzelner sei, dass sie nicht ganz darniederliege. Wichtig sei nun, die Astrologie zu rehabilitieren und sie als ars mit konzertierten Kräften zu erneuern. Camerarius sieht sich mit seinen Editionen ebenso als Teil dieser Erneuerungsbewegung wie etwa auch Jakob Milich oder Andreas Perlach, denen er die "Astrologica" (1532) widmet.[22]

In der Widmung seiner zweisprachigen "Tetrabiblos"-Ausgabe an Erasmus Ebner (dat. März 1553)[23] stellt Melanchthon erneut heraus, welche Relevanz und welchen Nutzen die gottgewollte Kenntnis der von ihm geschaffenen Gestirne und ihrer Wirkungen für die Menschen besitzt. Ptolemaios wird hierbei zum Exempel göttlicher Providenz – mit einem deutlichen Seitenhieb gegen die Araber: Er sei von Gott erwählt worden, die griechische Astrologie in seiner "Tetrabiblos" zu archivieren. In dieser kompakten Form habe die ars die Zerstörung Alexandrias und der dort verwahrten Bücher durch die Sarracenica barbaries überstehen können. Auch Camerarius deklariert Ptolemaios in den Widmungsbriefen der "Astrologica" (1532) als unumstößliche Autorität, als ὁ ἀστρονομικώτατος[24] und princeps omnium, qui istam artem tractarunt.[25] Die herausragende Güte von Ptolemaios' astrologischem Werk (admirabile ac eximium hoc Ptolemaei scriptum) zeige sich in der Hochschätzung aller nachfolgenden professores Astrologiae […] quibus illud mirificis laudibus vehunt, neque ut humanum sed divinum plane opus suspiciunt et venerantur.[26] Diese astrologische Lehre in einer textlich gesicherten Edition und in zuverlässigen lateinischen Übertragungen zu vermitteln und damit zu einer instauratio der Astrologie beizutragen, ist ein gemeinsames Projekt von Camerarius und Melanchthon (↓ Vorlesungen zur Astrologie). Freilich bietet die für die astrologische Praxis nur schwer nutzbare "Tetrabiblos" lediglich einen selektiven und nicht repräsentativen Eindruck von der antiken griechischen Astrologie und ist weit vom Melanchthonschen Entwurf eines umfassenden Wissensspeichers entfernt. Die Polemik von Camerarius und einer Reihe anderer, den Primat griechischer Wissenschaft proklamierender Humanisten, die Araber hätten die griechische Astrologie später durch (bei Ptolemaios nicht behandelte) Erweiterungen 'verunreinigt' bzw. 'gestört',[27] ist zudem, wie Dag Nikolaus Hasse zeigt,[28] so nicht richtig, da viele der kritisierten und abgelehnten, vermeintlich arabischen nugae und superstitiones auf griechische Konzepte zurückverweisen.

(Marion Gindhart)

Astrologie an der Universität Wittenberg

Vorlesungen zur Astrologie waren zur Zeit Melanchthons fest im Wittenberger Curriculum der Artesfakultät verankert. Gelesen wurde zu Ptolemaios' "Tetrabiblos" und speziell auch zur Horoskopie (↓ Vorlesungen zur Astrologie). Den hohen Stellenwert der Astrologie illustrieren Bekanntmachungen astronomisch-astrologischen Inhaltes, die – bevorzugt in Gedichtform und geprägt durch Melanchthon – am Schwarzen Brett ausgehängt wurden (↓ Ephemere Dichtungen zu astronomisch-astrologischen Themen). Melanchthon war dabei – wie Camerarius auch – als praktischer Astrologe tätig, stellte selbst Horoskope und verfertigte Horoskopdeutungen. Auch ließ er für Studenten zur besseren Einschätzung Horoskope erstellen, sammelte und verteilte Horoskope von Potentaten in seinen Netzwerken und: nahm sein eigenes Horoskop sehr ernst (↓ Melanchthon und die praktische Astrologie (Horoskope)).

Vorlesungen zur Astrologie und die "Tetrabiblos"-Projekte von Camerarius und Melanchthon

Melanchthon selbst las über die ersten beiden Bücher der "Tetrabiblos" in den Jahre 1535-1537[29] und zwar auf Grundlage von Camerarius' Ausgabe (1535), die er bei diesem mehrfach eingefordert hatte: In einem Brief vom 20.07.1533[30] appellierte Melanchthon nachdrücklich an Camerarius, die "Tetrabiblos" schnellstmöglich herauszubringen (maturato editionem Ptolemaei) und sich nicht von der ein oder anderen dunklen Stelle abhalten zu lassen (nec deterreare unius atque alterius loci nondum explicati obscuritate). Ein gutes Jahr später[31] drängt er erneut mit Verweis darauf, dass in Basel die Edition des "Almagest" gedruckt werde (die freilich erst 1538 erscheinen wird), und fordert zudem eine Mitveröffentlichung von Camerarius' Übersetzung oder seinen Erläuterungen (↓ Editionen und Übersetzungen): Basileae excudunt τὴν μεγάλην σύνταξιν Ptolemaei graece, huic valde optarim addi Quadripertitum, et quidem cum tua seu versione seu commentario. Quare te etiam atque etiam oro, hac in re ut publicam studiorum utilitatem adiuves. Hi libri et excitabunt iuventutem ad discendum, et praestantissimas artes conservabunt. Am 04.10.1535 kann sich Melanchthon dann bei Camerarius für die Ausgabe bedanken und setzt seine Ankündigung, sie als Lektüre behandeln zu wollen, um.[32]

Auch 1543-1545 liest er zu dem Werk, wohl auch über die genethlialogischen Bücher 3 und 4, zu denen Camerarius lediglich kurze Übersetzungsproben gegeben hatte.[33] In einem Brief vom 01.04.1546[34] schreibt Joachim Heller, dass er und Johannes Schöner von Melanchthon eine Gesamtübersetzung der "Tetrabiblos" erwarten. Melanchthon hatte daran im Zuge seiner zweiten Vorlesungsreihe bereits gearbeitet[35] und die Übersetzung wohl auch schon (zumindest als Rohfassung) fertiggestellt, wie ausführliche Exzerpte von der Hand Erasmus Reinholds mit Annotaten zeigen, die auf 1544/45 datieren.[36] Diese publiziert er jedoch erst 1553 in einer zweisprachigen Ausgabe (Teil 1: lateinische Übersetzung der "Tetrabiblos" von Melanchthon und des "Karpos" von Pontano, Teil 2: griechische Edition der beiden Texte von Camerarius nach der Erstausgabe von 1535, laut vorgeschaltetem Titel in verbesserter Form: Innumeris quibus hucusque scatebant mendis, purgati, α1r). Camerarius' Übersetzung der ersten beiden "Tetrabiblos"-Bücher, die Melanchthon als Vorlage nutzt, wird mit der neuen Ausgabe also 'überschrieben' – ein doch bemerkenswertes Procedere.[37] Melanchthon lobt diese in seiner Widmung an den Nürnberger Ratsherrn Erasmus Ebner vom März 1553:[38] Camerarius habe die ersten beiden Bücher luculenter (a4v) übersetzt, und er hätte sich von ihm auch eine Übertragung der restlichen (beiden) gewünscht. Er selbst habe nun eine beigefügt (Nunc qualemcunque versionem addidimus, ebd.). Melanchthon scheint also ein Supplement zu insinuieren, übersetzt aber alle Bücher neu.[39] In Folge las Caspar Peucer über die "Tetrabiblos",[40] nach dessen Wechsel zur Medizin Sebastianus Theodoricus.[41]

Erasmus Reinhold schrieb 1540 in seiner in den Wittenberger "Scripta publice proposita" gedruckten Vorlesungsankündigung zu Georg von Peuerbachs "Theoricae novae planetarum",[42] dass er nach der Erläuterung der Schrift Anleitungen zur Erstellung von Geburtshoroskopen geben werde: Absolutis Theoricis, Deo dante, adiiciam praecepta, de figuris geneseon constituendis, ut syderum positus in qualibet genesi recte computare studiosi possint.[43] In der Ankündigung betont er zudem den Nutzen der Astrologie durch die Erkenntnis der vielfältigen, empirisch belegbaren siderischen Einflüsse, die sich am Himmel offenbaren, die Vorstellung einer zufälligen Weltentstehung widerlegen und die Einsicht in die göttliche Schöpfungs- und Allmacht mit ihren Implikationen ermöglichen. Die "Theoricae", mit denen er seine Vorlesung begann, waren 1535 bei Josef Klug in Wittenberg in einer von Jakob Milich besorgten Neuauflage mit einem vorgeschalteten Widmungsbrief Melanchthons an Simon Grynäus gedruckt worden.[44] In der auf eine hs. Horoskopsammlung Erasmus Reinholds zurückgehenden Handschrift der UB Leipzig[45] sind auch Horoskope von Melanchthon, Camerarius und einiger ihrer Familienmitglieder enthalten (namentlich der vier Kinder Melanchthons; für die neun Kinder von Camerarius werden die Geburtsdaten genannt, doch ist lediglich die Nativität für Joachim d.J. ausgearbeitet).

Im WS 1548/49 liest Caspar Peucer über libri de effectionibus syderum Johannes Schöners,[46] also wohl über dessen als Einführung pro studiosorum utilitate konzipierte "Opusculum astrologicum" (1539) und/oder das drei Bücher umfassende Horoskopie-Lehrwerk "De iudiciis nativitatum" (1545).[47] Zu letzterem hatte wiederum Melanchthon das Vorwort verfasst.[48] Womöglich ebenfalls auf Basis von Schöners Schrift "De iudiciis nativitatum", die 1551 und 1561 noch einmal postum in den "Opera mathematica" herausgegeben worden war, liest Bartholomäus Schönborn 1563.[49] Am 12.01.1563 berichtet Sebastianus Theodoricus, dass er soeben die praelectio über die "Tabulae directionum" Regiomontans beendet und sie mit dem Geburtshoroskop des verstorbenen Kurfürsten Moritz von Sachsen gekrönt habe.[50]

(Marion Gindhart)

Ephemere Dichtungen zu astronomisch-astrologischen Themen

Charakteristisch für die Universität Wittenberg und sicherlich auf Melanchthon zurückzuführen sind Bekanntmachungen astronomisch-astrologischen Inhaltes, bevorzugt in Gedichtform.[51] So lassen sich etwa eine ganze Reihe versifizierter Ankündigungen von Eklipsen nachweisen, die als Einblattdrucke am 'Schwarzen Brett' ausgehängt und auch als Briefbeilagen versendet wurden.[52] Melanchthon selbst verfasste mehrere Eklipsendichtungen, die in Julius Caesar Scaligers "Poetices libri septem" explizit gewürdigt werden.[53] Barbara Bauer hat diese mit anderen astronomisch-astrologischen Kleindichtungen aus CR X (zur Nebensonnenerscheinung im März 1551; zum Komet C/1556 D1) zusammengestellt, analysiert und übersetzt.[54] Zu ergänzen wäre hier etwa noch die in den "Scripta publice proposita" abgedruckte kurze Dichtung zur hybriden Sonnenfinsternis vom 24.01.1544, in der Melanchthon den Ausfall seines Unterrichts ankündigt und die Hörer zu Buße und Gebet aufruft, um Gott um Gnade zu bitten und dadurch das durch die Finsternis angezeigte Unheil abzuwenden.[55]

Neben ihm verfassten zahlreiche Wittenberger Kollegen und ehemalige Schüler wie Caspar Cruciger d.J.[56] oder Johann Stigel, der "die meisten und längsten Finsterniselegien"[57] im Wittenberger Kreis produzierte, entsprechende Dichtungen.[58] Auch wurden Studenten von Melanchthon zur Abfassung verschiedener versifizierter Ankündigungen ermutigt (mit Anleitungen). Darunter finden sich auch Eklipsendichtungen wie die von Pál Rubigál zur Mondfinsternis am 27.11.1536[59] oder von Zacharias Praetorius zur Mondfinsternis am 05.05.1555, die Melanchthon auch an Camerarius schickte.[60] Die Mondfinsternis am 02.04.1558 wurde mit drei Gedichten, die in den "Scripta publice proposita" aufeinander folgen, bedacht. Sie stammen von Petrus Codicillus, Johann Richard und dem eben erwähnten Praetorius.[61] Diese dichterische Produktion, hinter der Melanchthon als treibende und steuernde, motiv- und stilbildende Kraft gesehen werden kann, fasst Christiane Domtera-Schleichardt mit dem Begriff der ‚Melanchthon-Werkstatt‘.[62]

Dem Wittenberger Modell folgte hierbei auch die Universität Rostock. Dort wurden ähnliche Gedichte verfasst, auf Einblattdrucken publiziert und in die "Scripta Rostochensia" (dem Pendant zu den Wittenberger "Scripta publice proposita") aufgenommen.[63] In ebendiesem Kontext zu sehen ist der kleine, an der Universität Tübingen entstandene Gedichtverbund, den Camerarius anlässlich der Sonnenfinsternis am 18.04.1539 drucken ließ (↓ Astronomisch-astrologische Dichtungen). Eingeleitet wird die kleine Sammlung durch eine lateinische Dichtung von Heinrich Wolf (dem jüngeren Bruder von Hieronymus Wolf), dem Camerarius als Student großes Talent bescheinigt.[64] Wolf habe diese auf Anregung von Camerarius verfasst, um damit (sicherlich auch per Aushang) die Kommilitonen einzuladen, das Ereignis zu oberservieren, zu verzeichnen und zu deuten.[65] Camerarius selbst verfasste zwei Gedichte dazu (auf Latein und Griechisch), die auf das Gedicht Wolfs folgen.

Diese drei Dichtungen begleiten gemeinsam mit weiteren Eklipsendichtungen des Melanchthonkreises aus den 30er Jahren Luca Gauricos Neuausgabe von Lorenzo Bonincontris Lehrdichtungen "De rebus naturalibus et divinis" (1540).[66] Enthalten ist in dieser Zusammenstellung auch ein Briefgedicht von Camerarius an Johann Oporinus, in dem er prospektiv über die Phänomenologie und die astrologisch relevanten Daten der Sonnenfinsternis am 07.04.1540 berichtet, daraus ihre Folgen und deren Eintritt benennt, abschließend jedoch auf die Rettung durch die Gnade Gottes verweist (↓ Astronomisch-astrologische Dichtungen).

(Marion Gindhart)

Melanchthon und die praktische Astrologie (Horoskope)

Melanchthon stellte selbst Horoskope, etwa für Bekannte und deren Kinder, z.B. für Veit Dietrichs im Januar 1537 geborene Tochter Margaretha.[67] Interessant ist, dass er dies auch für Studenten tat: So erfragt er im Falle des allzu ungestümen Isaak Horning über Johann Hess die Geburtsdaten, um mit einem Horoskop zu prüfen, ob man dem Vater einen Abbruch des Studiums empfehlen solle.[68] Für Bleikard Sindringer d.J. lässt er von Paul Eber ein Horoskop ob dessen Begabung stellen;[69] von Johannes Crato für Eleazar Schlaher, um den er sich zu kümmern verspricht,[70] der sich aber (wie vom Vater Quirinus Schlaher vorausgesehen) nicht so gut entwickelt, sodass letztendlich eine frühzeitige Lehre zum Kaufmann empfohlen wird.[71]

Melanchthon tauscht sich u.a. mit Johannes Schöner bezüglich Luthers Horoskop aus[72] und klagt gegenüber Camerarius über den unliebsamen Schwiegersohn Georg Sabinus, dessen Horoskop ihn vor diesem hätte warnen sollen.[73] Auch erhält er immer wieder Horoskope zur Auslegung: Über die Vermittlung von Hieronymus Baumgartner sollte Melanchthon das Horoskop eines (recht ungeduldigen) Augsburger Bürgers deuten. Er wird wegen Verzögerung gemahnt,[74] schickt das Horoskop mit einer grundständigen Auslegung (aufgrund der fehlenden descriptiones annorum) zwei Monate später nach Nürnberg zu Baumgartner,[75] erhält das Horoskop auf Geheiß des Augsburgers aber wieder zurück, da die Stellungnahme fehle.[76] Gegenüber Baumgartner nimmt Melanchthon wiederholt Stellung zum – ungünstigen – Horoskop von dessen Sohn Hieronymus d.J.[77] und schickt ein Horoskop für die im August 1548 geborene Tochter.[78] Johann von Anhalt sendet er von Jakob Milich erstellte Horoskope, deutet sie – darunter wohl auch das Iudicium für Joachim von Anhalt[79] – und äußert sich über Johanns Horoskop.[80]

Melanchthon selbst bittet ebenfalls um die Horoskope verschiedener Potentaten,[81] auch bei Camerarius. So erfragt er etwa in einem Brief vom 12.10.1537 das Horoskop von Franz I. von Frankreich sowie Camerarius' Jahresprognostik für 1538.[82] Er gibt auch Horoskope weiter,[83] eine ganze Reihe davon an Camerarius.[84] Interessant ist ein Beispiel aus dem Dreieck Melanchthon – Crato – Camerarius: So bietet Melanchthon in einem Brief vom 10.07.1553 Johannes Crato an, ihm das Horoskop Albrechts von Brandenburg-Kulmbach zu schicken, falls er dieses noch nicht besitze.[85] Dies tut er am 20.08.1553 mit dem Hinweis darauf, dass es laut Camerarius stimme (Mitto pagellam, in qua est picta genesis, et Joachimus ait hoc tempus recte descriptum esse), gibt selbst eine kurze Einschätzung (Non existimo significari diuturnam ἐυτυχίαν et nunc bonam partem patriae amisit, quamquam alibi vires colligit) und bittet Crato um seine Meinung.[86] Am 24.09.1553 bedankt er sich bei Crato für dessen iudicium und schreibt, dass er es an Camerarius weiterleiten werde; zudem solle er sich das Horoskop Augusts von Sachsen ansehen,[87] für dessen Einschätzung er sich am 28.10.1553 bedankt; er selbst schreibt dazu: Genesis est σφαλερά, sed fata movere Deus, tollere fata potest.[88] Melanchthon scheint also eine 'Drehscheibe' für die Distribuierung von Horoskopen gewesen zu sein, die er regelmäßig zur Einschätzung von Standespersonen und der Entwicklung kriegerischer oder (religions-)politischer Entwicklungen beizieht.

Melanchthon hat sein eigenes Horoskop sehr ernst genommen. So unternahm er – nach eigener Auskunft – nie Reisen über das Meer, da sein (vom Vater bei Johann Virdung in Auftrag gegebenes) Geburtshoroskop vor gefährlichen Reisen nach Norden und Schiffbruch im baltischen Meer gewarnt hatte, weswegen er auch Berufungen nach England und Dänemark ausschlug.[89] Vor seinen Reisen soll Melanchthon electiones vorgenommen haben; auch soll er den astrologiekritischen Luther 1537 in Schmalkalden bei Neumond von der Abreise abgehalten und sich ein anderes Mal – ebenfalls bei Neumond – geweigert haben, die Elbe zu überqueren: Dominus Philippus, inquit Doctor, der hieltt mich zu Schmalkalden ein tag auff mit seiner heilosen vnd schebichten astrologia, quia erat novilunium. Sic etiam wolt er ein mahl nicht vber die Elb fahren in novilunio. Et tamen nos sumus domini stellarum.[90] Luther hatte schon an anderer Stelle bedauert, dass sich Melanchthon so leicht von den Sternen ängstigen ließ: Doleo Philippum Melanthonem astrologia adeo haerere, quia maxime luditur; nam facile afficitur signis coelestibus et suis cogitationibus luditur.[91] Auch das Horoskop seiner am 19.07.1531 geborenen Tochter Magdalena bereitet ihm Sorgen wegen der Konstellationen von Saturn, Venus und Mars. Diese äußert er am Ende eines Briefes vom 26.07.1531 an Camerarius,[92] in dem er zuvor auch kurz auf das Horoskop von dessen neugeborenem Sohn Johannes (* 29.06.1531) Bezug genommen hat: Videtur inter has constitutiones altera esse filii genesis in qua Mars est in horoscopo quem tamen subsequens Saturnus reddit contatiorem. Sed de his aliquando coram. Auch schreibt Melanchthon in diesem Brief, er sei von Arbeit und Sorgen aufgerieben und wünsche sich den von Johannes Schöner vorausgesagten Tod oft mehr als das Leben.[93]

(Marion Gindhart)

Von Camerarius verantwortete Druckwerke zur Astrologie

Editionen und Übersetzungen

  • 1532: "Astrologica"
1532 erscheint die zweisprachige (gr./lat.) Sammlung "Astrologica" bei Johann Petreius in Nürnberg.[94] Sie wird von einem launigen Elogium des Helius Eobanus Hessus auf dem Titelblatt eingeleitet, das Camerarius' astronomisch-astrologische Kenntnisse feiert, denen auch die erstmalige Herausgabe der (folgenden) Schriften zu verdanken sei.[95] Beigegeben sind zudem drei Übersichtstabellen, die Camerarius auf Basis der ptolemäischen "Tetrabiblos" erstellt hat (1: Verhältnis der Luminare und der restlichen Planeten zu den Tierkreiszeichen; 2: Stärken und Schwächen der Planeten; 3: Eigenschaften der Tierkreiszeichen, mit Erläuterungen) und die auch in seiner "Tetrabiblos"-Ausgabe (1535) abgedruckt werden.[96] Thematisch konzentrieren sich die Texte (respektive Exzerpte) auf Planeten- und Zodiakalastrologie und Iatromathematik.[97] Sie sind (bis auf eine Ausnahme: Vettius Valens 1,1) griechischer Provenienz und werden von Camerarius ins Lateinische übertragen (entgegen dem Inhaltsverzeichnis ist jedoch keine Übersetzung der hermetischen "Iatromathematica" enthalten). Der erste Teil mit den originalen griechischen Texten ist auf Anregung Melanchthons[98] dem Wittenberger Mediziner und Mathematiker Jakob Milich (auf griechisch) zugeeignet, der zweite Teil mit den lateinischen Übersetzungen dem Astrologen Andreas Perlach.[99] Beide Widmungen wurden von Manuel Huth analysiert, ediert und übersetzt und im vorliegenden Artikel hinsichtlich einiger programmatischer Aussagen ausgewertet.[100]
Die griechischen Textstücke stammen aus einer Sammelhandschrift, die sich im Nachlass Johannes Regiomontans befand,[101] und sind Abschriften von dessen Hand.[102] In der spezifischen von Camerarius veröffentlichten Form (programmatische Widmungen, tabellarisch aufbereitete Übersichten aus Ptolemaios' "Tetrabiblos", Edition von bisher ungedruckten griechischen astrologischen Texten mit lateinischer Übersetzung) unterstreicht der Druck sein Anliegen, die Astrologie in Rückgriff auf die als normativ bewertete griechische Wissenschaft als humanistische ars neu zu etablieren und zugleich das Griechische zu befördern. Die Vermittlung von Sprache und Fachwissen geht so – ganz nach dem Vorbild Melanchthons – in Eins.
(Marion Gindhart)
  • 1535: Ptolemaios, "Tetrabiblos" (griech., lat.), Ps.-Ptolemaios, "Karpos" (griech., lat.), jüngere astrologische Schriften (lat.)
Wie erwähnt, hatte Melanchthon Camerarius Anfang der 1530er Jahre mehrfach aufgefordert, eine gedruckte Edition von Ptolemaios' "Tetrabiblos" zu besorgen und dieser auch eine Übersetzung oder Kommentierung beizugeben (↑ Vorlesungen zur Astrologie). 1535 kann Camerarius den Wunsch Melanchthons zumindest in Teilen erfüllen: Er lässt bei Johann Petreius in Nürnberg die editio princeps des griechischen Textes (Teil A) drucken und gibt (Teil B) eine lateinische Übersetzung der ersten beiden Bücher mit Proben zu den Büchern 3 und 4 sowie kurze "Annotatiunculae" (Corrigenda zur Edition und Erläuterungen zur Übersetzung[103].
(Teil A) enthält zudem den ps.-ptolemäischen "Karpos"; als Paratexte vorgeschaltet sind ein griechisches Elogium des Camerarius auf Ptolemaios, eine lateinische Dedikation an Albrecht von Preußen sowie die bereits in den "Astrologica" abgedruckten Tabellen (Eigenschaften von Planeten und Tierkreiszeichen). (Teil B) beginnt mit einem lateinischen Elogium auf Ptolemaios, in dem auch die Übersetzungsleistung des Camerarius gewürdigt wird, und einer Dedikation an Johann Wilhelm von Laubenberg. Beigegeben sind zudem die lateinische "Karpos"-Übersetzung von Giovanni Gioviano Pontano sowie zwei jüngere astrologische Texte von Matthaeus Guarimbertus und von Ludovicus de Rigiis[104]. Abgeschlossen wird der Druck durch eine Beigabe des Petreius, die lateinische Übersetzung der "Tetrabiblos"-Bücher 3 und 4 durch Plato Tiburtinus.
Vorlage für Camerarius' "Tetrabiblos"-Edition ist eine Handschrift aus dem Regiomontan-Nachlass, die sich heute (mit Blattverlust) in der Nürnberger Stadtbibliothek befindet.[105] Sie enthält Randkorrekturen und -einträge von der Hand Regiomontans sowie Markierungen zur Druckeinrichtung. Camerarius hatte den Codex als Druckvorlage an die Offizin Petreius weitergereicht,[106] konnte aber die Texterstellung nicht in der ursprünglich geplanten Intensität kontrollieren. Mit Verweis darauf[107] gibt er den "Annotatiunculae" eine Reihe von Corrigenda bei.[108] In verbesserter Form findet sich der griechische Text dann in Melanchthons zweisprachiger Ausgabe von 1553.
Ursprünglich sollte, so Camerarius in seiner Widmung des lateinischen Teils an Johann Wilhelm von Laubenberg, nur der griechische Text der "Tetrabiblos" publiziert werden. Als aber während der Drucklegung immer mehr Stimmen (neben der Melanchthons?) laut wurden, er solle seine lateinische Übersetzung (an der er bereits gearbeitet hatte) oder Anmerkungen beigeben, habe er sich davon überzeugen lassen, auch wenn er nicht alle vier Bücher übersetzen konnte und sich eigentlich scheute, einen "Rumpf" herauszugeben. Zudem sei es ihm klar gewesen, dass alles, was er bis zur Fertigstellung der Edition liefern konnte, nicht ausgefeilt sein werde. Er hoffe aber dennoch, dass die vorliegende Teilübersetzung nützlich für die studiosi sei. Sicherlich ohne Absprache mit Camerarius hat Petreius, um eben einen solchen "Rumpf" zu vermeiden, dem Druck als eine Art Appendix die lateinischen Übersetzungen der letzten beiden Bücher beigegeben, die Plato Tiburtinus aus dem Arabischen angefertig hatte. Diese befinden sich mit eigener Lagenzählung am Ende des Druckes (aa1r-ff4r). In einer kurzen Notiz "Ad Lectorem" (aa1r) deklariert Petreius diese Übersetzung einerseits als Hilfsmittel für diejenigen, die im Griechischen noch Unterstützung benötigten (quum propter eos, qui in Graecis nondum sine cortice nare didicerunt, ne de opere imperfecto conqueri possint, ebd.) – wobei Camerarius in der Dedikation an von Laubenberg betont hatte, dass die arabische Überlieferung griechischer Astrologica (und so auch der "Tetrabiblos") sprachlich wie inhaltlich problematisch sei – und lädt andererseits zu einem kritischen Vergleich mit den von Camerarius übersetzten Stellen ein (tum vero etiam propter eos, quibus videre lubet, quid intersit inter doctum interpretem, autorem e sua lingua vertentem,& inter barbarum, e barbara lingua, hoc est, Arabica, transferentem, ebd.).[109]
Camerarius spielt in der Dedikation an von Laubenberg seine Astrologiekenntnisse herunter (Mihi enim non admodum illarum artium perito, a2v) und sagt, er habe kaum Hoffnung zu verstehen, was Ptolemaios zur Genethlialogie schreibe, da sich dessen Ausführungen von den heutigen vulgaria praecepta unterscheiden, die nur aus den arabischen Schriften schöpften.[110] Leider habe er nicht so viel Zeit und Mühe investieren können, wie die Übersetzung dieses non vulgaris neque triti scripti (a3r) erforderte, hoffe aber, dass er den Sinn getroffen habe (Hoc tamen spero me consecutum, ut Ptolemaei sententiam expresserim, ebd.). Sein Vorhaben, mehr Stellen aus den Büchern 3 und 4 in Übersetzung beizugeben, scheiterte an anderweitigen, großen Belastungen (ebd.; diese hatten ihn auch von einer begleitenden Korrektur des griechischen Textes abgehalten);[111] immerhin konnte er aber inter maximas difficultates (ebd.) wenig, aber wichtigen Text beisteuern. Konkret handelt es sich dabei um die Übertragung von Ptol. Tetr. 3,2-3 und 4,3 und 10.
Die Bücher 3 und 4 werden in Folge von Antonius Gogava und Melanchthon übersetzt. Während Melanchthon auch die Bücher 1 und 2 noch einmal neu überträgt (↑ Vorlesungen zur Astrologie), übernahm Gogava für die 1548 in Leuven publizierte lateinische Gesamtübersetzung der "Tetrabiblos" Camerarius' Übertragungen unverändert.[112] Auf dem Titelblatt der Ausgabe wird Camerarius nicht genannt ([…] in Latinum sermonem traductio: Adiectis libris posterioribus, Antonio Gogava Graviens(i) interprete), Gemma Frisius verweist jedoch in seinem kurzen Vorwort an den Leser auf die wertvolle Übersetzungsleistung beider, wodurch der 'alte' Ptolemaios nun novo ac eleganti idiomate spreche (A2r). Gogava schildert in seiner Widmung die Schwierigkeiten, die "Tetrabiblos" zu übersetzen, insbesondere die besonders herausfordernden Bücher 3 und 4, von deren Übersetzung Camerarius qui priores transtulit (A3r) abgesehen habe. Auffallend ist, dass Melanchthon, der parallel zu Gogava an der Übersetzung gearbeitet hat (diese aber erst 1553 publiziert), nirgends auf dessen Übersetzung der Bücher 3 und 4 verweist.
(Marion Gindhart)

Astronomisch-astrologische Dichtungen

Im "Tractatus Astrologicus" hatte Luca Gaurico Camerarius nicht nur als versierten Astrologen, sondern auch als poeta egregius gelobt (↓ Zeitgenössische Würdigungen als Astrologe) – während ihm Erasmus etwa in einem Brief an Helius Eobanus Hessus vom 17.05.1531 mehr cura als natura beim Dichten bescheinigt hatte und drei Jahre später seinen bisher erschienenen Werken den Nutzen abgesprochen zu haben scheint.[113] Nichtsdestotrotz blieb Camerarius zeit seines Lebens dichterisch aktiv, und in seinem großen Œuvre lateinischer und griechischer Dichtungen finden sich auch Gedichte mit astrologischen Inhalten: Dichtungen zu Eklipsen (darunter die bemerkenswerte lateinische Dichtung zur Sonnenfinsternis vom 18.04.1539) sowie Katalogdichtungen zu den Planeten, den Tierkreiszeichen und den Sternbildern beider Hemisphären.

Eklipsendichtungen

Anlässlich von Finsternissen verfasste Camerarius mehrere Gelegenheitsdichtungen auf Latein und (eine) auch auf Griechisch. Besonders interessant ist hierbei eine kleine Sammlung, die er während seiner Professur in Tübingen anlässlich der Sonnenfinsternis vom 18.04.1539 dem Zwiefaltener Abt Nikolaus Buchner zueignete. Neben dem Widmungsbrief und zwei Dichtungen des Camerarius (s.u.) enthält das Konvolut ein Gedicht aus der Feder von Heinrich Wolf, den Camerarius als besonders vielversprechenden Studenten ganz im Sinne der "Melanchthonwerkstatt"[114] zur Abfassung ermuntert und sicherlich auch entsprechend angeleitet hat (↑ Ephemere Dichtungen zu astronomisch-astrologischen Themen). Wie Camerarius in seiner Dedikation schreibt, sollte mit Wolfs Gedicht nostra adolescentia (also die Tübinger Studentenschaft) zur Beobachtung der kommenden Sonnenfinsternis eingeladen werden (α2r) – wohl auch über einen Aushang am 'Schwarzen Brett' wie in Wittenberg.[115] Der kleine Werkverbund solle zeigen, dass diese "bewundernswerte und wahrlich himmlische Kunst" von Camerarius bzw. an der Tübinger Universität nicht vernachlässigt werde (ebd.; zur Mathematik in Tübingen → Mathematische Wissenschaften). Zudem wolle er quasi vaticiniis quibusdam die "Seelen der Rechtschaffenen" zur cura pietatis ac religionis und zur cura officii et decoris lenken (ebd.), sieht er doch Eklipsen als göttliche Künder von Unglücken, die nur durch ein christliches Leben abgewendet oder zumindest abgemildert werden können.

Camerarius zeigt sich hinsichtlich Berechnung und Observation der Eklipse als recht autark: So schreibt er, dass er den Beginn der Bedeckung abweichend von den gängigen Tafeln angesetzt habe,[116] er nimmt Bezug auf die eigene Beobachtung in Tübingen und falsifiziert andere Aussagen (so habe etwa die Bedeckung weniger als 3/4 betragen). Bei der astrologischen Auslegung folgt er Ptolemaios: So erschließe das Thema auf den Beginn der Verdunkelung eine praedictio universa, alle anderen Parameter (Größe der Verdunkelung, Dauer der Konjunktion etc.) seien wichtig für spezifischere Deutungen (α2v). Dabei seien Eklipsen insbesondere für die Länder von Relevanz, über denen sie sich befinden (ebd.). Dass sie keinerlei Bedeutung haben, sei ein error paucorum vecordium & amentium (ebd.) und strikt abzulehnen.

Auf die lateinische Dichtung Wolfs (22 Distichen), die nach der Angabe des Zeitpunktes der Verfinsterung die Freunde der bonae artes zur Beobachtung (mit Anweisung), zur Auslegung (mit möglichen Folgen) und zum Gebet aufruft, folgt mit "De solis defectu" eine ausführlichere (57 Distichen) Dichtung des Camerarius zum Ereignis: Auf die Beschreibung eines friedlichen, sonnigen Apriltages und der Macht des Frühlings, welche die besten Erwartungen für das kommende Jahr weckt (vv. 1-16), folgt der 'Einbruch' der Eklipse, die große Angst hervorruft (vv. 17-20). Aufgefordert sind nun die Studenten und Gelehrten (qui studiis tribuis tua tempora, v. 21) das Ereignis mit diversen Hilfsmitteln zu observieren und zu deuten (vv. 21-32). Hierfür werden die Parameter für die Erstellung eines Themas genannt (vv. 33-38), sodann die konkreten Daten in artifizieller, poetischer Form vorweggenommen (vv. 39-68: Tag, Monat, Uhrzeit (=Sonnenstand); Aszendent, Saturn unter dem Horizont im 1. Haus, Venus in Opposition mit mäßigendem Einfluss auf Saturn, Jupiter am MC in den Zwillingen im Quadrat mit Venus und Saturn, Merkur im Widder, nähert sich Mars an; Konjunktion tritt dann im Stier ein, neben der hinteren Kniebeuge des Widders, im 9. Haus (religio)).[117] Es folgen eine lange Passage zur Bedeutung der Eklipse als schlechtes Omen (vv. 69-84) und eine extensive Zeitenklage (vv. 85-108) mit abschließendem Gebet (vv. 109-114).

Das nachfolgende griechische Gedicht "Περὶ τῆς ἡλιακῆς ἐκλείψεως" hat Camerarius unter Verwendung zahlreicher Wendungen aus griechischen Dichtungen, v.a. den Epen Homers, modelliert. Sein Inhalt ist auf der Werkseite erfasst, eine Transkription mit Übersetzung, Similien und sprachlichen Anmerkungen gibt Berrens 2017. Wie Jakob Bedrott an Camerarius schreibt (Brief vom 15.06.1539), sei dieser bei seiner Lektüre zunächst über die Vielzahl direkter Homer- und Hesiodzitate erstaunt gewesen und habe Camerarius schon des Diebstahls verdächtigt; dann habe er jedoch auf die Überschrift geblickt und gesehen, dass Camerarius als πάρῳδος agiere.

Dieser Gedichtverbund (inklusive Widmung) findet sich erneut abgedruckt als Beigabe zu Luca Gauricos Neuausgabe von Lorenzo Bonincontris Lehrdichtungen "De rebus naturalibus et divinis" (1540). Gemeinsam mit den bereits erwähnten Eklipsendichtungen von Melanchthon und dessen Umkreis (↑ Ephemere Dichtungen zu astronomisch-astrologischen Themen) bildet er den zweiten Teil des Drucks. Dieser enthält auch eine weitere Eklipsendichtung des Camerarius zur Sonnenfinsternis am 07.04.1540. Das "Elegidion de solaris luminis obscuratione" ist ein Briefgedicht, das eine Anfrage des Druckers Johann Oporinus bezüglich des genauen Termins und der Folgen der bevorstehenden Eklipse beantwortet: Camerarius erläutert hierin sein Vorgehen beim Erstellen des Themas, nennt den bevorstehenden Termin (und rekurriert dabei auf die – angebliche – Vorhersage der Sonnenfinsternis am 28.05.585 v.Chr. durch Thales von Milet)[118], beschreibt prospektiv den Eindruck, der sich für einen Himmelsbeobachter am frühen Morgen ergeben wird (Veränderung des Dämmerungsverlaufes) und nennt alle für die Deutung relevanten Konstellationen zu Beginn der Eklipse nach Reihenfolge der Häuser.[119] Danach werden die Unglücksfolgen in langer Reihung aufgelistet – mit vorhergehender Bitte um Inspiration durch Urania – und es wird auf die bevorstehende Konjunktion der 'bösen' Planeten (i.e. Saturn und Mars) und den noch vor Ende August eintretenden varius metus hingewiesen. Das Gedicht endet mit einem Bekenntnis zum Vertrauen in die Gnade Gottes und auf die ungetrübte Freundschaft mit Oporinus.

In beiden lateinischen Gedichten des Camerarius verschmelzen das verhandelte Fachwissen und die poetische Formung zu einer bemerkenswerten Einheit. Die Sonnenfinsternisse werden vorausgesagt und in ihrer Phänomenologie imaginiert; die relevanten astronomischen Daten werden genannt, die Themata der Finsternisse erstellt und ausgelegt. Auf die aufgelisteten Katastrophen folgt der Rekurs auf Gott und seine Gnade.

Die Vorstellung von Sonnenfinsternissen als Zeichen drohenden Unglücks findet sich auch in Camerarius' Korrespondenz, etwa in einem Brief an Daniel Stiebar vom 24.06.1532, der auf die bevorstehende Sonnenfinsternis im August des Jahres Bezug nimmt.[120] In einem späteren Brief an Hieronymus Baumgartner (dat. 13.12.1547) schreibt er, dass er auf Frieden hoffe und darauf, dass die (eben erfolgte) Sonnenfinsternis kein Unglück bringen werde.[121]

Handschriftlich überliefert ist ein von Camerarius stammendes Gedicht auf die bevorstehende totale Mondfinsternis am 28.10.1566 mit dem Titel "De plena luna ecliptica".[122] In einem Brief an Georg Ludwig von Hutten (dat. 22.02.1570) verweist er auch auf die schlimme Bedeutung der eben erfolgten totalen Mondfinsternis.[123]

(Marion Gindhart)

Katalogdichtungen (Planeten, Tierkreiszeichen, Sternbilder)

Camerarius verfasste astrologische Katalogdichtungen auf Griechisch und Latein.

So befindet sich in seiner Ἐπιγράμματα-Sammlung (1538) neben zwei launigen Distichen über den Zuwachs der Sphärenzahl ("Εἰς ἀστρολόγους") und drei kürzeren Katalogdichtungen über die Anordnung der Planeten und die Reihenfolge der Tierkreiszeichen ("Οἱ πλανώμενοι", "Ἄλλως κατ' Αἰγυπτίους", "Τὰ ζῴδια") (→ Mathematische Wissenschaften) auch eine Dichtung mit dem Titel "Ἀστρολογικὰ δι' ἰαμβῶν". Sie umfasst 31 iambische Trimeter und zählt zunächst die Planeten in absteigender Folge (Saturn bis Mond) auf, benennt ihre elementarischen Eigenschaften, ihr Geschlecht (Merkur ist zweigeschlechtlich) sowie ihre Tag- und Nachtzuordnung. Danach werden die Tierkreiszeichen (vom Frühlingszeichen Widder bis zu den Fischen) aufgelistet.

In der lateinischen Gedichtsammlung "Erratum et al." (1535), die auch Camerarius' lateinische Bearbeitungen der arateischen "Phainomena" und "Diosemeia" enthält (OC 0167 und OC 0168, → Mathematische Wissenschaften) befindet sich ein 22 Hexameter umfassendes Kataloggedicht mit dem Titel "Nomina, res, effectiones solis ac lunae & quinque errantium".[124] Ebenfalls im Titel wird erwähnt, dass Camerarius das Gedicht aus dem Griechischen übersetzt hat (epigramma traductum e Graeca lingua in Latinum, a Ioachimo Camerario): Nach einer Konstatierung des schicksalhaften Einflusses der Planeten auf die Menschen ([…] inque / vitam hominum terris fatali lege gubernant, vv. 1-2), folgt ein Katalog der sich auf ihren Bahnen bewegenden Planeten absteigend vom Saturn zum Mond. Jeder Planet wird mit einem typischen Attribut versehen (tristis Saturnus, vitifer Iupiter, belliger Mars, aureus Sol, ridens Venus, celer Deus Arcadiae orae, infima Luna) und im Gefüge des Systems positioniert. Dabei wird herausgestellt, dass sämtliche Bereiche des menschlichen Lebens von den Planeten(göttern) abhängen (His agitur Dis per terras autoribus aevum, v. 11), die jeweils eine spezifische Wirkung mit sich bringen (die 'bösen' Planeten Saturn und Mars lacrimae und irae, Jupiter Nachkommen, Merkur Sprachbeherrschung, Luna friedliche Nachtruhe, Venus Liebesglut und Sol schließlich ein Erstrahlen des gesamten Kosmos).

Ein weiteres lateinisches Kataloggedicht des Camerarius im Umfang von 20 Hexametern, das die antiken Sternbilder listet, hat Theodor Graminaeus seiner 2. Auflage (1570) der antiken lateinischen "Aratea" und Hygins "De astronomia" vorgeschaltet als summa der folgenden Werke (→ Mathematische Wissenschaften).

(Marion Gindhart)

Kometenschriften

Camerarius beobachtete seit den 1530er Jahren Kometen u.a. mit Mathematikern und Astrologen seines Netzwerkes (C/1556 D1 etwa mit seinem Schwiegersohn, dem Leipziger Mathematikprofessor Johann Hommel), tauschte sich brieflich über Observationsdaten an anderen Orten aus, fungierte als Datenvermittler und veröffentlichte zwei ausführliche Kometenschriften, die noch lange nach ihrem ersten Erscheinen nachgedruckt wurden und auch volkssprachige Übersetzungen erhielten.

Komet 1531 (1P/Halley) und die "Norica"

Anlässlich der Kometenerscheinung im Spätsommer 1531 (1P/Halley) verfasste Camerarius die "Norica sive de ostentis libri duo" (gedr. 1532), in denen er das plurale Kometenwissen der Zeit in seinen diversen diskursiven Prägungen (theologisch, naturphilosophisch, astrologisch, historisch-argumentativ) vermittelt und zugleich der von Johann Mylius initiierten Nürnberger sodalitas ein Denkmal setzt. Inszeniert ist die Schrift als Gespräch, das im Nürnberger Garten des Mylius von und vor einigen Sodalen geführt wird, mit Michael Roting und Camerarius als Haupt- und Helius Eobanus Hessus als Zwischenredner. Alle drei sind zu dieser Zeit Lehrer am Nürnberger Egidiengymnasium, Camerarius leitet die Schule als Rektor. Über Aufbau und Inhalt der Schrift informieren die Werkseite der "Norica" und Gindhart 2017.

Melanchthon beobachtete den Kometen selbst in Wittenberg und berichtet davon brieflich im August und September an Camerarius.[125] Im früheren Brief fragt er, ob der Komet auch in Nürnberg gesichtet wurde; wenn ja, solle Camerarius die Erscheinung genau beschreiben und unbedingt Johannes Schöners Deutung mitteilen: Quaeso te ut mihi scribas, an apud vos etiam conspectus sit, quod non opinor, distat enim a terra vix duobus gradibus, si tamen conspectus est, describe diligenter, et quid iudicet Schonerus significato.

Der Komet war in Nürnberg observierbar, wo ihn Camerarius auch beobachtete. In einem Brief an Daniel Stiebar vom 09. Oktober 1531[126] gibt er einen kurzen Bericht mit Deutung und schickt auch den "Norica" einige (rudimentäre) Daten voraus (A7r/v). Johannes Schöner obervierte ihn ebenfalls in Nürnberg mit einem von ihm gebauten Torquetum vom 15.-25. August und zwar, wie Peter Apian schreibt, in beysein viler erbern leut[127] – zu denen vielleicht auch Camerarius zählte. Schöner veröffentlichte die Daten zeitnah (September 1531) in seiner kurzen deutschsprachigen "Coniectur", die er dem Nürnberger Rat zueignete.[128] Auch Andreas Perlach, dem Camerarius die lateinische Version der "Astrologica" widmet, publiziert eine deutsche Kometenschrift.[129] Er gibt eine ausführliche astrologische Auslegung und verweist (C4v) auf die Daten und Berechnungen Schöners. Diese nutzt auch der Ingolstädter Mathematiker Peter Apian als Vergleichsmaterial und argumentative Stütze für seine eigenen Beobachtungen, die er in seiner "Practica" für das Jahr 1532 (gedr. 1531) publiziert – zusammen mit dem Schweifrichtungsgesetz, auf das Camerarius später in "De cometis" rekurrieren wird.[130] Georg Sabinus verfasste eine Erasmus Ebner gewidmete Elegie (26 Distichen) über die Kometenerscheinung.[131]

Gedruckt wurden die "Norica" unter der Ägide Melanchthons, der das Manuskript Ende 1531 gelesen und für publikationswürdig befunden hatte,[132] 1532 bei Georg Rhau in Wittenberg. Melanchthon hatte – wie er schreibt – auf Drängen des Druckers (und ohne Wissen des Camerarius, dem er nach Fertigstellung des Druckes davon berichtet) das Werk Luca Gaurico zugeeignet: Mitto tibi scriptum tuum (i.e. die gedruckten "Norica"), cui videbis me epistolam praeposuisse, quam mihi extorsit ὁ κακογράφος, feci profecto invitus, ut deformarem ea, quae abs te diligentissime ornatissimeque tractata sunt.[133] Auch hatte er am Text des Camerarius ohne Rücksprache eine Änderung vorgenommen, um den Eindruck zu korrigieren, dass dieser Ptolemaios kritisiere bzw. diesem nicht folge.[134] Dies scheint Camerarius verärgert zu haben.[135]

In der Dedikation empfiehlt Melanchthon Camerarius an Gaurico und bedankt sich bei diesem mit den "Norica" für übersandte Horoskope. Gaurico zeigte sich laut Melanchthon sehr erfreut über die Zueignung und die Qualität des Werkes und bestellte (noch) unbekannter Weise Grüße an Camerarius.[136] Bereits kurz darauf, im Mai 1532, kam es zu einem Treffen mit Camerarius in Nürnberg, wohin Gaurico nach einem viertätigigen Aufenthalt in Wittenberg bei Melanchthon gereist war, wobei dieser ihn mit mehreren Schreiben empfohlen hatte.[137] Anfang Juni bittet Melanchthon Camerarius, ihm u.a. von Gauricos Besuch zu berichten,[138] nicht ohne sich am Ende des Monats kritisch über diesen zu äußern und zu schreiben, dass er sich nur deswegen so für ihn eingesetzt habe, um nicht als Verächter der Astrologie zu gelten.[139]

Die "Norica" fanden (wohl aufgrund der zahlreichen exempla, mit denen die Prodigienqualität der Kometen und anderer 'Himmelszeichen' als göttliche Kommunikationsmedien untermauert wird) 1552 Eingang in eine thematisch einschlägige, bei Johann Oporinus in Basel gedruckte Sammelausgabe, die den von Konrad Lykosthenes supplementierten "Liber prodigiorum" des spätantiken Autors Iulius Obsequens, die drei Bücher "Dialogi de prodigiis" des Polidoro Virgili und die Schrift des Camerarius (unter dem Titel "De ostentis") vereint. Die Ausgabe wurde 1553 von Jean de Tournes in Lyon nachgedruckt, erschien ebd. 1554 in italienischer Übersetzung und wurde 1589 von Jean de Tournes' Sohn erneut aufgelegt.[140]

Dennoch scheinen die "Norica" nach der Publikation nicht nur auf Wohlwollen gestoßen zu sein, und auch Camerarius haderte mit dem Werk.[141] Noch 1558 zeigt er sich, als er seine zweite Kometenschrift veröffentlicht, stilistisch wie inhaltlich unzufrieden mit den "Norica": In quo (scil. scripto) nihil est, vel non certe multum, quod mihi probetur. Cum oratione minus elaborata & perpolita exponantur ea, quae & attentius perscrutanda, & subtilius disserenda, & copiosius enarranda fuisse videantur.[142] In einem Brief an Andreas Ellinger (dat. 26.07.1560) weist er dessen Lob für die "Norica" zurück, die er quasi nur als 'Nebenprodukt' ohne besonderen Eifer verfasst habe, räumt aber gleichwohl ein, dass diese Kometenschrift nicht zu den schlechtesten zähle, die damals gedruckt wurden und die jetzt kursieren.[143]

(Marion Gindhart)

Die Kometen der 1550er Jahre (C/1556 D1, C/1558 P1) und "De cometis"

Camerarius' zweite Kometenschrift, "De eorum qui cometae appellantur, nominibus, natura, caussis, significatione" (1558), besteht wie die "Norica" aus zwei Teilen, übernimmt aber nicht deren dialogische Form. Die einleitende "Disputatio de cometis" ((1)-21) enthält kurze Ausführungen zum Anlass der Schrift sowie zu den von Camerarius 'erlebten' Kometen seit den 1530er Jahren (wobei er wiederholt bevorzugt auf C/1556 D1 zu sprechen kommt) und entfaltet wie die Vorgängerschrift ein Spektrum pluralen Kometenwissens, aus dem auszuwählen dem Leser obliegt: Verum de natura & origine Cometarum, id quisque licet, sentiat, quod ipsi probatur maxime, & veri esse similimum videtur (13). Die folgenden, umfangreicheren "Exempla historiarum" (21-92) bringen historische Ereignisse mit Kometenerscheinungen in Verbindung und sollen dem Leser zeigen, wie er aus dem Lauf der Geschichte und dem wechselhaften Schicksal lernen kann. Über den weiteren Inhalt der Schrift informiert die Werkseite.

Wie Camerarius zu Beginn des Werkes mitteilt, das er an Christoph von Karlowitz adressiert, wollte er sich bereits anlässlich der Kometenerscheinung von 1556 und der (gedruckten) Reaktionen darauf ausführlicher äußern, als es damals in einem kurzen Gespräch mit Karlowitz möglich war, konnte eine dementsprechende Schrift jedoch nicht rechtzeitig fertigstellen (1f.). Der neu erschienene Komet von 1558 und ein Brief von Karlowitz veranlassten Camerarius dann, das begonnene Werk zu überarbeiten, abzuschließen und in den Druck zu geben (ebd.).[144]

Über den hellen Kometen von 1556 (C/1556 D1), dessen breitere Beobachtung ab Anfang März einsetzte und der bis in die zweite Aprilhälfte sichtbar war, hatte sich Camerarius mit mehreren Korrespondenzpartner ausgetauscht.[145] So berichtet er Karlowitz in einem Brief vom 14.03.1556,[146] dass er den Kometen nun zehn Tage lang gemeinsam mit Johann Hommel in Leipzig observiert habe, beschreibt den Ort der letzten Sichtung in der vorausgegangenen Nacht (im Schwanz des Drachen zwischen den beiden Bären) und erwähnt den auffallend schnellen Lauf des Kometen Richtung Sonne. Zwei Wochen später bittet er Hieronymus Baumgartner um Beobachtungsdaten aus Nürnberg.[147]

Bereits am 09.03.1556 hatte Camerarius einen Brief von Paul Fabricius aus Wien erhalten, in dem sich interessante Details zum Kometen und seiner Observation finden:[148] So erwähnt Fabricius, dass er an den Hof bestellt sei, um mit Ferdinand I., seinem Sohn Maximilian und Erzherzog Karl II. in der kommenden Nacht den Kometen zu beobachten und zwar – anders als die Tage zuvor – mit Instrumenten. Sein dem Brief beigegebenes schema des Kometen beruhe auf seiner Sichtung mit bloßem Auge und einer Positionsbestimmung in Relation zu den Fixsternen. Den Kometen habe er zudem in seiner Praktik für das laufende Jahr vorhergesagt, was ihm große Ehre einbrachte. Am 15.03.1556 schickt Fabricius einen weiteren Brief an Camerarius mit Beobachtungsdaten aus Österreich, kündigt für den Folgetag den Druck seines "Iudicium" über den Kometen an, das er auf Bitten von Hofleuten und Erzherzog Karl II. verfasst habe und Camerarius zusenden werde, und bittet diesen seinerseits um Informationen zum Kometen.[149]

Bei diesem Druck dürfte es sich um das lateinische Flugblatt "Cometa visus mense Martio LVI. anno" handeln,[150] das ausführlichere Beobachtungsdaten und Auslegungen enthält als das parallel bzw. kurz zuvor ebenfalls in Wien publizierte deutschsprachige Flugblatt "Der Comet im Mertzen des Lvi. Jars. Zuo Wienn in Osterreich erschinen"[151]. Das deutsche Blatt, das auch als Libelldruck in Nürnberg herausgebracht wurde (mit gleichem Text aber einem kleineren und weniger detailreichen Holzschnitt),[152] empfiehlt die lateinische Version (mein lateinisch judicium vber disen Cometen) demjenigen, der mehr bericht desselben wil haben.[153] Fabricius schickt das "Iudicium" mit einem zweiseitigen Brief am 01. April an Camerarius.[154] In der zweiten Aprilhälfte (nach dem 22.04.1556) schreibt Camerarius an Fabricius,[155] äußert sich zustimmend über dessen Auslegung der aktuellen ostenta und insbesondere des Kometen, referiert kurz Spezifika des Kometenlaufs (mit Zuweisung einer saturnischen Natur an den Kometen), äußert sich kritisch zu kursierenden Vorhersagen und fügt eine Frage zur Benennung an (πωγωνίας vs. cometes). Dabei lässt er es offen, ob Kometen kosmische Körper oder meteorologische Erscheinungen sind.

Camerarius erhält im Frühjahr 1556 aus unterschiedlichen Städten Berichte über die Sichtung des Kometen, etwa von Caspar Peucer aus Wittenberg,[156] von Philipp Bech aus Basel[157] oder von Petrus Lotichius Secundus aus Bologna[158]. Auch Melanchthon hatte den Komet im Frühjahr 1556 in Wittenberg beobachtet.[159] Aus seiner Feder dürfte die Elegie auf den Kometen stammen, die in den "Scripta publice proposita" unter dem Namen des amtierenden Dekans Bartholomäus Lasan aus Zwickau firmiert.[160]

Den Kometen des Jahres 1558 (C/1558 P1), der von Anfang August bis Mitte September sichtbar war, und einen Brief von Karlowitz nennt Camerarius als Anlässe, seine 1556 begonnene Schrift, die sich allgemein mit Kometen und vor allem deren historisch manifestierten Folgen beschäftigt, fertigzustellen und in den Druck zu geben (s.o.). Er selbst charakterisiert seine Herangehensweise als "eher philologisch denn naturkundlich" (Atque erunt haec scilicet cuiusmodi esse nostra & possunt & consuevere, id est φιλολογώτερα ἢ φυσιολογώτερα, 2). Referenzpunkte sind zwar in erster Linie antike Autoritäten, doch stellt Camerarius neben dem in seiner Zeit fast unumschränkt dominierenden aristotelischen Kometenmodell auch alternative Modelle vor und lässt die Frage nach Sub- und Superlunarität (hier auch Rekurs auf Albumasar und alii und die göttliche Allmacht) offen; auch 'neues' Wissen wie das Schweifrichtungsgesetz findet Erwähnung. Bezüglich der aktuellen Kometenerscheinung gibt er nur wenige Daten: er klassifiziert sie nach der Form als pogonia (2, 6), nennt den Ort ihres Erscheinens in der Coma Berenicis (2), den Zeitpunkt und die Bewegungsrichtung mit Verweis, dass der Lauf noch nicht bestimmt ist (6), und gibt eine kurze Deutung (88f.).

Camerarius' brieflicher Austausch über den Kometen lässt sich bisher nur punktuell über den noch nicht systematisch erfassten handschriftlichen Briefwechsel fassen. So erwähnt Philipp Bech den Kometen kurz in einem Brief an Camerarius (dat. 06.09.1558).[161] Paul Fabricius, der sich auch zu diesem Kometen in einer "Descriptio" äußert, verspricht die Übersendung derselben in einem Brief vom 07.10.1558 (und erhielt auch einen Brief des Camerarius mit dessen Einschätzung des Kometen).[162]

Camerarius' Schrift erhielt bereits ein Jahr später eine Neuauflage und wurde bis in das 17. Jahrhundert immer wieder anlässlich von Kometenerscheinungen nachgedruckt (vgl. die Werkseite mit Verlinkung zu den Ausgaben von 1559, 1578, 1582 und 1661 mit Titelvariante). 1561 gab Blasius Fabricius eine deutsche Übersetzung heraus, verzichtete hierbei allerdings auf die einleitende, gelehrte "Disputatio". Camerarius selbst verweist in "De generibus divinationum" (gedr. postum 1576) auf "De cometis" als Referenz, scheint mit dieser späteren Kometenschrift also zufriedener gewesen zu sein als mit den "Norica".

(Marion Gindhart)

Camerarius' Ruf als Astrologe und seine praktische Expertise

Camerarius wurde schon früh durch seine Familie in der Astrologie sozialisiert ↑ Melanchthon, Camerarius und die Astrologie. Er übte die praktische Astrologie im engeren privaten Bereich aus, wurde aber aufgrund seines Rufes auf diesem Gebiet immer wieder auch von Dritten um seine Expertise ersucht.

Zeitgenössische Würdigungen als Astrologe

Helius Eobanus Hessus, der bei Camerarius ein Horoskop erfragt, nachdem er sein genaues Geburtsdatum in Erfahrung hatte bringen können (↓ Horoskope und Horoskopauslegungen), lobt dessen astronomisch-astrologische Kompetenz in einem Elogium, das den "Astrologica" (1532) vorgeschaltet ist.[163] Joachim Heller betont in seiner Camerarius gewidmeten Vorrede zur "Isagoge" des Johannes Hispalensis (1548) dessen peritia huius artis […] singularis (D4r), die sich auch in seinen Schriften erweise.

Luca Gaurico, dem Melanchthon (auf Betreiben des Druckers Georg Rhau) Camerarius' "Norica" (1532) gewidmet hat (↑ Komet 1531 (1P/Halley) und die "Norica"), bezeichnet in der Kurzkommentierung von Camerarius' Horoskop im "Tractatus astrologicus" (1552, T5v) diesen als astrorum cognitione peritus, lobt ihn für seine "Tetrabiblos"-Teilübersetzung (1535) – die er für seinen Eklipsenkommentar von 1539 nutzt – und nimmt ihn von der Polemik aus, die er Reformatoren wie Luther (ebd., S1v) und Melanchthon (ebd., T5r) zukommen lässt: Ioachinus Camerarius Norimbergensis orator, & poeta egregius, astrorum cognitione peritus, eleganti Latinitate decoravit duos primos tractatus Apotelesmatum Ptolaemei. Ex Iove in nona sub piscibus suo contubernio, aiunt ipsum esse christicolam, & et non Lutherianam perfidiam olfacere.[164] Matthias Stojus referiert in einem Brief vom 31.01.1553 an Camerarius die entsprechenden Stellen aus Gauricos "Tractatus" und berichtet, dass er noch ein Exemplar erhalten habe, bevor das Werk zensiert wurde.[165] Camerarius antwortet am 17.02.1553 und äußert sich deutlich in Hinblick auf Gaurico.[166]

Camerarius selbst spielt seine astrologische Expertise eher herunter; so schreibt er etwa in der Widmung des lateinischen Übersetzungsteils der "Astrologica" an Andreas Perlach, dass er als Philologe diesen beim Erwerb des Griechischen unterstützen und selbst wiederum in der Astrologie von dem Kontakt mit den Spezialisten profitieren möchte. Von einer Übersetzung der genethlialogischen Bücher drei und vier der "Tetrabiblos" hatte er Abstand genommen, da der Text sehr schwer verständlich sei und mit den zeitgenössischen vulgaria praecepta nichts zu tun habe (↑ Editionen und Übersetzungen).

(Marion Gindhart)

Horoskope und Horoskopauslegungen

Wie ein Brief von Hieronymus Wolf an Joachim Camerarius d.J. belegt (dat. 29.10.1579),[167] hatte Camerarius' Mutter Martha für ihre eigenen Kinder Horoskope gestellt (s. auch ↑ Melanchthon, Camerarius und die Astrologie): in Astronomicis: et ita quidem, ut themata natalicia filiorum ipsa conficeret (Hoc et e Schonero et ex ipso patre audivi). Diese Notiz stammt aus Ergänzungen Wolfs zu der von Joachim Camerarius d.J. konzipierten Biographie seines Vaters.[168] In dem Brief empfiehlt er auch, der Biographie das Horoskop von Camerarius voranzustellen, da es vorzüglich (egregium) sei und auch von Luca Gaurico bereits verbreitet wurde (im o.g. "Tractatus astrologicus").
Anzunehmen ist, dass Camerarius ebenfalls Horoskope für seine Kinder gestellt hat. Als Experte auf diesem Gebiet wird er jedenfalls von mehreren Seiten direkt oder über Dritte bezüglich der Erstellung von Nativitäten und/oder deren Auslegung (iudicia) angefragt.

So schreibt Helius Eobanus Hessus an Camerarius (zwischen 1533 und Anfang 1535),[169] dass er gerne ein Horoskop von ihm haben würde, da er jetzt sein genaues Geburtsdatum wisse; allerdings sei dieser ja gerade intensiv mit den Nativitäten für die Familie von Georg Sturtz beschäftigt. Die Dinge, die Camerarius aber bisher schon vorausgesagt habe, träfen zu. Anfang Februar 1535 schickt Hessus dann auf Nachfrage des Camerarius sein Geburtsdatum (mit einem Horoskop des "jüngeren Heresbach"),[170] bittet Camerarius und Johannes Schöner um ihre Expertise und Camerarius um die Rücksendung der Horoskope mit einer Auslegung. In einem Brief von März 1535,[171] den Hessus (auch im Namen von Sturtz) verfasst hat, geht es zum einen um ein wohl in der Auslegung vorausgesagtes Ereignis, das laut Camerarius dieses Jahr eintreten sollte, aber im Vorjahr bereits geschehen ist; Camerarius solle sich deswegen, wenn er mehr Zeit habe, der Sache noch einmal annehmen. Sturz seinerseits bittet darum, dass Schöner das Horoskop für seinen Bruder Michael fertigstelle.

Auf Initiative von Johann Apel, Ratskonsulent in Nürnberg und ehemaliger Kanzler Albrechts von Preußen, hatte Camerarius 1535 eine Nativität für den Herzog gestellt sowie drei Jahresrevolutionen (1535-1537), die Apel mit einem Empfehlungsschreiben (dat. 08.04.1535) an Albrecht sandte, um damit eine Annäherung an den Hof einzuleiten.[172] Auch ging Camerarius' Widmung der Tetrabibiblos-Edition an Albrecht (dat. 01.08.1535) auf Apel zurück.[173]

In einem Brief vom 18.12.1552[174] bittet der Arzt Johann Prünsterer Camerarius um die Nativität für seine am 26.11.1552 geborene Tochter, die er aufgrund einiger ungünstiger Konstellationen (diras aliquas constellationes) bisher als sorgenvoller Vater nicht habe stellen lassen. Camerarius solle das Horoskop berechnen und durch einen Vertrauten nach Wittenberg übermitteln. Dieser machte sich wohl gleich an die Ausführung: Auf der Rückseite des handschriftlichen Briefes findet sich von seiner Hand die Skizze des entsprechenden Themas mit Notaten (und vier Skizzen eines weiblichen Profils).

Wie nun eine Horoskopauslegung des Camerarius konkret aussah, ist ebenfalls durch ein handschriftliches Zeugnis bekannt, welches das ursprünglich auf Griechisch verfasste iudicium in der lateinischen Version von Hieronymus Wolf überliefert.[175] Auftraggeber war der Augsburger Kaufmann Marquard Rosenberger, der über Wolf dringend eine Kurzauslegung seines Horoskops von Camerarius erbat (Brief von Wolf an Camerarius, dat. 11.06.1556)[176]. Rosenberger interessierte sich dabei vor allem für die Häuser 2 und 4, Vermögen und Hochzeit.[177] Das Thema sei, so Wolf, mit allen progressiones (also den Bewegungen der Planeten durch die Tierkreiszeichen) von Cyprian Leowitz berechnet, der ihm dies auch zusende.[178] Camerarius würde diesem mit seiner Auslegung helfen, da Rosenberger den Druck von Leowitz' Werken finanziere. Auch solle Camerarius dessen Eklipsentafeln und Ephemeriden empfehlen, damit sie durch seine Autorität und seine Befürwortung Verbreitung finden. Camerarius solle dann das Horoskop, die progressiones und seine Antwort an Rheticus weiterleiten und diesen ebenfalls um ein iudicium bitten. Rosenberger würde sich jedenfalls bei beiden erkenntlich zeigen. Camerarius antwortet Wolf am 15.10.1556[179] (nicht ohne seine astrologische Expertise herunterzuspielen), schickt ihm die Auslegung auf Griechisch (mit dem Hinweis, zu übersetzen, was er wolle und dies weiterzugeben, an wen er wolle) und kündigt die Weiterleitung des Horoskopes an Rheticus an. Wolf kommentierte seine Übersetzung am Anfang und Ende und zeigt sich irritiert, dass Camerarius anders als Leowitz den siderischen Tierkreis als Referenz benutzt (mit einer Verschiebung von (beachtlichen!) 27° aufgrund der Präzession).[180] Camerarius benennt zuerst die Konstellationen und legt das Horoskop dann nach den 12 Häusern (loci) aus, beginnend bei Haus 1 (valetudo – schlecht), Haus 2 (divitiae – gut) etc., er benennt die gefährlichen Jahre und die Lebenserwartung.

Während Camerarius u.a. mit Melanchthon Horoskope Dritter austauschte, war umgekehrt für Dritte seine Nativität von Interesse: David Juste konnte in zehn (v.a. handschriftlichen) Horoskopsammlungen Camerarius' eigenes Horoskop und Horoskope einzelner Familienmitglieder nachweisen, z.T. auch mit kurzen Auslegungen. Interessant ist neben dem lateinischen Iudicium Luca Gauricos (↑ Zeitgenössische Würdigungen als Astrologe) auch das volkssprachige Nikolaus Prugners,[181] das Camerarius Begabung und Berühmtheit attestiert (Sonne im 10. Haus, Sextil von Merkur und Mars), aber auch Feindschaft von leichtem und nichtigen volck (Opposition von Mond und Merkur) und wenig glueck oder fried mit weibern (Konjunktion von Saturn und Venus).

(Marion Gindhart)

Jahresprognostiken

Neben Horoskopen tauscht Camerarius mit Melanchthon auch Jahresprognostiken aus. So schickt etwa Melanchthon am 29.09.1531 Johannes Carions Prognostik für das laufende Jahr (huius anni ?) und bittet Camerarius seinerseits um Zusendung derartiger Schriften.[182] Einen Tag später fordert er Johannes Brenz auf, ihm über Camerarius die Jahresprognostiken für 1532 des Schwäbisch Haller Astrologen (Anton Brellochs) und des Johann Virdung zu schicken und auch deren Deutung des Kometen.[183] Am 12.10.1537 bittet er Camerarius um eine Prognostik für das kommende Jahr 1538.[184]

An Christoph von Karlowitz sendet Camerarius regelmäßig selbst erstellte Jahresprognostiken. Ein erster Hinweis darauf findet sich in einem Brief vom Spätherbst 1549.[185] Mit einem Brief vom 22.01.1552[186] übermittelt er ihm die Prognostik für dieses Jahr und zwar crassa Minerva, secundum usitatam et vulgo notam rationem. In dem Brief klagt er auch über die mangelnde finanzielle Förderung astronomischer Messungen, von deren Qualität die der (voneinander abweichenden) aktuellen Prognostiken abhängt. Im Februar liefert er eine grundständige Deutung nach.[187] In einem Brief vom 18.01.1553 kündigt er die verspätete Prognostik für dieses Jahr an, die Karlowitz erhalten werde, sobald Camerarius von Nürnberg wieder nach Leipzig zurückgekehrt sei.[188] Auf Karlowitz' Forderungen nach dezidierten Vorhersagen reagiert Camerarius sehr zurückhaltend und verweist auf den mündlichen Austausch (er ist immer noch in Franken),[189] in einem späteren Brief (1. Augusthälfte 1553) wird er dann aber etwas konkreter.[190] Im Dezember 1554 schickt er ihm das Jahreshoroskop für 1555 und reflektiert über den Zweck von Vorhersagen.[191]

(Marion Gindhart)

Anmerkungen

  1. Bauer 1999, 375.
  2. Zu Stöffler und der Astrologie Betsch 2008, 153-157.
  3. In ebendiesem Schlussabsatz der Widmung apostrophiert Heller Camerarius als compater carissimus (D4r) und betont die (inszenierte?) Nähe zu ihm und dessen Familie: Bene vale cum uxore ac liberis suavissimis tuis, vir doctissime, nostri seculi lumen (ebd.). In der Widmung (A2r-D4r) nimmt Heller (wie auch in seinen Paratexten zu Johannes Schöners "Opera mathematica") eine ausführliche Verteidigung der Astrologie vor und rekurriert im Text unter anderem auf die Horoskope von Maximilian I., Albrecht Dürer, Martin Luther, Erasmus von Rotterdam, Cicero und Nero als schlagende Exempla für den Einfluss der Gestirne.
  4. In der Widmung der "Tetrabiblos"-Edition (1535) an Albrecht von Preußen führt Camerarius den status rectus der Menschen als Argument für die gottgewollte Beobachtung und Kenntnis der Natur, des Laufs und des Einflusses der Gestirne an (A3v).
  5. Zur Astrologie als ars praeclarissima mit großem Nutzen für das Gemeinwohl vgl. "Commentarius de generibus divinationum", 34.
  6. Methuen 1998, 94. Zu Melanchthons Betrachtung der Gestirne als Ursachen und Zeichen für künftige Ereignisse vgl. Meinel 2018.
  7. Melanchthon u.a. im ersten Teil der "Initia", dazu auch Bauer 1999, 375f. und Bauer 1998, 160-165 mit griffigen Zitaten.
  8. Astrologia pars est Physices, quae docet, quos effectus astrorum lumen in elementis et mixtis corporibus habeat, qualia temperamenta, quas alterationes, quas inclinationes pariat (CR XI, 263).
  9. Zu den "Initia" Bauer 1999, 371-376; Meinel 2018, 23-28; das Zitat CR XIII, 292. Eber zeichnet in erster Linie für die Ausführungen zur Astronomie verantwortlich.
  10. Meinel 2018, 23.
  11. Wie Meinel 2018, 23 herausstellt, handelt "praktisch das ganze erste Buch" der "Initia" von Astronomie und Astrologie, was von der Tradition der aristotelischen Naturphilosophie her gesehen "geradezu unerhört" ist (dazu auch Methuen 1998, 96). Zum engen Zusammenschluss der Astrologie mit der Astronomie und zu ihrer Wissenschaftlichkeit vgl. auch Camerarius' Widmung des griech. Teils der "Astrologica" an Jakob Milich (A2r/v). Beide Disziplinen sind Teile der Himmelskunde, wobei die Astrologie auf der Astronomie und deren Daten fußt (und von deren Exaktheit abhängt), vgl. etwa Camerarius' Widmung der "Tetrabiblos"-Edition an Albrecht von Preußen: Cum autem sint duae huius scientiae partes, harum ut prior, quemadmodum & Ptolemaeus ait, ipsa per se absolvitur, ita certe vel gignit vel conciliat sibi alteram praedictionum atque vaticiniorum (A4r).
  12. Meinel 2018, 25f.
  13. Methuen 1998, 93.
  14. Zur Beeinträchtigung der lux interna nach dem Sündenfall vgl. Bauer 1998, 168-170. Im "Commentarius de generibus divinationum" zählt Camerarius die Astrologie zu den Divinationspraktiken, die progressus naturales (33) erforschen, die von einer höheren Ursache bewirkt werden und an deren Erkenntnis sich der menschliche Intellekt abmühe. Ebd., 35-39 gibt Camerarius einen Überblick über die Astrologie in der Alten Welt. Ihre Grundlage sind lange Beobachtungsreihen und Aufzeichnungen der Stellung und Bewegung der Gestirne (37). Camerarius verortet die Anfänge der Astrologie in Ägypten, wo aus diesen Daten Regeln gewonnen wurden und eine Vielzahl von Voraussagen getroffen werden konnten (37f.), dann folgte eine Weiterentwicklung bei den Chaldäern (38).
  15. So etwa in Melanchthons Vorrede zu Johannes Schöners "De iudiciis nativitatum" (1545, β4r), s. auch Meinel 2018, 28f.
  16. So in der von Georg Joachim Rheticus am 17.04.1536 vorgetragenen quaestio "An leges damnent praedictiones astrologicas?" (CR X, 712-715, das Zitat: 714).
  17. Die in der Sammlung wieder abgedruckte Vorrede zu Simon Grynäus' Ausgabe von Sacroboscos "Sphaera" (MBW – Regesten online, Nr. 1176, dat. vor 17.08.1531) verweist auf die Betrachtung der Gestirne als höchstem Zweck der Augen, argumentiert gegen Pico della Mirandola für den Einfluss der Gestirne, zeigt die Vereinbarkeit mit der göttlichen Weltenlenkung auf und weist die Astrologie als Teil der Physik aus. Die Vorrede zu Johannes Schöners "Tabulae astronomicae" (MBW – Regesten online, Nr. 1770, dat. 07.08.1536) verteidigt ebenfalls den Wert astrologischer Vorhersagen (namentlich gegen Pico) und rühmt die Pflege der mathematischen Wissenschaften in Nürnberg. Zu weiteren Vorreden Melanchthons für Schöners Werke s.u.
  18. So in der Widmung des griech. Teils der "Astrologica" an Jakob Milich, A2v.
  19. So im "Commentarius de generibus divinationum" (1576, 34f.).
  20. So in der Widmung der "Tetrabiblos"-Edition an Albrecht von Preußen (Laborat enim haec scientia omni ex parte, neglectione & incuria miserum in modum affecta, A4r) und in der Widmung des lat. Teils der "Astrologica" an Andreas Perlach, 2.
  21. So im "Commentarius de generibus divinationum" (1576, 34). Vgl. auch Camerarius' Kritik an den prognostischen Schriften zur Großen Konjunktion (1563), deren Vorhersagen sich fast allesamt als falsch erwiesen hätten, und an den ungenauen Daten der Tafelwerke (OCEp 0836, Camerarius an Hieronymus Wolf, dat. 21.04.1564).
  22. Widmung an Milich, A2v-A3r; Widmung an Perlach, 2; vgl. auch Widmung der "Tetrabiblos"-Edition an Albrecht von Preußen, A5r.
  23. MBW – Regesten online, Nr. 6787, dat. März 1553.
  24. OCEp 1405, A2r gegen Picos optimus malorum, als den dieser Ptolemaios in seinen "Disputationes adversus astrologiam divinatricem" bezeichnet hatte, vgl. Huth masch., 37.
  25. OCEp 1407, 2.
  26. Widmung der "Tetrabiblos"-Edition an Albrecht von Preußen, A4v. Es gebe nur eine Ausnahme, einen gewissen Abraamus (Ibn Ezra?), der aber keine weiteren Befürworter gefunden habe.
  27. Etwa OCEp 1407, 2.
  28. Hasse 2016, 249-292 ('Astrology. Ptolemy against the Arabs').
  29. Ankündigung 1535 in Jena, wohin die Leucorea wegen der Pest evakuiert wurde: Lektüre des 1. Buches, s. Domtera-Schleichardt 2021, 628; 1536 Lektüre des 2. Buches, s. ebd. 629.
  30. MBW – Regesten online, Nr. 1347.
  31. MBW – Regesten online, Nr. 1505, dat. Oktober 1534.
  32. MBW – Regesten online, Nr. 1638 (Maximam tibi gratiam habeo et mea et Reipub. caussa).
  33. S. Domtera-Schleichardt 2021, 276 (SPP 1, 72r); 280 (SPP 1, 99v-100r); 285 (SPP 1, 139v-140r).
  34. MBW – Regesten online, Nr. 4214.
  35. Vgl. SPP 1, 99v (1544). Dort berichtet er, dass er mit seiner Übersetzung am Ende des Kapitels 'De directionibus' (Ptol. Tetr. 3,10) angelangt sei (Verti postremam pagellam Ptolemaei de directionibus, sed tanta brevitas est, ut sine longiori declaratione nihil intelligi possit.) und dass er sich bezüglich des τόπος ἀφηλικός ("Lebensverlängerer") für einen anderen lat. Terminus als Camerarius entschieden habe (prorogator vs. liberator). Den Terminus liberator/liberatio verwendet Camerarius in seiner Übersetzungsprobe aus Buch 4 (Ptol. Tetr. 4,10).
  36. München, BSB, Clm 27002, 1r-77v, dazu: David Juste, 'Erasmus Reinhold, Excerpts and notes from the Quadripartitum' (update: 14.05.2022), Ptolemaeus Arabus et Latinus. Works, Link.
  37. Ein Übersetzungsvergleich der beiden Versionen steht bisher aus; Melanchthons Übertragung scheint auf einen ersten Blick in seiner Prägnanz und Verständlichkeit noch dezidierter auf den Unterricht ausgerichtet zu sein. Doch kann man mit GG 281 nicht eigentlich von einer "recht steifen" Version des Camerarius sprechen. David Juste beurteilt Melanchthons Version als Verbesserung der Camerarischen, vgl. ders., 'Ptolemy, Quadripartitum (tr. Philipp Melanchthon)' (update: 17.02.2022), Ptolemaeus Arabus et Latinus. Works, Link.
  38. MBW – Regesten online, Nr. 6787.
  39. Zu Melanchthons Druckausgabe s. den Eintrag in 'Ptolemaios Arabus et Latinus'.
  40. Im WS 1553/54, s. Domtera-Schleichardt 2021, 329 (SPP 2, 33r-34v mit astrologischem Ausblick auf das Jahr 1554 und einem Aufruf zu Besserung und Gebet angesichts der diri positus stellarum) und im WS 1554/55, s. ebd., 335 (SPP 2, 77v-78r).
  41. Im WS 1565/66, s. ebd. 454 (SPP 6, Xx7r-Xx8r); Singer 2012, 84.
  42. Domtera-Schleichardt 2021, 269 (SPP 1, C8v-D1v), vgl. dazu Singer 2012, 84.
  43. SPP 1, D1r.
  44. MBW – Regesten online, Nr. 1509, dat. November 1534. In der Dedikation umreißt Melanchthon den Nutzen der Gestirnsbeobachtung und -auslegung, die Orientierung und Hilfe bei der Zukunftsbewältigung geben und Gottes Spuren in der Schöpfung erkennen lassen, jedoch in der gegenwärtigen Zeit vernachlässigt werden.
  45. Leipzig, UB, Rep. IV 87, dazu Kroker 1900, der ebd., 14 Camerarius als Vermittler von Daten Nürnberger, Bamberger und Leipziger Personen vermutet. Vgl. auch Taegert 2021, 47 Anm. 2. David Juste identifiziert die Handschrift München, BSB, Clm 27003 als die Originalsammlung Reinholds (Link unter 'Notes').
  46. SPP 1, 237v.
  47. Domtera-Schleichardt 2021, 299 (SPP 1, 237r-238r). Peucer verweist in der Ankündigung auf die συμπάθεια von Makro- und Mikroskosmos als Beweis für die göttliche Ordnung der Welt und sagt einen strengen Winter voraus aufgrund einer Konjunktion von Sonne und Saturn im Steinbock. Prognosen sind für ihn legitim, solange es physicae causae gibt und die Allmacht Gottes als Schöpfer und Lenker der Welt anerkannt bleibt.
  48. MBW – Regesten online, Nr. 3978 (dat. vor 02.08.1545) u.a. mit dem Verweis, dass der menschliche Wille die astralen Einflüsse zügeln und dass nach dem Sündenfall noch eine Spur des göttlichen Lichts im Geist der Menschen übrig sei, das sie gottgelenkt zur Erkenntnis führen könne (β4r).
  49. Domtera-Schleichardt 2021, 422 (SPP 5, g3r-g4r). Der Titel der Ankündigung lautet: In praelectionem compendii astrologici, de nativitatibus (ebd., g3r).
  50. Domtera-Schleichardt 2021, 418 (SPP 5, X8v-Y1v), dazu auch Singer 2012, 86f. Die "Tabulae" waren zuletzt 1559 in Tübingen neu erschienen.
  51. Dazu Domtera-Schleichardt 2021, 173-179 und 616f. (Liste aller in den "Scripta publice proposita" dokumentierten Texte zum Thema mit Hinweis auf ihre Form).
  52. Zu erhaltenen Einblattdrucken mit Eklipsendichtungen und zu den von Melanchthon verschickten Exemplaren diverser Autoren an diverse Adressaten (darunter auch Camerarius) vgl. Domtera-Schleichardt 2021, 175, 177 (Abb. eines Blattes mit Johann Majors Bekanntmachung zur Sonnenfinsternis am 20.06.1563) und 56f.
  53. Illius igitur ingenium magnum, atque ad omnia comparatum intellegemus ex iis poematiis, quibus solis lunaeque defectiones cecinit. Nam et tempora varie describit eadem versibus luculentis :& eodem nitore praesagia statuit (Scaliger, Poetices libri septem, 1561, VI, 344); dazu auch Bauer 1998, 137.
  54. Bauer 1998 passim, die Übersetzungen im Anhang, 171-181.
  55. SPP 1, 78v = CR V, 292, Nr. 2851; Domtera-Schleichardt 2021, 277; vgl. zu diesem Prodigienzugang auch Bauer 1998, 167-169 und insb. Melanchthons Gedicht über die Mondfinsternis am 28.10.1547 (CR X, Nr. 228) mit Übersetzung in Bauer 1998, 175f.
  56. Zu dessen Eklipsendichtungen (Sonnenfinsternisse am 12.11.1547 und 20.06.1563, Mondfinsternis am 22.04.1548) vgl. Domtera-Schleichardt 2021, 53-55 und 177f. mit Abbildungen.
  57. Bauer 1998, 140; zu seinen Dichtungen ebd., 140-142 und 153.
  58. Eine Liste in Domtera-Schleichardt 2021, 174f. und Bauer 1998, 143 Anm. 26. Jedoch verweist Bauer 1998, 143 darauf, dass die mit diversen Autornamen gekennzeichneten astronomisch-astrologischen Dichtungen der "Scripta publice proposita" aufgrund inhaltlich-stilistischer Ähnlichkeiten zum Teil auch von Melanchthon verfasst sein können.
  59. Vgl. MBW – Regesten online, Nr. 1811a an Stigel über den Aushang von Rubigáls Gedicht und Stigels noch in Arbeit befindlicher Dichtung – die dann Aufnahme in die u.g. Sammlung von Eklipsendichtungen (1540) findet.
  60. SPP 2, 116r-117r, vgl. MBW – Regesten online, Nr. 7533 (dat. 13.07.1555).
  61. SPP 3, 149r-150r (Petrus Codicillus; Prodigienliste und Ankündigung der Eklipse), 150r-151r (Johann Richard; Ankündigung der Eklipse mit Nachruf auf Jakob Micyllus; eingeleitet mit Ps.-Moschos, Epitaph auf Bion, v. 6) und 151r-152r (Zacharias Praetorius; Dichtung auf das eben zurückliegende Ereignis mit Widmung an seinen – ebenfalls dichtenden – Kommilitonen Johannes Schosser); vgl. zu den Personen auch Domtera-Schleichardt 2021, 47f.
  62. Domtera-Schleichardt 2021, 51-55.
  63. Vgl. Bauer 1998, 144.
  64. Vgl. den Widmungsbrief an Nikolaus Buchner, dat. 19.04.1539.
  65. Ebd.
  66. Ein Verzeichnis dieser Dichtungen findet sich in der Streckenbeschreibung des Druckes. Sie stammen von Melanchthon (4), Johann Stigel (1), Georg Aemilius (4) und Melchior Acontius (2). Dazu kommt ein Gedicht des Acontius "In Meteora Plinii".
  67. MBW – Regesten online, Nr. 1840 mit kurzer Auslegung des Horoskopes und Ankündigung, das Horoskop selbst zu schicken, sobald es ganz ausgearbeitet ist (Thema tibi mittam, cum erit integre καὶ τεχνικῶς descriptum), und Nr. 1884 mit Beilage des Horoskops (Mitto tibi Genesin tuae filiae […]); am 01. September 1540 gibt Melanchthon eine knappe Horoskopauslegung für Dietrichs neu geborene Tochter Magdalena, vgl. Nr. 2485. Für die im Januar 1532 geborene Tochter Georg Spalatins kündigt er ein von ihm in Auftrag gegebenes Horoskop an und berichtet kurz von den Konstellationen in dem von ihm auf Basis der Ephemeriden verfertigten Thema (MBW – Regesten online, Nr. 1215, dat. 29.01.1532: Ego curavi, filiae tuae erigi figuram genesis, quae cum fuerit absoluta, tibi mittetur. Ipse, quantum obiter fieri potuit, inspexi τὰς ἐφημερίδας, et delineavi figuram. Iupiter videtur ascendere in Scorpio; nihil autem Iove ascendente melius est. Sed totam figuram brevi habebis). Weitere Beispiele bei Müller-Jahncke 1998, 131, Anm. 38f.
  68. MBW – Regesten online, Nr. 1991 (dat. 05.02.1538).
  69. MBW – Regesten online, Nr. 3723 mit Dank an Eber für das Horoskop (dat. Ende Oktober 1544 [?]).
  70. MBW – Regesten online, Nr. 6835 (dat. 20.05.1553) mit Bitte an Crato um das Horoskop Schlahers; Nr. 6847 (dat. 01.06.1553) mit Zusage Cratos.
  71. MBW – Regesten online, Nr. 6847 (dat. 01.06.1553); Nr. 7260 (dat. 15.08.1554); Nr. 7472 (dat. 21.04.1555).
  72. MBW – Regesten online, Nr. 1113 (dat. 01.01.1531).
  73. MBW – Regesten online, Nr. 3384a (dat. 04.12.1543), vgl. u.a. auch die harsche Kritik in Nr. 3459 (dat. 20.02.1544).
  74. MBW – Regesten online, Nr. 2216 (dat. 01.06.1539).
  75. MBW – Regesten online, Nr. 2253 (dat. 03.08.1539); da Melanchthon die von ihm erbetene Antwort nicht erhält, fragt er nach einem Monat bei Veit Dietrich an, ob Baumgartner die Sendung erhalten habe (Nr. 2268, dat. 02.09.1539).
  76. MBW – Regesten online, Nr. 2282 (dat. 24.09.1539).
  77. MBW – Regesten online, Nr. 4259 (dat. 14.05.1546) und Nr. 5869 (dat. 08.08.1550) mit Trost und Ratschlägen zur Berufswahl.
  78. MBW – Regesten online, Nr. 5255 (dat. 13.08.1548).
  79. MBW – Regesten online, Nr. 1452 (dat. 27.06.1534).
  80. MBW – Regesten online, Nr. 1451 (dat. 27.06.1534).
  81. MBW – Regesten online, Nr. 1112 (an Erasmus Ebner, dat. 01.01.1531 mit Bitte um Horoskope von König Ferdinand und Philipp von Spanien); Nr. 1114 (an Georg Spalatin, dat. 01.01.1531, das Horoskop Philipps von Hessen betreffend; diesbezüglich kontaktiert er Johannes Capistor in Köln); Nr. 1120 (an Joachim Camerarius, dat. 05.02.1531 mit Bezug auf Nr. 1112 und das von Ebner verlangte Horoskop Ferdinands) oder Nr. 1158 (dat. 14.06.1531 an Friedrich Myconius, mit Bezug auf das erhaltene Horoskop Philipps von Hessen, aufgrund dessen Melanchthon ein besseres Urteil über ihn gewonnen habe; dazu auch Nr. 1261, s.u.).
  82. MBW – Regesten online, Nr. 1953.
  83. Z.B. MBW – Regesten online, Nr. 1112 (s.o., mit Sendung einer Reihe von Horoskopen an Ebner, die Johannes Carion erstellt hat, darunter die Horoskope Albrechts von Brandenburg und Luthers); Nr. 1582 (dat. Ende Juni/Anfang Juli 1535 an Wilhelm Knüttel ohne Spezifizierung).
  84. Z.B. MBW – Regesten online, Nr. 1261 (dat. 29.06.1532, Horoskope von Karl V. und König Ferdinand); Nr. 1883 (dat. 12.04.1537, Austausch von Horoskopen); Nr. 2051 (dat. 30.06.1538, Zusendung von Horoskopen u.a. von Christian III. von Dänemark); Nr. 4989 (dat. 12.12.1547, Zusendung von Horoskopen); Nr. 5625 (dat. 11.09.1549, Horoskop Herzog Erichs II. von Braunschweig-Calenberg-Göttingen); Nr. 5930 (dat. 27.10.1550, Horoskop des Grafen Christoph von Oldenburg); Nr. 6395 (dat. 29.03.1552, Horoskope von Heinrich II. (Frankreich) und seinem Sohn Franz II.
  85. MBW – Regesten online, Nr. 6891.
  86. MBW – Regesten online, Nr. 6946.
  87. MBW – Regesten online, Nr. 6973.
  88. MBW – Regesten online, Nr. 7010.
  89. Müller-Jahncke 1998, 129 mit lat. Text = MBW – Regesten online, Nr. 8288 (an Johannes Mathesius, dat. 30.07.1557).
  90. WA TR 4, 684, Nr. 5147.
  91. WA TR 3, 373, Nr. 3520; vgl. auch MBW – Regesten online, Nr. 2546 (dat. 14.11.1540 an Paul Eber; Beunruhigung aufgrund der vorausgegangenen Mondfinsternis am 16.09.) oder Nr. 7710 (dat. 05.02.1556 an Christoph Stathmion; negative persönliche Vorbedeutung der Saturn-Mars-Konjunktion).
  92. MBW – Regesten online, Nr. 1167: (…) hoc mihi displicet, quod falcigero Venus est non bene iuncta seni, et Mars horribiliter aspicit domum octavum ex tetragono. Das Horoskop schickt er am 17.08.1531 an Johannes Carion (Nr. 1177).
  93. Ego laboribus et curis miserrimis conficior, ut recte responderit vester Astrologus, me morti vicinum esse, quam ego quidem mihi saepius quam vitam opto.
  94. Vgl. dazu Gindhart 2017, 200f. Anm. 8 und ausführlich Huth masch., 27-47 und 167-178.
  95. Dazu Ludwig 2002a, 127-129.
  96. Dazu Huth masch., 34f.
  97. Zu den Inhalten siehe die kurzen Zusammenfassungen bei der Druckbeschreibung.
  98. MBW – Regesten online, Nr. 1210 (Melanchthon an Camerarius, dat. 13.01.1532).
  99. Mit Perlach tritt Camerarius über die Dedikation zum ersten Mal in Kontakt und verweist darin auch auf die Freundschaft mit Johannes Schöner. Perlach war (später) Hofastrologe von Erzherzog Ferdinand.
  100. Zur Widmung an Milich Huth masch., 36-40, 167-169 (Ed.) und 170-173 (Üs.); zur Widmung an Perlach ebd., 40-44, 174f. (Ed.), 176-178 (Üs.); zusammenfassend 44-46.
  101. Erlangen, UB, Ms. 1227, Teil 5: 147r-159r und 177v-192r, darin 180r ein autographer Eintrag von Camerarius und 179r Setzerspuren; zur Auswahl Huth masch., 30-32.
  102. Eine Beschreibung der Handschrift mit wertvollen Hinweisen auch zu den in den "Astrologica" enthaltenen Texten bei Thurn 1980, 24-28.
  103. Die Erläuterungen beziehen sich auf bestimmte Stellen der Übersetzung, die eine interpretatio erforderten; diese sollten nicht nur den studiosi huius disciplinae (scil. der Astrologie), sondern allen, die generell an der griechischen Sprache interessiert sind, nützen (40v). Summerus 1646 verweist in seiner Auflistung der unvollendeten Werke des Camerarius allgemein auf "Commentarii in Ptolemaeum" (OC 0976). Auf welches Werk sich diese beziehen und in welchem Verhältnis sie zu den "Annotatiunculae" zur "Tetrabiblos"-Übersetzung stehen, ist unklar.
  104. Camerarius hatte beide Texte von Johannes Schöner (aus dem Regiomontan-Nachlass) zur Publikation erhalten. Wie er in der Widmung an Johann Wilhelm von Laubenberg schreibt, sei eines der Werke etwas nachlässig verfasst, was den Leser an einigen Stellen stören könnte, der Rest kompensiere das aber durch seine Güte (a3r). Von Laubenberg, der sich intensiv mit der Astrologie befasse (quem cum magna assiduitate & industria singulari in hac disciplina versari sciremus, a3v), sei jedenfalls der ideale Adressat für das Konvolut.
  105. Nürnberg, SB, Cent. V app. 8 Fasz. 1, vgl. Neske, Ingeborg: Die Handschriften der Stadtbibliothek Nürnberg, Bd. 4: Die lateinischen mittelalterlichen Handschriften. Varia: 13.–15. und 16.–18. Jh., Wiesbaden 1997, S. 214f. (Link). Die Handschrift datiert auf das 3. Viertel des 15. Jh. (Schreiber: Kosmas Hieromonachos Trapezuntios).
  106. Vgl. die Widmung des lateinischen Teils an Johann Wilhelm von Laubenberg, a2r: cum dedissem excudendum typis aeneis Graecum codicem Ptolemai.
  107. OC 1034, 37v.
  108. Ebd., 37v-40r.
  109. Im Druck wird in margine markiert, welche Stellen Camerarius übersetzt hat. Petreius sieht im übrigen kein Problem darin, Plato Tiburtinus' Übersetzung aus dem Arabischen weiter zu benutzen, bis eine translatio elegantior vorliegt: Porro, vetus translatio, qualis qualis est, rem ipsam de qua agitur, cum doceat, non est cur eam abiiciamus, nulla dum elegantiore extante (aa1r).
  110. Zu weiteren Details s. das Regest zu OCEp 1465.
  111. Camerarius, der im Sommer 1535 von Nürnberg nach Tübingen wechselt, spricht von non solum plurima sed maxima inopinata quaedam etiam difficilia negotia (37r). Auch könnten hier gesundheitliche Probleme mit hineinspielen, vgl. OCEp 1006 (an Daniel Stiebar, dat. 05.03.1535: Verschlimmerung des alten Fußleidens); OCEp 1454 (an Simon Grynäus, dat. 05.06.1535: weitere Verschlimmerung mit Bettlägerigkeit); OCEp 0583 (an Bartholomäus Amantius, dat. Juni/Juli 1535: starke gesundheitliche Beeinträchtigungen in der zurückliegenden Zeit).
  112. Vgl. hierzu PAL Work A.2.10 mit Link zum Druck und Volltext. Luca Gaurico nutzte Camerarius' Teilübersetzung (neben den ma. Übertragungen aus dem Arabischen) für seinen Kommentar über die Wirkung von Eklipsen (1539, vgl. PAL Work C.2.21 mit Link zum Druck), desgleichen der Karmeliter Giuliani Ristori für seine "Tetrabiblos"-Vorlesungen an der Universität Pisa 1547/48 (113 lectiones, vgl. PAL Work C.2.23 mit Links zu den hs. Quellen). Camerarius' Übersetzung der Bücher 1 und 2 fand Eingang in die lat. Ausgabe der ptolemäischen "Opera omnia", die 1541 bei Heinrich Petri in Basel erschien (erw. und überarb. Auflage 1551).
  113. Zu Erasmus' Kritik an Camerarius vgl. die entsprechende Korrespondenzseite mit Nachweisen und Literatur.
  114. Domtera-Schleichardt 2021, 51.
  115. Das Gedicht ist jedenfalls prospektiv und datiert – zumindest laut Druck – bereits auf den 19. März 1539 (XIIII. Calend. Aprilis).
  116. Camerarius klagt des öfteren über die Unzuverlässigkeit der Ephemeriden; Erasmus Reinholds "Prutenische Tafeln" erscheinen erst 1551.
  117. Vgl. zu Daten und Thema dieser Eklipse Astro-Seek > Eclipse chart.
  118. Vgl. dazu Wenskus 2016.
  119. Vgl. zu Daten und Thema Astro-Seek > Eclipse chart. Zum Vergleich: Camerarius gibt die Position der Sonne zu Beginn der Verdunkelung in 27° Widder an, die Eclipse chart in 26°50‘.
  120. OCEp 0998.
  121. OCEp 0636.
  122. Gotha, FB, Chart. B 212, Bl. 280v-282r, Inc. Rursum laborantis renidens Cinthiae; Hinweis von Ulrich Schlegelmilch. Camerarius firmiert in der subscriptio als Verfasser. Zu den Dichtungen auf Mondfinsternisse im Umfeld Melanchthons siehe ↑ Ephemere Dichtungen zu astronomisch-astrologischen Themen.
  123. OCEp 1449, Finsternis vom 20.02.1570.
  124. Das Gedicht wird in der korrigierten und erweiterten Neuauflage der Sammlung, den "Opuscula aliquot elegantissima" (1536), erneut abgedruckt.
  125. MBW – Regesten online, Nr. 1178 (dat. 19.08.1531); MBW – Regesten online, Nr. 1184 (dat. 09.09.1531) mit der These, dass der motus proprius der Kometen von Planeten abhänge (Et planetas Cometae sequuntur, ut scis); vgl. dazu auch MBW – Regesten online, Nr. 1190 (an Camerarius, dat. 30.09.1531).
  126. OCEp 0994.
  127. Peter Apian, Practica auff dz 1532 Jahr, Landshut 1531, R3r.
  128. Zur "Coniectur" vgl. Kokott 1994, 77-83 und 131-133; Meinel 2009, 17-20 (Autorin: Julia Böttcher); Gindhart 2017, 203f.; Gindhart 2020, 294-297, dort auch zu den verschiedenen Ausgaben. 1531 gibt Schöner auch Johannes Regiomontans Schrift zur Höhen- und Größenbestimmungen von Kometen heraus. Eine kommentierte englische Übersetzung der 16 problemata findet sich in: Jane L. Jervis: Cometary Theory in Fifteenth-Century Europe. Dordrecht u.a. 1985, 95-112 (Faksimile im Anhang C, 170-193), eine deutsche Übersetzung in Schönberger 2019, 87-114.
  129. "Des Cometen vnd ander erscheinung in den luefften (…) bedütung", Nürnberg 1531.
  130. Zu Apians "Practica" für 1532 vgl. Gindhart 2020, 298-303. Zu den anlässlich des Kometen von 1531 erschienenen Schriften vgl. das Verzeichnis bei Brüning 2000, 18-23 sowie Jerratsch 2020, 122-142.
  131. Das Gedicht findet sich in Sabinus' "Poemata" (1581, 85-87), dazu Bauer 1998, 140.
  132. MBW – Regesten online, Nr. 1207 (an Camerarius, dat. 31.12.1531) mit Verweis auf die mögliche Änderung hinsichtlich einer Ptolemaios-Stelle (s.u.) und kritischer Reflexion über Camerarius' lange Ausführung zum Schicksal: miror te potuisse sine stomacho commorari tantisper in illa inextricabili quaestione τῆς εἱμαρμένης. Sed varietas illa exemplorum et sententiarum detinet lectorem, ideo non reprehendo. Neque sane hoc mihi sumo, ut me sperem meliora tuis efficere posse.
  133. MBW – Regesten online, Nr. 1224 (dat. 12.03.1532).
  134. Ebd.: Nolebam te videri te aut reprehendere Ptolemaeum, aut non assequi […]. Multum igitur de ea re cum nostris disputavi, scripsi aliquoties, quid dici posset, ac timidissime mutavi: quid posuerim videbis. Bereits im Brief vom 31.12.1531 (s.o.) hatte er auf eine Ptolemaios-Stelle und eine Änderung nach Rücksprache mit Fachleuten verwiesen (Sed nihil mutabo, nisi adhibitis huius generis artificibus).
  135. Vgl. MBW – Regesten online, Nr. 2040 (Melanchthon an Camerarius, dat. 02.05.1532 oder kurz davor).
  136. Ebd.: Caeterum apud Gauricum summam inii gratiam, quem habes operis tui candidissimum laudatorem, ac contendit a me, ut suis verbis te salutarem.
  137. So hatte Melanchthon in einem Brief, den er Georg Frölich mitgegeben hat (MBW – Regesten online, Nr. 1239, dat. 02.05.1532 oder kurz davor), Gaurico an Hieronymus Baumgartner empfohlen, u.a. als führenden astronomus (Vir est humanissimus, et in sua arte facile princeps). Auch Gaurico hatte ein Empfehlungsschreiben dabei. Diesem hatte Melanchthon zudem einen Brief an Camerarius mitgegeben, ebenfalls mit Empfehlung (MBW – Regesten online, Nr. 1240, dat. 02.05.1532 oder kurz davor). Darin werden auch zwei junge, astronomiekundige Männer in Gauricos Begleitung genannt: […] habet secum duos iuvenes, alterum Italum, alterum Germanum, doctissimos in Astronomia. Zeitgleich gab er dem ebenfalls nach Nürnberg reisenden Ulrich Schilling einen Brief an Camerarius mit, mit einer Empfehlung Schillings und Gauricos (MBW – Regesten online, Nr. 1241, dat. 02.05.1532). Dazu schreibt er: Dedi literas ad te et Gaurico Astronomo, quem velim te honorifice excipere et commendare principibus civibus, ut homo Italus videat, esse in Germania suorum studiorum admiratores.
  138. MBW – Regesten online, Nr. 1253 (dat. 05.06.1532).
  139. MBW – Regesten online, Nr. 1261 (dat. 29.06.1532); Camerarius' Andeutungen über Gaurico konnte Melanchthon wegen des Verlustes eines Briefes nicht verstehen; Melanchthons Einschätzung: Iure autem in eo humanitas desiderari potest, si omnia nostrorum hominum vel studia vel officia contemnit. Trotzdem empfiehlt er Gaurico später etwa Hieronymus Schneider, der in Italien Astronomie und Astrologie studieren und sich auch mit Gaurico austauschen möchte (MBW – Regesten online, Nr. 3330, dat. 01.10.1543). Zu Camerarius' kritischer Sicht auf Gaurico ↓ Zeitgenössische Würdigungen als Astrologe
  140. Gindhart 2017, 208f.
  141. MBW – Regesten online, Nr. 1240 (an Camerarius, dat. 02.05.1532 oder kurz davor) mit aufbauenden Worten Melanchthons.
  142. OC 0641, 3f. mit weiterer Kritik und Versuch einer Rechtfertigung.
  143. OCEp 1236.
  144. Zu den anlässlich der beiden Kometen erschienenen Schriften vgl. das Verzeichnis bei Brüning 2000, 36-42 sowie Jerratsch 2020, 143-170.
  145. Vorausgegangene Gespräch mit Karlowitz über die Natur und die Klassifikation von Kometen erwähnt Camerarius in "De cometis" (1f.).
  146. OCEp 0907.
  147. OCEp 0690 (dat. 30.03.1556); in einem späteren Brief an Baumgartner (OCEp 0686, dat. 05.06.1556) erwähnt er, dass der Komet lange in den Ketten des Sternbildes Andromeda hing.
  148. Der handschriftliche Brief ist erhalten in der Sammlung Trew (Erlangen, UB, H62/TREWBR FABRICIUS_PAUL(2) und wurde von Ulrich Schlegelmilch in der Ärztebriefdatenbank mit einem ausführlichen Regest versehen.
  149. Erlangen, UB, H62/TREWBR FABRICIUS_PAUL(3 mit Regest von Ulrich Schlegelmilch in der Ärztebriefdatenbank. In Zusammenhang mit den Daten verweist er auf die problemata 9 und 10 von Regiomontans Kometenschrift, die Johannes Schöner 1531 publiziert hatte (vgl. Schönberger 2019, 103-107: Orts- und Abstandsbestimmung).
  150. Wien: Johann Singriener (ohne Datum; die Beobachtungen vom 14. und 16.03.1556 wurden nachgesetzt). Das Flugblatt ist im VD16 nicht verzeichnet. Ein Exemplar befindet sich in der Harvard University, Houghton Library, earbm_gc5_f1149_556c (Digitalisat). Es scheint dorthin aus Augsburger Privatbesitz gekommen zu sein. Jedenfalls zeigt die Teilwiedergabe des Textes bei Littrow 1856, 5-7 dieselben mechanischen Verluste wie das Exemplar in Harvard.
  151. Wien: Johann Singriener, dat. 15.03.1556. Das Flugblatt ist im VD16 nicht verzeichnet. Ein Exemplar befindet sich in Wien, ÖNB, F 000015-B ; FLUG (Digitalisat).
  152. "Der Comet im Mertzen des Lvj. Jhars zu Wien in Osterreych erschinen" (Nürnberg: Georg Merkel. VD16 F 457, mehrere Exemplare (bisher ohne Digitalisat), u.a. Würzburg, UB, H.p.q. 429).
  153. Littrow 1856 kennt alle drei Drucke, Jerratsch 2020 berücksichtigt das deutschsprachige Flugblatt nicht. Littrow zitiert auch ausführlich aus der "Practica" von Joachim Heller auf das Jahr 1557 (VD16 H 1693), die einen detaillierten Observationsbericht (27.02.-22.04.1556) und eine ausführliche Auslegung enthält. Wie Fabricius verweist auch Heller auf seine Vorhersage des Kometen und begründet diese.
  154. Erlangen, UB, H62/TREWBR FABRICIUS_PAUL(4, mit Grunddaten erfasst in der Ärztebriefdatenbank.
  155. OCEp 0858.
  156. Laut einem Brief an Joachim Camerarius d.J. (dat. 13.03.1556) hatte Peucer einen Brief an dessen Vater über die Bewegung des Kometen geschrieben; vgl. dazu das Regest von Svenja Wenning in der Ärztebriefdatenbank.
  157. Erlangen, UB, H62/TREWBR BECH_PHILIPP(3 (dat. 15.03.1556) mit Regest von Sabine Schlegelmilch in der Ärztebriefdatenbank
  158. Die Information stammt aus einem Brief an Caspar Peucer (dat. 05.04.1556), in dem Lotichius u.a. erwähnt, dass er schon vor Monatsbeginn an Camerarius über den Kometen geschrieben und dass er am Vortag Luca Gaurico besucht habe, der sich sehr lobend über Melanchthon geäußert habe; vgl. dazu das Regest von Ulrich Schlegelmilch in der Ärztebriefdatenbank.
  159. Vgl. seinen Brief an Johannes Crato vom 23.03.1556 und das Regest in der Ärztebriefdatenbank.
  160. Universität Wittenberg, Scripta publice proposita, 1556, 201v-203r; Bauer 1998, 150f., dt. Üs. ebd., 177-179. In der von Petrus Vincentius besorgten "Epigrammata"-Ausgabe (1563, S6r-S7r) firmiert die Elegie unter den Dichtungen Melanchthons.
  161. Vgl. dazu das Regest von Sabine Schlegelmilch in der Ärztebriefdatenbank.
  162. Erlangen, UB, H62/TREWBR FABRICIUS_PAUL(7 mit Verzeichnung in der Ärztebriefdatenbank. Die "Descriptio" ist in Form eines Briefes an Fabricius' ehemalige Lehrer Wolfgang Meurer und Matthaeus Heusler verfasst und wurde in einem Sammeldruck von 1558 publiziert (unter dem Titel "Descriptio cometae, qui flagravit anno M.D.LVIII. mense Augusto". VD16 F 451. Auf dem Titelblatt befindet sich ein Holzschnitt mit verzeichneten Kometenpositionen bei der Coma Berenicis). Der Brief datiert Wien 01.11.1558; darin erwähnt Fabricius ein Gespräch mit Franz Kram über den damals sichtbaren Kometen; Kram habe ihn animiert, über seine Vorhersage auch dieses Kometen, über dessen Beobachtung und Auslegung an Meurer und Heusler zu schreiben; er füge auch einen Brief des Camerarius bei, um zu zeigen, dass beider iudicia über den Kometen übereinstimmen. Bereits im Brief an Camerarius vom 01.04.1556 (s.o.) hatte Fabricius diesen gebeten, das "Iudicium" über den Kometen von 1556 oder ein exemplar stirpium, das er zu Übungszwecken verfasst hatte, an Meurer und Heusler weiterzugeben.
  163. Vgl. dazu Ludwig 2003, 127-129.
  164. Camerarius macht diese Konstellation (Jupiter im 9. Haus in den Fischen, seinem Nachthaus), welche die Konjunktion von Venus und Saturn im 11. Haus kompensiere, in anderem Zusammenhang (Besichtigung des Fuggerhauses in Donauwörth) für sein Streben nach Ordnung verantwortlich (vgl. OCEp 0203 an Hieronymus Wolf, dat. vor dem 10.03.1553).
  165. Erlangen, UB, H62/TREWBR STOIUS_MATTHIAS(7. Stojus zitiert Gauricos iudicium über Luther, dann dessen Kurzauslegungen über Melanchthon, Camerarius und Sabinus (auch dieser ist für Gaurico – wie Camerarius – über die haeresis Lutheriana erhaben und wird für die Verehrung der catholica fides gelobt, vgl. "Tractatus Astrologicus" (1552), T7r).
  166. OCEp 1213: Camerarius schreibt, er habe sich zuerst amüsiert und sich dann geärgert, insbesondere wegen Gauricos (den er als mirificus vates, insanus und senex delirus betitelt) grober Undankbarkeit gegenüber denjenigen, die er verunglimpfe. Dass "Jupiters Strahl" (wohl die Zensur) dem nun ein Ende gesetzt habe, sei eine Wohltat. Er selbst sei nur deswegen besser weggekommen, da er Gaurico vor längerem einmal gastlich aufgenommen hatte. Angespielt sein dürfte hier auf Gauricos Aufenthalt in Nürnberg im Mai 1532 (↑ Komet 1531 (1P/Halley) und die "Norica").
  167. Erlangen, UB, H62/TREWBR WOLF_HIERONYMUS(10, ediert in Zäh 2013, Nr. 485
  168. Ein hs. Konzept dieser Biographie ist enthalten in München, BSB, Clm 10376, Nr. 8, 1r-17v. Die Stelle, die Wolf erweitert haben wollte, lautet dort (Hinweis von Alexander Hubert): Nonnihil etiam docta fuit praesertim in Astronomicis (ebd., 2v).
  169. OCEp 0115.
  170. OCEp 0113 mit Regest und Erläuterungen.
  171. OCEp 0116.
  172. Voigt 1841, 111f. Zu den Zuwendungen des Herzogs und zu seinen Anliegen gegenüber Camerarius (etwa bei der Einrichtung des Partikulars und der Universität in Königsberg, deren Reform und personaler Ausstattung) sowie zu Camerarius' diesbezüglichen Aktivitäten und zu dessen Positionierungen (im Osiandrischen Streit; in den Querelen nach Melanchthons Tod) vgl. ebd., 112-138.
  173. Vgl. das ebenfalls an Albrecht gerichtete Proöm zur Ausgabe des griechischen Lexikon des Phavorinus (A4r).
  174. Erlangen, UB, H62/TREWBR PRUENSTERER_JOHANNES(2, vgl. den Eintrag in der Ärztebriefdatenbank von Ulrich Schlegelmilch mit ausführlichem Regest.
  175. München, BSB, Clm 10376, 131r-136v.
  176. OCEp 2545, ediert in Zäh 2013, Nr. 107.
  177. Wolf schreibt etwas süffisant über Rosenberger: φιλοχρήματος γάρ ἐστι καὶ φιλογυνής.
  178. Leowitz' Horoskop für Rosenberger, seine ausführliche Auslegung und das Verzeichnis der Direktionen, Eklipsen, Progressionen und Transite ist erhalten in: Heidelberg, UB, Cod. Pal. germ. 656, dat. 1554/55, 198 (!) Blatt.
  179. OCEp 0816, ediert in Zäh 2013, Nr. 119.
  180. Wolf scheint hier den Wechsel vom tropischen zum siderischen Tierkreis nicht verifizieren zu können und spricht davon, dass sich Camerarius bei den Planetenpositionen in Relation zu den Tierkreiszeichen getäuscht habe. Erst in zwei späteren Briefen (Zäh 2013, Nr. 310 an Johannes Crato, dat. 24.09.1567 und Zäh 2013, Nr. 436 an Tycho Brahe, dat. 07.03.1575 (bezüglich des von Camerarius für ihn erstellten Horoskops) erwähnt er die Verschiebung von 27° als von Camerarius bewusst vorgenommene Rückrechnung.
  181. Pal. lat. 1423, p. 202
  182. MBW – Regesten online, Nr. 1190.
  183. MBW – Regesten online, Nr. 1193.
  184. MBW – Regesten online, Nr. 1953. Zu den Albrecht von Preußen zugeeigneten Jahresrevolutionen (1535-1537) s. ↑ Horoskope und Horoskopauslegungen.
  185. OCEp 0496; Woitkowitz 2003, 192-204, Nr. 18.
  186. OCEp 0511; Woitkowitz 2003, 238-241, Nr. 23.
  187. OCEp 0581; Woitkowitz 2003, 242-244, Nr. 24: Recordatus autem quasi pensionis, quam tibi deberem, nuper conversionis themata consideravi, deque iis meae coniecturae opellam persolvi tibi studui, quam explicatam descriptamque tibi mitto, breviter quidem et strictim consuetudine mea.
  188. OCEp 0896; Woitkowitz 2003, 260f., Nr. 28.
  189. Vgl. OCEp 0507 von Anfang April 1553; Woitkowitz 2003, 262-265, Nr. 29.
  190. OCEp 0915; Woitkowitz 2003, 287-289, Nr. 35.
  191. Vgl. OCEp 0510.